Treuchtlingen: Nach 50 Jahren kein "Kreuz Bube" mehr

19.6.2020, 06:04 Uhr
Treuchtlingen: Nach 50 Jahren kein

© TK-Archiv, privat / Repro: Patrick Shaw

Bei der letzten Mitgliederversammlung Anfang dieses Jahres berief Vorsitzender Reinhard Brauner nochmals zwei Ehrenmitglieder: Manfred Baumgärtl, seit 34 Jahren Spielleiter, und Dieter Simon gehörten dem Skatclub seit seiner Gründung an. Letzterer war von der ersten Stunde an ununterbrochen Schriftführer. Damals waren beide junge Burschen, doch solche fehlen im Verein nun schon seit vielen Jahren. "Wir sind jetzt meist nur noch sieben oder acht, da braucht man keinen Verein mit Vorstand und Beiträgen mehr", erklärt Brauner die Auflösung. "Wir bleiben aber eine Interessengemeinschaft und treffen uns weiterhin."

Ins Leben gerufen wurde der Skatclub am 14. Mai 1970 – dem selben Jahr, in dem der Landkreis grünes Licht für die Senefelder-Schule gab und der Skihang im Heumöderntal entstand. Im damaligen Siechenbräu-Stüberl taten sich dessen Wirt Hilmar Hopf, Hugo Lahr als erster Vorsitzender sowie Dieter Simon, Walter Kleemann, Emil Müller, Erwin Neumeyer und ein den heutigen Mitgliedern nicht mehr bekannter "Herr Rabe" zu einer Spielgemeinschaft zusammen.

Treuchtlingen: Nach 50 Jahren kein

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Lahr blieb bis 1978 Vereinschef, auf ihn folgten bis 1980 Uwe Wössner, bis 1986 Rolf Pauly, bis 2010 Hermann Oschewski und seither Reinhard Brauner. Mit ihnen wechselte auch dreimal das Vereinslokal – 1978 vom Siechenbräu-Stüberl zum Kellergewölbe des "Schwarzen Bären", dann kurzzeitig in den Waldgasthof Heumöderntal und 1984 zum "Grünen Baum", wo sich die Skatfreunde noch heute treffen.

Bundesliga und Bayernpokal

Mitte der 1980er Jahre begann der Höhenflug der "Kreuz Buben". 1985 stiegen sie erstmals in die Bundesliga auf, ein Jahr später aber gleich wieder ab. 1991 klappte es dann erneut mit der Erstklassigkeit, die der Club anschließend bis 2009 hielt. 1992 holten die Treuchtlinger sogar den Vizemeistertitel, im Jahr 2000 wurden sie bayerischer Landesmeister, 2008 holten sie den Bayernpokal.

Den höchsten Mitgliederstand erreichte der Verein 1998 mit 65 Angehörigen, zu den Turnieren in der Altmühlstadt kamen damals regelmäßig mehrere Hundert Skatspieler. Zu einem Eklat kam es 2010, als der damalige Vorsitzende Hermann Oschewski den Club eigenmächtig in "Euroskat Treuchtlingen" umbenannte. Die Mitgliederversammlung widerrief den Beschluss, und Oschewski, einer der Spitzenspieler, Mitglied des Bundesligateams und Mannschafts-Weltmeister von 2008, verließ zusammen mit 15 weiteren Mitgliedern den Verein.

Auf dem Papier hatte der Skatclub zuletzt noch 21 Mitglieder, die den Treuchtlinger Traditionsverein nun zu Grabe trugen – im Guten und ohne Bitterkeit, wie dem letzten Vorsitzenden Reinhard Brauner anzumerken ist. Denn gereizt, Contra gegeben und gestochen wird bei den verbleibenden "Kreuz Buben" weiterhin, wenn auch ohne das "e.V." hinter dem früher einmal großen Namen.

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Was ist Skat?

Skat ist ein Kartenspiel für drei Personen. Gespielt wird mit französischem Blatt (mit Damen und Buben) oder deutschen/bayerischem Blatt (Ober und Unter). Es ist hauptsächlich ein Strategiespiel, da sich viele Informationen mathematisch errechnen und Spielzüge strategisch planen lassen, hat durch das Mischen der Karten vor dem Geben aber auch Glückselemente. Als Glücksspiel zählt es jedoch nicht, auch wenn nicht selten um Geld gekartelt wird.

Skat wird mit einem Blatt aus 32 Karten gespielt. Jeder Spieler erhält zehn Karten, die zwei übrigen bleiben zunächst verdeckt – der namensgebende "Skat". Ein Spieler spielt stets allein gegen die beiden Mitspieler und kann seine Hand mit den Karten aus dem Skat optimieren. Wer allein spielt, wird zuvor durch das sogenannte Reizen bestimmt, eine Art Auktion, bei der die Spieler je nach Anzahl der Trümpfe und Art des Spiels, das sie spielen möchten, unterschiedlich hoch "mitbieten" können. Davon abhängig gibt es für gewonnene Spiele unterschiedlich viele Punkte. Rechnerisch sind beim Skat knapp 2,8 Billiarden Kartenverteilungen möglich.

Skat ist in Deutschland seit 2016 als immaterielles Kulturerbe anerkannt. Entwickelt wurde das Spiel um 1820 im thüringischen Altenburg aus dem Schafkopf. 1886 fand dort der erste deutsche Skatkongress mit über 1000 Teilnehmern statt. 1899 wurde in Altenburg der Deutsche Skatverband gegründet, dessen Hauptsitz 1953 nach Bielefeld und 2001 zurück nach Altenburg verlegt. Im selben Jahr wurde dort das internationale Skatgericht gegründet, das über strittige Fälle entscheidet.

Skat war der Überlieferung nach ein beliebter Zeitvertreib des Komponisten Richard Strauss, in dessen Oper "Intermezzo" auch eine Skatpartie vorkommt. Im Zuge der Corona-Krise gewann in den vergangenen Monaten das Online-Skatspiel an Bedeutung. [Quellen: Deutscher Skatverband, Wikipedia]

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