"Das Verhalten der Stadt ist eine Frechheit"

23.6.2017, 17:40 Uhr

© Foto: André De Geare

Die Heizungsbauer streben laut Innungsmeister Josef Fruth an, demnächst in Sitzungen des Neumarkter Stadtratsplenums und im Werksenat des Stadtrates vorsprechen zu dürfen. Hintergrund sind Klagen der Heizungsbau-Innung darüber, dass ihnen die Stadtwerke angeblich in großem Stil Aufträge bei der Erstellung von Heizungsanlagen und beim sogenannten Contracting wegnehmen (die NN berichteten ausführlich). Contracting bedeutet, dass der Vertragspartner von Hausbesitzern eine komplette Dienstleistung bei der Lieferung von Wärmeenergie erbringt und dafür lange laufende Verträge abschließt. Diese umfassen gewöhnlich auch die Wartung der Heizungsanlagen.

"Es geht um Aufträge im Wert von einigen Millionen Euro und es geht um Arbeitsplätze", sagte Innungs-Obermeister Fruth auf Anfrage der Neumarkter Nachrichten. Und der lokale Branchenvertreter von rund 60 Sanitär- und Heizungsbetrieben im Landkreis Neumarkt erläuterte die Zielsetzung der Öffentlichkeits-Kampagne in Stadtratsgremien: "Wir wollen klarstellen, dass das nicht geht, das lassen wir uns nicht gefallen, das Verhalten der Stadt ist eine Frechheit."

"Größte Unverschämtheit"

Der Heizungsbau-Innungschef wundert sich darüber, dass sich Oberbürgermeister Thomas Thumann bisher "überhaupt nicht geäußert" habe. Die Nicht-Reaktion auch der Stadtwerke sei die "größte Unverschämtheit", so Josef Fruth.

Mit Hinweis auf eine rechtliche Stellungnahme des bayerischen Innenministeriums pocht der Geschäftsführer der Neumarkter Kreishandwerkerschaft, Sebastian Meckl, darauf, dass sich die Stadtwerke auf Aufgaben konzentrieren, die öffentlichen Zwecken dienen. Diese Expertise hatte Dieter Ries von der Freien Liste Zukunft (Flitz) in anderem Zusammenhang eingeholt (wir berichteten). Die Stadtwerke sollten sich zur Ausführung von Handwerksleistungen Partner in der Privatwirtschaft suchen und "nicht in direkte Konkurrenz zum Handwerk gehen", fordert Sebastian Meckl von der Kreishandwerkerschaft.

Der Geschäftsführer kündigte im NN-Interview an, das Geschäftsgebahren der Stadtwerke rechtlich prüfen zu lassen. Der Konflikt habe für die Kreishandwerkerschaft hohe Priorität. Es gelte, eine Grundsatzfrage im Verhältnis des kommunalen Eigenbetriebes zum privatwirtschaftlichen Handwerk zu klären. Unabhängig von einer rechtlichen Bewertung gebe es auch einen "moralischen Aspekt". Sebastian Meckl warf den Stadtwerken einen "Alleingang" vor. Über viele Jahre hätten die Handwerksbetriebe und der Versorger ausgezeichnet zusammengearbeitet. Es sei ein "Geben und Nehmen" gewesen, von dem alle Beteiligten profitiert hätten.

Wo ist die Grenze?

Inzwischen hat sich auch der CSU-Oberbürgermeister-Kandidat Richard Graf eingeschaltet. Nach einem Gespräch mit Kreishandwerksmeister Gerhard Ulm und weiteren Handwerksvertretern erklärte er auf Anfrage der NN, er sehe den Schwerpunkt der Stadtwerke nicht in der Erbringung von handwerklichen Leistungen, sondern bei der Grundversorgung mit Gas, Wasser und Strom. Es müsse eine "vernünftige Grenze" und eher eine Zusammenarbeit statt Wettbewerb zwischen Stadtwerken und Handwerk geben, meinte Richard Graf.

Dabei sei auch der Oberbürgermeister gefordert. Graf: "Das Stadtoberhaupt muss sich darum kümmern, wie es seinen Handwerkern geht." Thumanns CSU-Gegenkandidat schlug einen Handwerker-Stammtisch oder einen Jour fixe (franz. fester Tag) mit Branchenvertretern vor. Die Art der Kommunikation der Stadt mit den betroffenen Handwerkern habe ihn jedenfalls "verstört".

Stadtwerke-Direktor Dominique Kinzkofer hatte in einem NN-Bericht argumentiert, der Kurs seines Unternehmens werde "von der Politik begleitet, goutiert und gewünscht". Kinzkofer sagte wörtlich: "Wir stellen uns dem Wettbewerb." Er warf nun seinerseits dem Handwerk vor, auf ein Kooperationsangebot nicht eingegangen zu sein: Vor zwei Jahren habe man der Innung die gemeinsame Vermarktung von "Mikro-Blockheizkraftwerken" angeboten. Die Resonanz sei "Null" gewesen.

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