Klinikum Bamberg: Schon vier Missbrauchsfälle sind bekannt

21.8.2014, 15:05 Uhr
Fassungsloskeit herrscht derzeit am Bamberger Klinikum: Ein  48-jähriger leitender Arzt soll mehrere Frauen sexuell missbraucht haben.

© News5 / Herse Fassungsloskeit herrscht derzeit am Bamberger Klinikum: Ein 48-jähriger leitender Arzt soll mehrere Frauen sexuell missbraucht haben.

Zum Inhalt der Aussage äußerte sich der Leitende Oberstaatsanwalt Bardo Backert jedoch nicht. Die Anklagebehörde geht davon aus, dass eine größere Zahl von Frauen von dem Mediziner betäubt und missbraucht wurde. Bisher sind vier Fälle bekannt. Der 48-jährige Arzt hatte Fotos von seinen Taten gemacht, die nun ausgewertet werden müssen.

Die Taten hätten sich laut Staatsanwaltschaft alle "außerhalb des normalen Geschäftsbetriebs" ereignet, daher gebe es auch keine Aufzeichnungen über die Besuche der Frauen, wie normalerweise in einer Klinik üblich. Eine Medizinstudentin hatte wegen Körperverletzung Strafanzeige gegen den Mediziner erstattet. Danach kamen die Ermittlungen in Gang.

Die 26-Jährige habe in dem Krankenhaus ein Praktikum im Rahmen ihres Studiums gemacht, sagte Xaver Frauenknecht, Vorstandschef der Sozialstiftung Bamberg, zu der das Klinikum gehört. Dabei nahm sie an einer angeblichen Studie des 48-Jährigen teil. "Diese Studie hat es nie gegeben", sagte Frauchenknecht am Donnerstag. Sie war nur ein Vorwand. Der Chefarzt spritzte der jungen Frau demnach ohne Aufklärung und gegen ihren Willen ein starkes Beruhigungsmittel, das sie kurzzeitig bewusstlos machte. In dieser Zeit soll sich der Mann an ihr vergangen und Fotos von seiner Tat gemacht haben.

Arzt sitzt in Untersuchungshaft

Die Studentin ging laut Frauenknecht danach in ein anderes Krankenhaus und ließ dort ihr Blut untersuchen. Danach erstattete sie Anzeige wegen Körperverletzung gegen den Beschuldigten. Von dem Missbrauch habe sie erst durch die Ermittlungen erfahren, da sie währenddessen bewusstlos war. Der Chefarzt der Klinik für Gefäßchirurgie sitzt seit Mittwoch in Untersuchungshaft.

Der Arzt hat sich vor dem Ermittlungsrichter inzwischen zu den Vorwürfen geäußert. Zum Inhalt der Aussage wollte der Leitende Oberstaatsanwalt Bardo Backert am Donnerstag jedoch nichts mitteilen. Neben Körperverletzung werden dem Mann sexueller Missbrauch und Vergewaltigung vorgeworfen. Die Klinik geht nach Angaben einer Sprecherin davon aus, dass keine normalen Patientinnen betroffen sind, sondern Frauen, die sich freiwillig an der angeblichen Studie beteiligt hatten.

"Serien von Bildern"

Spezialisten untersuchen derzeit die zahlreichen Fotos, die sie bei dem Mediziner gefunden haben. "Es sind ganze Serien von Bildern", sagt Backert. Auf einigen sind die Frauen zu erkennen, auf anderen sind nur einzelne Körperteile zu sehen. Für die Ermittler ist es nicht leicht, die Betroffenen zu identifizieren, weil es keine Aufzeichnungen über die angebliche Studie gibt.

"Die Taten geschahen außerhalb des normalen Geschäftsbetriebs", betonte Backert. Die Klinik nimmt an, dass es abends oder am Wochenende war. Eine solche Studie müsse normalerweise zwingend angemeldet und genehmigt werden und dann sei auch meist nicht nur ein Arzt anwesend, sagte die Kliniksprecherin. "Es ist eine völlig atypische Situation, von der wir hier ausgehen müssen", sagte der Staatsanwalt.

Die Polizei hat eventuell betroffene Frauen aufgerufen, sich zu melden. Das Krankenhaus will die Ermittler so gut es geht unterstützen, sagte Vorstandschef Frauenknecht. Das Klinikum richtete eine Hotline ein, unter der Betroffene die leitende Psychologin des Hauses erreichen. Zwei Frauen hätten sich am Donnerstag bereits gemeldet, sagte die Kliniksprecherin. Ob sie betroffen sind, muss nun geprüft werden.

Mit dem Klinikum Bamberg ist zum zweiten Mal innerhalb weniger Wochen eine Klinik in Oberfranken in die Negativschlagzeilen geraten. Angebliche Behandlungsfehler bei Neugeborenen hatten in Bayreuth den dortigen Klinik-Chef zu Fall gebracht. Der Aufsichtsrat setzte einen Interims-Chef ein. Gegen das von Stadt und Landkreis betriebene Krankenhaus ermittelt die Staatsanwaltschaft in vier Fällen wegen möglicher Behandlungsfehler.

Dieser Artikel wurde am 21. August um 15.05 Uhr aktualisiert.

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