Bluttat: Polizei fuhr Sonderstreifen nach Drohungen

1.2.2013, 10:41 Uhr
Bluttat: Polizei fuhr Sonderstreifen nach Drohungen

© Johnston

Wie diese Verletzungen zustande kamen und was sich tatsächlich in der Wohnung zugetragen hat, ist nach wie vor unklar. Am Tatort fanden sich ein Küchenmesser und ein „weiteres Küchenwerkzeug“, die laut Kripo für die Tat verwendet worden sein könnten.

Wie das Polizeipräsidium Oberpfalz gestern Abend mitteilte, hat die Staatsanwaltschaft Nürnberg/Fürth Haftantrag wegen des Verdachts des Totschlags in zwei Fällen beim Haftrichter des Amtsgericht Nürnberg gestellt. Der 43-jährige Mann „steht nach jetzigem Kenntnisstand im Verdacht, seinen 65-jährigen Schwiegervater und den 26-jährigen Schwager durch Messerstiche getötet zu haben“, so Polizeisprecher Michael Rebele. Der Entscheid des Ermittlungsrichters dazu liegt noch nicht vor.

Nichts vorzuwerfen

„Ich denke, die Polizei hat sich nichts vorzuwerfen“, sagte Präsidiumssprecher Michael Rebele im Gespräch mit den Neumarkter Nachrichten angesichts der Vorwürfe aus den Familienkreisen, die Polizei habe die Drohungen des mutmaßlichen Täters nicht ernst genommen. Aber er habe Verständnis für die Angehörigen der Toten, die derzeit sicher emotional aufgewühlt seien. Wenn es tatsächlich bei der Polizei Versäumnisse gegeben haben sollte, dann werde man denen auch nachgehen, verspricht Rebele.

Auch Neumarkts Inspektionsleiter Polizeioberrat Helmut Lukas kann nicht erkennen, wo seiner Dienststelle Vorhaltungen gemacht werden könnten. Die Verhältnisse in der Familie, in der es am Dienstag zu der Bluttat mit zwei Toten und einem Schwerverletzten kam, seien der Polizei seit vier Monaten bekannt gewesen. Ein Sachbearbeiter habe sich darum gekümmert, wenn der 43-Jährige Drohungen in Richtung seiner Frau und deren Familie ausgestoßen habe. „Der Mann liebt seine Frau und wollte, dass sie und der gemeinsame Sohn zu ihm zurück kommen“, ist Lukas überzeugt. Der für den Fall zuständige Neumarkter Kollege habe immer wieder das Gespräch mit dem 43-Jährigen gesucht, um beruhigend auf ihn einzuwirken.

Als der Streit wieder einmal hoch kochte und die angeheirateten Verwandten von der Drohung berichteten sie „abzustechen“, habe er selbst veranlasst, dass Streifen regelmäßig an dem Haus in der Badstraße vorbei fuhren, erinnert sich Lukas. Die Vorsichtsmaßnahme schien ihm notwendig, weil an dem Haus ein Gerüst angebracht war, das den Einstieg in die Wohnung im ersten Stock erleichtert hätte.

Lukas zitiert einen konkreten Vorfall am 8. Dezember letzten Jahres. Die Polizei habe nach einer Drohung auf dem Handy die Wohnung des 43-Jährigen angesteuert, die der Schwiegerleute überwacht und die Spielhallen abgeklappert, weil bekannt sei, dass der Mann spielsüchtig ist. Doch die Handy-Ortung ergab, dass die beiden der Polizei bekannten Mobiltelefone des 43-Jährigen zur fraglichen Zeit weit weg von Neumarkt in Serbien eingeloggt waren.

Wie berichtet, hatte der Mann angekündigt, er werde sich vom Krähentisch in die Tiefe stürzen. Neumarkter und Regensburger Polizisten brachten ihn davon ab. Die Frage, warum der Mann, der dann am 28. Januar freiwillig ins Bezirksklinikum Regensburg zur psychiatrischen Betreuung gegangen war, tags darauf, am 29. Januar, dem Tattag, wieder gehen durfte, will und kann Lukas nicht beantworten. „Das müssen sie die Ärzte dort fragen“.

Fried Seier aus der Geschäftleitung des Bezirksklinikums bestätigte den Neumarkter Nachrichten, dass der 43-Jährige sich freiwillig auf etwaige psychische Leiden untersuchen habe lassen. Er habe den Eindruck gemacht, nicht mehr selbstmordgefährdet zu sein und auch die Gefährdung anderen Personen sei nicht erkennbar gewesen. Es habe also keine rechtliche Handhabe gegeben, ihn festzuhalten. Der Patient sei im übrigen nicht entlassen worden, sondern habe eine Ausgangserlaubnis genutzt, um nach Neumarkt zu fahren. Mehr Informationen könne er, Seier, aus Gründen der ärztlichen Schweigepflicht nicht geben.

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