Erschwerte Bedingungen

3.3.2012, 00:00 Uhr
Erschwerte Bedingungen

© privat/Randomhouse-Pantheon

Plötzlich ist sie wieder da: Die Fabel von den Katzen, die den Mäusen nach dem Leben trachten. Nur, dass es sich die Katzen diesmal im Erlanger Markgrafentheater bequem gemacht haben. In Berichten über den US-Künstler Art Spiegelman, der in diesem Jahr den Vorsitz des bedeutenden Internationalen Comic-Festivals in Angoulême inne hatte, tauchte regelmäßig sein Selbstporträt „Playing Cat and Mouse in Germany“ aus dem Jahr 1990 auf.

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© Black.Light Project

Damals wurde er mit dem Sonderpreis des Erlanger Comic-Salons für seine „Maus“-Bücher ausgezeichnet. „Better a Sonderpreis than a Sonderkommando“, hieß seine Erlanger Dankesrede, in der sich der Schöpfer des Holocaust-Comics, in dem Mäuse in der Rolle als Juden auf Deutsche in Gestalt von Katzen treffen, durchaus provokant mit seiner Wertschätzung in Deutschland auseinandersetzte: „Es ist schon ein seltsamer Vorgang für eine Maus, einen Preis von einer Katzen-Versammlung für eine Geschichte, in der Katzen Mäuse töten, zu erhalten.“ Wenn im Juni der Erlanger Comic-Salon, der nach der Veranstaltung in Angoulême zu den wichtigsten Europas gehört, seine Pforten öffnet, wird Art Spiegelman nicht mit dabei sein.

Einer der Gründe: Die für solche Einladungen obligatorische Groß-Ausstellung, wie sie vor kurzem in Frankreich präsentiert wurde, ist in Erlangen nur noch schwer realisierbar. Zum einen ist der Etat für den Comic-Salon seit vielen Jahren trotz stetig steigender Kosten gleich geblieben, zum anderen fehlen geeignete Ausstellungsflächen. Bestes Beispiel: Nach der Verwandlung der Städtischen Galerie ins Kunstpalais wird dort nicht mehr für die Festivals geplant. Zumindest aber tauchen im Jahresprogramm noch Themen auf, die mit einem Comic-Salon oder einem Poetenfest verknüpfbar sind.

Leere Läden als Alternative

So hat für Festival-Leiter Bodo Birk und sein Team des städtischen Kulturprojektbüros die Suche jenseits der verfügbaren Ausstellungsorte (Ladeshalle, Rathaus, Kunstmuseum etc.) begonnen. „Wir sehen uns vor allem bei Ladenleerständen um. Sonderlich attraktiv ist das zwar selten, doch wir werden das Beste aus der Situation machen.“

Vor kurzem konnte Birk in Angoulême erst wieder sehen, wie eine Stadt, die gerade mal halb so groß wie Erlangen ist, die Kraft eines großen Festivals für ihre Entwicklung ausgenutzt hat. Dort ist ein nationaler Comic-Standort mit Ausbildungs-Zentren und Museen entstanden. Fassaden sind mit Comics verziert. Selbst Straßen wurden nach berühmten Illustratoren benannt und mit Sprechblasen-Schildern versehen. Dennoch: Bei den Ausstellungen wird es trotz erschwerter Salon-Bedingungen wieder die gewohnte Mischung aus Klassikern und modernen Trends geben. Superhelden werden ebenso vertreten sein wie Arbeiten von Künstlern aus dem arabischen Raum.

Ein ungewöhnliches Projekt bringt im Vorfeld des Salons bedeutende Illustratoren mit Reportern zusammen. Ziel: Kriege, die in den vergangenen Jahren Afrika erschütterten, durch die Verbindung von Text und Bild ins Bewusstsein der Menschen des Westens zu bringen. Nach E-Mail- und Skype-Kontakten findet das erste „echte“ Treffen in Erlangen statt. Der Workshop wird dann zum Salon-Start einen öffentlichen Teil haben — der sicherlich die Aufmerksamkeit der Medien auf die Hugenottenstadt lenken wird.