Milchkrise hält die Lokalpolitik in Neustadt auf Trab

20.5.2016, 19:55 Uhr
Grünen-Landeschefin Sigi Hagl (l.) und der BN-Landesbeauftragte Richard Mergner (r.) bekundeten beim kleinen Spaziergang mit Kuh "Lissy" die Solidarität mit dem BDM, worüber sich Landesvorsitzender Manfred Gilch (2. v. l) freute.

© Harald J. Munzinger Grünen-Landeschefin Sigi Hagl (l.) und der BN-Landesbeauftragte Richard Mergner (r.) bekundeten beim kleinen Spaziergang mit Kuh "Lissy" die Solidarität mit dem BDM, worüber sich Landesvorsitzender Manfred Gilch (2. v. l) freute.

Bundes- und Landespolitik sowie der Bund Naturschutz finden sich am Camp ein – nur Minister Christian Schmidt nicht. Dafür kommentiert er: "Mein Ziel ist es, die bäuerliche Landwirtschaft in der Region Franken und in ganz Deutschland zu erhalten. Wir werden der bäuerlichen Landwirtschaft auch in diesen schwierigen Zeiten weiter helfen. Mit einer Reihe von Maßnahmen, angefangen bei Liquiditätshilfen, über Änderungen am Agrarmarktstrukturgesetz bis hin zur erweiterten Gemeinschaftsaufgabe Agrarstruktur und Küstenschütz, die das Umfeld der bäuerlichen Landwirtschaft stärken wird, haben und werden wir unsere Bauern tatkräftig unterstützen. Die bäuerliche Landwirtschaft ist unverzichtbar für Franken und für Deutschland."

Nach dem SPD-Landtagsabgeordneten Harry Scheuenstuhl am Donnerstagnachmittag, kam in der Nacht zum Freitag der Grünen-Bundestagsabgeordnete Uwe Kekeritz zu einem Gespräch mit der Schicht der Jungzüchter vorbei.

Von mehreren Kamerateams begleitet, fanden sich Freitagmittag die Landeschefin der Grünen, Sigi Hagl, der SPD-Landtagsabgeordnete Horst Arnold sowie der Landesbeauftragte Bayern des Bund Naturschutz, Richard Mergner, mit der BN-Agrarreferentin Marion Ruppaner am Gatter von Kuh "Lissy" ein.

Kuh "Lissy" ist immer mit dabei

Auch Landrat Helmut Weiß schaute in den letzten Tagen noch einmal bei den Landwirten vorbei, mit denen er sich bei der großen Auftaktdemonstration des Dauerprotestes bis zum Milchgipfel Ende Mai solidarisiert hatte (nordbayern.de berichtete ausführlich). BN-Landesbeauftragter Mergner stimmte mit der Forderung des Bundes Deutscher Milchviehhalter (BDM) überein, mit der Mengenreduzierung dazu beizutragen, dass über den Milchpreis wieder ein ausreichendes Einkommen erzielt werden muss.

Dass man davon sehr weit entfernt sei, machte im Gespräch auch mit Hagl und Arnold BDM-Landesvorsitzender Manfred Gilch deutlich. Mergner und auch BN-Kreisvorsitzende Karin Eigenthaler stimmten ihm zu, dass Eile beim Handeln nötig wäre, Bundeslandwirtschaftsminister Christian Schmidt dazu aber bisher nicht für den einfachsten Weg der Mengenregulierung bereit sei.

Jeder wisse doch, wie es geht, ist BDM-Kreisvorsitzender Peter Meyer ratlos, dass man den ländlichen Raum einem "Raubkapitalismus" opfere. Er freut sich über die überwiegend positiven Reaktionen in Neustadt, wo die Demonstranten von Anwohnern freundlich versorgt würden, Passanten reges Interesse zeigten und man bei den Spaziergängen mit Kuh "Lissy" in gute Gespräche mit den Menschen etwa auf dem Marktplatz komme.

Er hätte nie gedacht, dass man mit ihr die aktuelle Problematik so gut thematisieren könne, so Meyer, der zunächst dem Einsatz der "demonstrationserfahrenen Lissy" skeptisch gegenüber gestanden hatte. Die wird am 30. Mai auch in Berlin dabei sein, wenn die Bauern beim Milchgipfel ihre Forderungen bekunden.

Mergner: BDM muss an den Tisch

Wenn sie das nicht am Tisch der Konferenz tun können, wäre das ein Skandal, so der BN-Landesbeauftragte Richard Mergner, der dafür sowohl bei Bundesminister Schmidt wie beim Bauernverband intervenieren will, der laut einem Gerücht bei einer BDM-Teilnahme dem Gipfel fernbleiben will.

"Unsere Milchbauern sichern die für den Natur-, Klima- und Bodenschutz so wichtigen Wiesen und Weiden, denn Kühe können aus Wiesen- und auch aus Kleegras vom Acker wertvolle Milch erzeugen", so der BN-Landeschef. Diese dürfe nicht zu Weltmarktpreisen verramscht werden. Die Dumpingpreise würden durch die von Agrarminister Schmidt immer noch befürworteten Freihandelsabkommen "umso stärker unter Druck gesetzt", mahnte Mergner in Neustadt, nur einige Meter vom Wahlkreisbüro des Ministers entfernt.

Diese Abkommen wären noch einmal ein Turbo-Todesstoß, da die amerikanische und kanadische Landwirtschaft nur auf die Exporte warteten und hier die Preise weiter unter Druck gerieten. Stattdessen müsse die Eigenproduktion gestärkt werden. Nach seiner Meinung könnte die Milchmenge über Straf- und Bonuszahlungen unter öffentlicher Aufsicht erfolgreich reguliert werden.

Direkte Zahlungen an die Landwirte könnten, so Mergner, "nur eine vorübergehende Notmaßnahme sein, die jetzt endlich von einem politischen Konzept zur Reduzierung der Milchmenge über eine bedarfsgerechte Mengensteuerung abgelöst werden muss".

Durchhaltevermögen gewünscht

"Toll, dass ihr diese Aktion hier macht", bestärkte der BN-Sprecher die Milchbauern in ihrem Protest und wünschte ihnen entsprechendes Durchhaltevermögen. Er hoffe, dass sich Bundeslandwirtschaftsminister Schmidt "traut, hierher zu kommen". Dass dies bisher nicht geschehen sei, nannte Mergner ein "Armutszeugnis" und forderte Schmidt auf, "sich zu stellen".

Schön wäre es, wenn auch Bayerns Agrarminister Brunner vorbei käme, der die Zeichen der Zeit erkannt und mit seinen Ministerkollegen dafür gestimmt habe, dass es bestimmte Mengenbegrenzungen geben solle. Jetzt müsse er das nur noch durchsetzen.

Ministerpräsident Seehofer müsse notfalls Schmidt – wie einst Ilse Eichner - "zu entsprechendem Handeln anweisen". Auch Grünen-Landeschefin Sigi Hagl stellte sich hinter die Milchbauern, hielt die Forderungen des BDM, die man ganz klar unterstütze, für zielführend. Die Krise sei mit großer Verantwortung eines CSU-Bundeslandwirtschaftsministers und des Bauernverbandes herbei geführt worden, die es versäumt hätten, nach Aufhebung der Milchquote Kriseninstrumente auf den Weg zu bringen.

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