Flüchtlingsstrom: Ämter arbeiten am Anschlag

1.11.2015, 07:00 Uhr
Flüchtlingsstrom: Ämter arbeiten am Anschlag

© F.: Etzold

Landrat Willibald Gailler ließ gestern seine „ganze Mannschaft“ auffahren, um das Gremium umfassend über die Flüchtlingssituation im Landkreis zu informieren. Anlass waren Anträge der Freien Wähler und der SPD-Fraktion, die über die Asylsozialberatung hinaus auch eine Koordinationsstelle für die rund 650 ehrenamtlichen Helfer forderten (siehe dazu Bericht Seite 3).

Kurz gesagt: Der Landkreis sieht sich vor einer Herkulesaufgabe, ist aber guter Dinge, sie im Zusammenspiel mit den Gemeinden zu bewältigen. Genau ein Jahr zuvor hatte Sozialabteilungsleiter Gerhard Pfohl dem Kreistag von 380 Asylbewerbern berichtet; 2013 waren es gerade mal 120. Am 27. Oktober 2015 waren nun schon 946 Menschen in 63 Ausweichunterkünften sowie in den Gemeinschaftsunterkünften in Parsberg und Hohenfels untergebracht.

„Dazu kommen noch 296 Asylbewerber in der Neumarkter Erstaufnahmeeinrichtung in der Delphihalle, für die die Regierung der Oberpfalz zuständig ist“, sagte Pfohl. Eine besonders intensive Betreuung brauchen die 82 minderjährigen Flüchtlinge ohne Erwachsenenbegleitung. Für sie gibt es momentan fünf Übergangsklassen in Neumarkt und Parsberg – eine sechste in Neumarkt steht an – und drei Flüchtlingsklassen an der Berufsschule. Die Mehrheit der Flüchtlinge – 626 Personen – ist im Alter zwischen 19 und 49 Jahren. Auch die Zahl der Kinder unter sieben ist mit 151 relativ hoch. 69 Prozent der über 19-Jährigen sind Männer.

288 Asylbewerber leben derzeit in Neumarkt. In den Gemeinden Berching, Breitenbrunn, Hohenfels und Parsberg sind überdurchschnittlich viele untergebracht (mehr als 1,2 Prozent der Einwohner). Noch keine wohnen in Berngau, Lauterhofen, Lupburg, Pilsach und Postbauer-Heng.

Syrer, Albaner, Iraker, Ukrainer und Kosovaren sind die häufigsten Nationalitäten. „Eine Bleibeperspektive haben aber vor allem jene aus Syrien, Eritrea, Irak und Iran, das sind bei uns derzeit 373 Menschen“, so Pfohl.

Laut Jutta Hofbeck vom Ausländeramt befinden sich 671 Männer, Frauen und Kinder noch mitten im Asylverfahren, das viele Monate dauern kann. 84 der Neuankömmlinge im Landkreis wurden in diesem Jahr ausgewiesen, 120 reisten freiwillig aus.

Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge hat seit Januar 66 Personen die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt (55 Syrer, sieben Iraker, ein Iraner, drei Staatenlose). Von diesen Leuten sind zwischenzeitlich neun innerhalb des Landkreises in eine private Wohnung gezogen. 15 Personen sind außerhalb des Landkreises verzogen, 42 befinden sich noch in Unterkünften, müssen aber bald raus. Sozial-, Ausländer-, Jugend- und Gesundheitsamt arbeiten am Anschlag. Umbesetzungen und die Schaffung neuer Stellen führen zu akuter Raumnot. Kreiskämmerer Hans Ried kündigte deshalb an, dass das Landratsamt ab 2016 Zweigstellen in angemietete Büroräume ausgliedern muss.

Entwarnung gab Gesundheitsamtsleiter Dr. Heinz Sperber, dessen Behörde die Neuankömmlinge in der Delphihalle untersucht. Nur wenige hätten Parasiten, und wenn, dann harmlose. Auch habe es nur zwei Tbc-Fälle gegeben, die zwei Personen mit HIV kamen aus Osteuropa.

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