Neue Perspektive beim Bamberger Bahnausbau?

25.6.2015, 08:59 Uhr
Ein neues Gutachten relativiert den zeitlichen Rahmen für den Bahnstreckenausbau in Bamberg. Ein verbesserter Lärmschutz an der Bestandsstrecke ist weiterhin ein großes Ziel.

© dpa Ein neues Gutachten relativiert den zeitlichen Rahmen für den Bahnstreckenausbau in Bamberg. Ein verbesserter Lärmschutz an der Bestandsstrecke ist weiterhin ein großes Ziel.

Im Gespräch mit Claus Reinhardt stellt der städtische Projektleiter heraus, dass das KCW-Gutachten der Stadt neuen Verhandlungsspielraum eröffne. Es sei keinesfalls ein "Gefälligkeitsgutachten" sondern stamme von "renommierten Beratern" mit ausgewiesener Expertise.

KCW: stagnierender Güterzugverkehr

Im Auftrag der Stadt hatte KCW, eine Berliner Beratungsfirma für öffentliche Dienstleistungen, die von der Bahn vorgelegten Verkehrszahlen für Bamberg überprüft. Anders als die Eisenbahner geht KCW jedoch nicht von einer starken Erhöhung des Güterverkehrs aus, da diese Annahme auf veralteten Zahlen aus den 90er Jahren fuße. Stattdessen spiegelt das Gutachten die Auffassung wieder, dass die Belastung der Domstadt durch den Güterverkehr stagniert und wohl bis 2030 überschaubar bleibt.

Denn KCW geht von einem Bedeutungszuwachs des "Ostkorridors" aus. Dieser führt den Güterverkehr fernab der Weltkulturerbestadt von Hof nach Weiden in der Oberpfalz. Nach Angaben von Michael Holzhey von KCW gegenüber tvo sei dieser aus topografischer Sicht und bezogen auf die Auslastung deutlich attraktiver. Die Auslastung des Güterverkehrs in Bamberg bezifferte Holzhey auf 85 Güterzüge und verwies auf eine Reserve von 180.

Auf der Sondersitzung des Stadtrats charakterisierte er die dringende Notwendigkeit eines Ausbaus zusammenfassend als "heroische Annahme". Diese Neuigkeiten stießen bei den Räten im Spiegelsaal der Harmonie auf offene Ohren. Auch Reinhardt bewertet sie positiv, da sie den Ausbau in Zweifel ziehen und neue Perspektiven – auch in puncto Lärmschutz – ergeben.

Tauschhandel rückt in den Fokus

Reinhardt betont dabei die vielversprechende Option eines Tauschhandels: Anstelle eines kompletten Ausbaus könne vorerst einmal ein vorgezogener Lärmschutz an der Bestandsstrecke treten. Gerade im Bamberger Süden warte man auf diesen schon seit Jahrzehnten, beteuerte er. Bei einer geringeren Neubewertung des Güterverkehrsaufkommens könne auch die Sorge vor zu hohen Schallschutzmauern entfallen. Gerade deren Höhe habe großen Einfluss sowohl auf das Stadtbild als auch den Blick der Zugreisenden auf die Silhouette der Stadt.

Unabhängig vom Ausbau der Strecke steht der Bamberger ICE-Halt nach seinen Angaben nicht zur Disposition. Gleichwohl müssen in absehbarer Zeit vier Eisenbahnüberführungen saniert werden. Je nach Anforderungen der Stadt beispielsweise in Bezug auf deren Höhe oder Fahrradwege, kommen dabei auch Kosten auf Bamberg zu.

Mit den Erkenntnissen von KCW im Rücken möchte die Stadt unter Einbeziehung der örtlichen Abgeordneten, dem bayerischen und dem bundesdeutschen Verkehrsministerium, nun Gesprächsbereitschaft bei der DB-Netz AG herstellen.

Nächste Sondersitzung im Herbst

Zusätzlich soll ein Arbeitskreis, bestehend aus Stadträten und Stadtverwaltung, eine gemeinsame Position bezüglich der verschiedenen Ausbauvarianten herausarbeiten. Dabei soll auch eine Umfahrung mit Westanbindung nochmals behandelt werden. Die Initiative "Bahnsinn Bamberg" plädiert bei dieser Entscheidungsfindung des Stadtrats jedoch vehement auf weitere externe Gutachter.

Hier verweist Reinhardt darauf, dass die Tunnelvariante mit einer Kostenmehrung von nur knapp 16 Prozent für Bamberg in seinen Augen eine "ernstzunehmende Alternative gegenüber der von der Bahn präferierten Variante eines Ausbaues im Bestand" ist. Die Ostumfahrung scheint hingegen aufgrund der immensen Ausgleichsflächen für den Hauptsmoorswald nur noch geringe Chancen zu haben.

Allerdings hat Professor Jürgen Kühling bereits auf der Sondersitzung des Stadtrats zu bedenken gegeben, dass die Bahn bei der Nutzung einer alternativen Trasse, wie bei den Varianten Ostumfahrung oder Tunnel vorgesehen, mitspielen müsse. Ansonsten besteht die Gefahr, dass Güterzüge trotz Alternativstrecke weiterhin durch die Stadt geschickt werden könnten.

Beide Varianten erhalten durch Kühlings Aussagen an Brisanz. Ob deshalb der Bestand ausgebaut wird oder man die Bahn aufgrund der neuen Zahlen von KCW gar zum Aufschub bewegen kann, bleibt weiterhin eine Frage, die Bamberg bewegt. Nächster Halt: Eine weitere Sondersitzung im Oktober oder November mit den Erkenntnissen des Arbeitskreises.

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