Zwei Schnaittacher sind Bestatter aus Berufung

31.10.2014, 13:45 Uhr
Zwei Schnaittacher sind Bestatter aus Berufung

© Beck

Trotzdem haben sich vor drei Jahren Verena Schmitt und Heiko Marter aus Schnaittach für die Lehre im Be­erdigungsinstitut Pfister entschieden und haben diese Wahl nie bereut.

Inzwischen haben sie ihre Ausbildung mit großem Erfolg abgeschlossen und wurden beide von ihrer Arbeitgeberin übernommen. Beide waren ziemlich schnell vor allem von der Vielseitigkeit des Berufes überrascht, wie sie im Gespräch mit der Pegnitz-Zeitung erzählen. Denn die Aufgaben des Bestatters beschränken sich natürlich lange nicht auf die allgemeine Vorstellung „Leiche abholen - Grab vorbereiten - Beerdigen“.

„Als mich Frau Pfister vor drei Jahren anrief, dass sie jetzt den Ausbildungsschein erworben hat und ich bei ihr anfangen kann, bin ich vor Freude tatsächlich durch mein Zimmer gesprungen. Der Beruf der Bestatterin war mein Traumjob“, erzählt die 19-jährige Verena. Zum ersten Mal war sie mit dem Metier während eines Schulpraktikums in Cornelia Pfisters Bestattungsunternehmen in Kontakt gekommen und seitdem wollte sie diesen Beruf ergreifen. Doch alle Unternehmen wiesen sie ab. Immer mit der Begründung, sie sei ein Mädchen und Bestatter sei dafür ein körperlich zu belastender Beruf.

Cornelia Pfister dagegen lud ihre ehemalige Praktikantin ein, Verena bekam ihre Lehrstelle und erfüllte so ihren großen Wunsch. Der 34-jährige Heiko Marter wurde war 2006 durch eine Annonce auf das Unternehmen von Pfister aufmerksam geworden und nutzte den Berufszweig zunächst zwei Jahre als Nebenjob. Dann bot ihm Cornelia Pfister eine Festanstellung an, die er auch annahm. Zusammen mit Verena trat er schließlich die Ausbildung an.

"Dass du das überhaupt kannst"

Die Reaktionen von Familie und Freunden auf diese Berufswahl waren dabei nie negativ, eher erstaunt, sagen sie. „Mein Vater meinte zu mir: Im Büro haben sie bestimmt einen Platz für dich. Offensichtlich war er auch der Meinung, dass Bestatter ein zu belastender Beruf für mich ist“, so Verena.

Nichtsdestotrotz sei die ganze Familie nun stolz, dass sie die Ausbildung meisterte. Auch Heikos Familie, insbesondere seine Mutter, bewundert ihn für seine Wahl. Die Reaktionen aus dem Umfeld, aus dem Freundeskreis, seien immer ähnlich, erzählt er: „Das erste Statement lautet meistens: "Dass du das überhaupt kannst." Dann folgen Neugier, manchmal auch ironische Sprüche. Die Mehrheit weiß einfach nicht, wie vielseitig dieser Beruf ist.“

All diese Kommentare sind für die beiden längst zur Gewohnheit geworden und sie lachen beim Erzählen dieser alten Geschichten. Den Bekannten, die Interesse daran haben, erzählen sie genauer von ihrem Tagesablauf. Denn dieser besteht eben gerade nicht aus „Grab schaufeln“ und „Sarg herablassen“.

Die Ausbildung zur Bestatterfachkraft in Bayern hat verschiedene Etappen. So besuchten Verena und Heiko die Berufsschule in Bad Kissingen, wo die Azubis Kurse wie Trauerpsychologie, Sozialkunde und Bestattungsrecht belegen. Praxisorientiert ist dagegen die Zeit im Ausbildungszentrum Münnerstadt, wo neben der ersten Erfahrung mit Trauergesprächen auch Büroarbeit unterrichtet wird.

„Ich war sehr überrascht, wie vielseitig dieser Beruf ist und wie viele Dinge man regeln muss, vor allem im Trauergespräch“, beschreibt Verena ihre ersten Eindrücke und Heiko stimmt ihr zu: „Ob Traueranzeige, die Blumen, die Aufgaben, die die Familie selbst übernehmen will, die Wahl der Kleider und die Beileidsbekundungen. Beim Trauergespräch muss sehr viel geklärt werden.“

Starker Selbstschutz

Noch wichtiger als die Besprechung des Ablaufes sei am Anfang die Rolle des Unterstützers. Das Wichtigste sei es, das Vertrauen der Angehörigen zu gewinnen. Beide sind sich einig, dass diese Trauergespräche ihre Personeneinschätzung maßgeblich verbessert hat. „Man beachtet die Mimik, die Körperhaltung. Mit jedem Gespräch lernt man etwas dazu. Das ist auch im Alltag hilfreich“, meint Heiko dazu.

Der Bestatter übernehme auch die Aufgabe eines Psychologen. „Die Verhaltensweisen der Familien sind vollkommen unterschiedlich“, erzählt Verena: „Manche kommen zu uns, wählen Sarg und Blumen aus, strukturieren in fünf Minuten den Ablauf und dann gehen sie wieder, ohne besondere Regungen zu zeigen. Andere wiederum sind noch völlig aufgelöst und benötigen erst mal Trost, bevor man etwas besprechen kann. Wenn wir ihnen eine Unterstützung sein konnten, besuchen sie uns teilweise noch Wochen später und zeigen uns alte Bilder des Verstorbenen.“

Insgesamt sei für so ein Gespräch viel Empathie nötig. Vor allem müssen Interessenten für diesen Beruf aber emotionale Distanz wahren können. Egal ob Gleichaltriger, Säugling oder eine bis zur Unkenntlichkeit entstellte Leiche - all das kommt vor und darf dem Bestatter nicht lange nachgehen. Sogar Sternenkinder - also Totgeburten - werden beerdigt.

„Auf keinen Fall darf man zu viel nachdenken“, betont Heiko: „Man darf sich nicht fragen, wer der Verstorbene war, was er so gemacht hat.“ Und Verena fügt hinzu: „Dass man manchmal ins Nachdenken kommt, lässt sich nicht verhindern, aber mit der Zeit baut man einen stärkeren Selbstschutz auf.“

Angehörige entlasten

Beide wirken dabei sehr entschlossen und über den Dingen stehend. Sie sind sich einig, dass auch das gute Klima im Unternehmen zu dem Aufbau einer solchen Distanz beiträgt: „Wir können mit Frau Pfister über alles reden. Das ist eine große Hilfe“, versichert Verena. Denn auch der Gleichaltrige und das Unfallopfer ohne Beine müssen transportiert und aufgebahrt werden.

Es muss besprochen werden, welche Kleidung der Verstorbene am liebsten getragen hat, und ohne eine Vorsorge des Verstorbenen selbst ist es an den Angehörigen, alles auszusuchen, inklusive Sarg und Art der Beerdigung. Dazu meint Verena: „Ich finde, alle sollten eine Beerdigungsvorsorge treffen. Das ist für die Verwandten eine große Erleichterung. Schon da sollte man sich Gedanken um die Finanzierung machen. Eine Beerdigung ist nämlich nicht billig.“

„Ich habe mir vor diesem Beruf nicht wirklich Gedanken über den Tod gemacht. Heute weiß ich nur sicher, dass jeder gehen muss, so traurig das vor allem für die Hinterbliebenen ist. Ob danach noch was kommt, kann niemand sagen“, so Heiko. Seine junge Kollegin sieht das etwas anders: „Nach dem Tod, denke ich, geht es schon in irgendeiner Form weiter. Wichtig ist es, sich im Klaren zu sein, dass der Tod keine Zeiten einhält. Man sollte das in seinem Leben bedenken.“

Die beiden sehen es als Ehre an, den Angehörigen eine Stütze sein zu können und den letzten Weg der Verstorbenen vorzubereiten. „Danke ist nur ein kurzes Wort“, meint Schmitt, „aber es ist für uns die beste Bestätigung und bedeutet, dass wir den Angehörigen eine Hilfe sein konnten. Ihnen einen Teil ihrer Last abzunehmen, ist unser Ziel.“

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