"Ohne Frequenzbringer wird's finster in der Klostergasse"

22.6.2017, 14:37 Uhr
Bei Ereignissen wie der Nacht der Sinne ist die Klostergasse eine tolle Kulisse. Wie man täglich mehr Passanten dorthin locken könnte, unter anderem dazu wurden Ideen gesammelt.

© F.: Günter Distler Bei Ereignissen wie der Nacht der Sinne ist die Klostergasse eine tolle Kulisse. Wie man täglich mehr Passanten dorthin locken könnte, unter anderem dazu wurden Ideen gesammelt.


Der hatte vorher schon die Klinken geputzt, die Einzelhändler in der Innenstadt aufgesucht und sich einige Notizen gemacht. Die Stimmung ist demnach ernüchternd.

Viele Gewerbetreibende hätten den Eindruck, dass von Seiten der Stadt nichts für die Attraktivität der Innenstadt getan werde. Und wenn sie selbst die Initiative ergriffen, würden sie vom Rathaus gegängelt. „Wir brauchen eine Verwaltung, die nach einer Lösung sucht und nicht nach dem Haar in der Suppe, um etwas zu verhindern.“ Ringsum laufe die Wirtschaft fantastisch, die Stadt sei reich und dann sehe man in der Innenstadt leer stehende Geschäfte und verfallende Gebäude, so Graf.

Aktuelle Studien

Dabei befindet sich der Einzelhandel in Mittelstädten wie Neumarkt in einer schwierigen Situation, schilderte Josef Kellermann vom Handelsverband Bayern das Ergebnis mehrere aktueller Studien. Auf der einen Seite legt der Online-Handel immer mehr zu.

Das Kaufhaus Hackner war der Frequenzbringer in der Klostergasse. Jetzt ist der Laden zu, die Gebäude werden abgerissen und das Areal neu bebaut mit seniorengerechten Wohnungen.

Das Kaufhaus Hackner war der Frequenzbringer in der Klostergasse. Jetzt ist der Laden zu, die Gebäude werden abgerissen und das Areal neu bebaut mit seniorengerechten Wohnungen. © Foto: André De Geare

Bei Elektronik-Artikeln ist es schon ein Drittel, bei Mode oder Schuhen wird diese Marke in den nächsten Jahren erwartet. Auf der anderen Seite lockt der Erlebniskauf in den Großstädten wie Nürnberg. „Wenn die Zusammenarbeit von Handel, Gastronomie, Stadt, und City-Management gut ist, besteht die Chance, sich dem Trend entgegen zu stellen“, sagte Kellermann. Denn die Erfahrung zeige, dass schon kleine Änderungen die Position des Handels deutlich verbessern können.

Dazu hatte der scheidende City-Manager Roland Kittel eine Menge Vorschläge im Gepäck. Etwa bei der „Fußgängerzone“ rund ums Rathaus: „Solange dort jeden Tag hunderte Autos durchfahren, weil nicht kontrolliert wird, und 200 Busse durchrumpeln, haben wir dort keine Aufenthaltsqualität.“

Ungenutzte Fahnenmasten am Unteren Markt: Da wäre Kreaivität gefragt, findet Roland Kittel.

Ungenutzte Fahnenmasten am Unteren Markt: Da wäre Kreaivität gefragt, findet Roland Kittel. © André De Geare

Aktuell stehen 59 Fahnenmasten in der Marktstraße - ungenutzt. Mit farbigen Fahnen könnten attraktive Akzente gesetzt werden. Und weshalb werde auf das Angebot in den Nebenstraßen nicht mit einheitlichen Wechselschildern hingewiesen?

Doch Kittel warnte vor Miesepetrigkeit. „Neumarkt birgt ein herrliches Potenzial, das aber nicht hervorgekitzelt wird“, sagte er. Deshalb dürfe man etwa die Klostergasse nicht selbst tot reden. Notwendig für den Erfolg sei eine positive Stimmung. Es gäbe auch nicht einen eindeutig Schuldigen, sondern viele Akteure, die alle besser als bisher zusammenarbeiten müssten.
Sein Wunsch an die Stadtspitze ist trotzdem klar: „Es muss schneller werden, egal ob Blumentröge oder Münsterbeleuchtung.“

Die anschließende Diskussion eröffnete Michael Stepper, langjähriger Vorsitzender des Hotel- und Gaststättenverbandes Neumarkt: Der Blick von außen helfe bei der Lagebeurteilung. Als jüngst Neumarkt in der TV–Sendung "frontal" auftauchte, sei ihm klar geworden, wie trostlos es an manchen Stellen der Innenstadt aussehe.

Dann hatten die Einzelhändler aus der Klostergasse das Wort: Susanne Biller, Inhaberin der Buchhandlung Müller, hatte zwei Anliegen: Weshalb gibt es keinen Christkindlesmarkt auf dem Residenzplatz als Ergänzung zum Weihnachtsmarkt am Rathaus? Und außerdem sei es nachts in der Klostergasse stockdunkel. „Trotzdem haben wir eine tolle Klostergasse, eine tolle Marktstraße und eine tolle Hallertorstraße, die wir nicht kaputt reden sollten.“

Christian Gsell vom Schmuckgeschäft Bauer-Gsell sagte: „Ich habe den Eindruck, dass man es den Menschen immer schwerer machen will, überhaupt in die Stadt zu kommen.“

Das Kaufhaus Hackner sei das „A und O“ in der Klostergasse gewesen, sagte Konditor Peter Segerer. „Wenn in das Erdgeschoss der geplanten Seniorenwohnanlage kein Frequenzbringer kommt, wird es finster für den hinteren Teil der Klostergasse.“

Makler Markus Rätzer forderte vor der Ausweisung neuer Einzelhandelsflächen eine Bestandsanalyse. So ließe sich feststellen, in welchem Bereich Bedarf besteht oder wo ein Überhang sei. In der Klostergasse sei dies sicherlich bei einem Nahversorger oder einem Sanitärfachgeschäft der Fall.

Josef Achatz, Inhaber von Wäsche Achatz und Kreisvorsitzender des Einzelhandelsverbands, drängte zur Eile bei der Innenstadtsanierung. Mit einem neuen Pflaster oder einigen Bäumen sei es nicht getan. „Seit 2015 hat der Arbeitskreis nicht mehr getagt. Es wird höchste Zeit, damit wir 2020 tatsächlich mit einer Umsetzung anfangen können.“

„Ich gehöre zu den Bösen, die E-Commerce machen“, sagte Andreas Krause, Inhaber der Agentur „Mr. Pixel“. Er fordert die Einzelhändler auf nicht nur auf die äußeren Faktoren zu schauen. „Jeder braucht eine Strategie, wie er auf künftig sinkende Kundenfrequenz reagiert.“

Jörg Kölbl betreibt eine Musikschule inklusive Musikalien- und Plattenladen in der Hallertorstaße. „Kultur ist einer der wichtigsten Standortfaktoren, doch Neumarkt nutzt sein Potenzial nicht.“ Es fehlten Auftrittsorte für Bands wie etwa eine Stadthalle oder auch kleinere Clubs.

Christian Kerschensteiner vom Golden Curry-Imbisswagen regte an, die Jahrmärkte vom Volksfestplatz in die Innenstadt zu verlegen. „Das bringt Frequenz und sorgt für eine Belebung.“

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