Initiative gegen Megatrasse auf steinigem Weg

2.12.2015, 19:00 Uhr
Initiative gegen Megatrasse auf steinigem Weg

© Foto: Wolfgang Fellner

Initiative gegen Megatrasse auf steinigem Weg

© Foto: Wolfgang Fellner

Die Geburtshelfer kamen von der PI gegen die Monstertrasse aus Pavelsbach. In der engagieren sich auch Bürger aus Postbauer-Heng, und die wollen etwas dagegen unternehmen, dass die seit gut 80 Jahren stehende Stromtrasse, um die der Ort herum gewachsen ist, auf 380 kV aufgerüstet wird.

Als die Trasse in den 30er Jahren des vergangenen Jahrhunderts von Ludersheim nach Altheim gebaut wurde, waren Postbauer und Heng noch eigenständige Ortschaften und lagen weit weg vom Trassenkorridor. Nach der Kreisgebietsreform 1972 wuchsen die beiden Ortskerne langsam zusammen und immer näher an die Trasse heran, schließlich über sie hinaus Richtung Kemnath.

Ionisierte Staubpartikel

So weit es der Trassenbetreiber zuließ, bauten die Bürger an die Masten heran; erst vor wenigen Jahren entstanden sogar Geschäftsflächen unter der Trasse. Doch nicht allen Bürgern ist die Strom-Autobahn durch den Ort geheuer. Sie fürchten massive Belastungen durch die Strahlung, durch ionisierte Staubpartikel, die bei Kindern gar Krebs verursachen könnten, wie Marktrat Jürgen Rupprecht bei dem Treffen im Feuerwehrzentrum ausführte.

Schon jetzt, bei 220 kV, bestehe Gefahr, und erst recht, wenn es einmal 380 kV sein sollten. Vor allem: In Deutschland seien die Grenzwerte für die Strahlung lax im Vergleich zu Russland oder China. Neue Abstandsgrenzen seien nötig wie in Bundesländern wie Nordrhein-Westfalen oder Niedersachsen, hier müsse der Landtag tätig werden.

Die Möglichkeit, gegen die jetzt bestehende Trasse – die Gemeinde baute beispielsweise einst auch die Schule dicht an sie heran – etwas zu unternehmen, sind gering. Erst in diesem Jahr hat Trassenbetreiber Tennet in einer aufwändigen Aktion die Masten saniert; angerostete Teile tauschten die Arbeiter aus, die Stahlkonstruktionen erhielten einen neuen Anstrich.

Und nun gibt es den Plan, die Trasse aufzurüsten. Weil mehr Strom gebraucht wird, soll die Durchleitungskapazität von 220 auf 380 kV aufgerüstet werden. Bis zu 70 Meter hohe Masten, also so hoch wie bei der Monstertrasse, sollen aufgestellt werden, heißt es dazu beim Treffen. Auf der alten Trasse, quer durch den Ort. Die Trasse findet sich als Projekt P 53 im Netzentwicklungsplan wieder. Die Pläne zur Aufrüstung gebe es seit drei Jahren, sagt Rupprecht, doch jetzt sei erstmals im Bedarfsplan ihre Notwendigkeit bestätigt worden. Wenn der Bundestag den Bundesbedarfsplan absegnet, und damit sei zu rechnen, sei die Aufrüstung Gesetz und werde umgesetzt. Allerdings hülle sich Tennet bisher noch in Schweigen: Solange nichts beschlossen sei, gebe es angeblich keine Planungen — und damit auch keine Auskünfte.

Gegen die Aufrüstung vorgehen will nun die neue Bürgerinitiative gegen eine 380-kV-Leitung durch Postbauer-Heng. Die Pavelsbacher Initiativler halten diese Lösung für die geeignetste; die Pavelsbacher BI, sagte 2. Bürgermeister Hans Pröpster bei dem Treffen vor 80 Bürgern, sei immer noch mit dem Stoppen der Monstertrasse beschäftigt, ihre Kraft sei endlich, in Postbauer-Heng müssten die betroffenen Bürger selbst mit neuem Schwung an die Aufgabe heran; helfen wolle man wohl. Denn, sagte Pröpster offen, es sei besser, wenn zwei eine Aufgabe angingen als nur einer, vor allem, wenn dieser eine etwas müde sei nach zwei Jahren Dauereinsatz zwischen Pavelsbach, Bonn, Berlin und Pegnitz, bei Aktionen und Protesten, in Foren und Diskussionsrunden mit hohem Einsatz. Das schlauche, sagte nicht nur Pröpster, das koste viel Kraft.

Deshalb soll eine neue Bürgerinitiative mit neuen Gesichtern nun in Postbauer-Heng den Kampf tragen. Der Furor, das Feuer, das die Pavelsbacher vor zwei Jahren zusammenschweißte bei der BI-Gründung, fehlte im Feuerwehrzentrum völlig. Klar, sagte Rupprecht danach, vor zwei Jahren habe Amprion mit einer Info-Veranstaltung versucht, die Bürger ruhig zustellen — das genaue Gegenteil war nach der völlig entgleisten Veranstaltung in der Nürnberger Meistersingerhalle die Folge. Die BI in Pavelsbach stand.

In Postbauer-Heng haben sich die Bürger hingegen lange an die Trasse gewöhnt. Viele wohnen direkt daneben; hier einen Grad der Mobilisierung wie in Pavelsbach zu erreichen, wird schwer. „80 sind gekommen, bei einer Gemeinde mit 7500 Einwohnern, das ist ein trauriges Bild“, sagte denn auch einer der Teilnehmer der Runde. Doch die, die gekommen waren, sind dabei und wollen anschieben, so der erste Eindruck. „Ihr habt Nachbarn, diese haben Nachbarn, ihr müsst die aktivieren“, lautete eine der Forderungen.

Als nächstes sollen nun der BI festere Strukturen implementiert werden, ein Briefverteiler wird angelegt. Der harte Kern sammelte sich um Marktrat Jürgen Rupprecht, der vorerst als Ansprechpartner fungieren wird. Die Gemeinde ist auch im Boot, sagte Hans Pröpster, das habe Bürgermeister Horst Kratzer schon versichert. Unterstützung sei da zu erwarten. Nun sollen noch mehr Unterschriften gesammelt werden, auch beim Weihnachtsmarkt, sagte Rupprecht. Die werden einem Brief an Ministerpräsidenten Horst Seehofer beigelegt, damit dieser auf Postbauer-Heng und das Problem des Ortes aufmerksam werde. Anfang Januar soll es ein nächstes Treffen geben.

Werden beide gebaut?

Außerdem sollen Kontakte nach Berngau und Ezelsdorf, Burgthann und Winkelhaid oder Altdorf und Ludersheim geknüpft werden, um mehr Durchschlagskraft zu erreichen. Denn die brauche es unbedingt, das sagte auch Hans Pröpster. Der stimmte die neue BI auf einen langen, steinigen Weg ein. Auch der Kampf gegen die Monstertrasse HGÜ, erklärte er, sei noch lange nicht gewonnen, im Gegenteil: „Wir wollten die Trassen verhindern, nun werden beide gebaut.“ Den Ast, der über Postbauer-Heng führen sollte, haben die Planer nun nach Schwandorf verschwenkt, aber, gibt sich der Pavelsbacher keinen Hoffnungen hin: „Heute ist er dort — morgen kann er schon wieder bei uns sein. Unser Kampf ist noch lange nicht vorbei.“

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