Bamf schafft es nicht, Asylverfahren zu beschleunigen

25.4.2016, 18:56 Uhr
Wie aus einem Schreiben der Bundesregierung hervorgeht, dauern Asylverfahren im Schnitt länger als noch vor einem Jahr.

© Hans-Joachim Winckler Wie aus einem Schreiben der Bundesregierung hervorgeht, dauern Asylverfahren im Schnitt länger als noch vor einem Jahr.

Dabei wird dieser Wert durch die durchaus schnelle Bearbeitung von syrischen Fällen nach unten gedrückt. Hier vergingen laut Februar-Statistik von Antragsstellung bis zum Entscheid im Schnitt nur 2,4 Monate. Der Grund: Bis Mitte März gab es für syrische Asylbewerber in der Regel keine Einzelfallentscheidung. Sie füllten lediglich einen Fragebogen aus, aufgrund dessen fast zu 100 Prozent Schutz gewährt wurde. Künftig aber soll auch für Syrer die Einzelfallprüfung gelten, das wird die Bearbeitung hinauszögern. Denn sobald angehört wird, steigt die Verfahrensdauer – selbst bei Asylbewerbern aus "Sicheren Herkunftsländern". Über sie soll eigentlich in 48 Stunden befunden werden, lautet das politisch verordnete Ziel. Doch laut Statistik klappt das gar nicht.

Am schnellsten verlaufen die Verfahren noch bei Bewerbern aus Albanien, sie dauerten im Februar im Schnitt 6,8 Monate. Selbst Bewerber aus dem Kosovo mussten 9,2 Monate warten, im August wurden sie innerhalb von 4,8 Monaten bearbeitet. Bei Algerien, das zum sicheren Herkunftsland eingestuft werden soll, betrug die durchschnittliche Bearbeitungszeit im Februar 15,4 Monate. Bewerber aus Äthiopien mussten 19,6 Monate warten, aus Pakistan 20,8 Monate.

Verfahren in München deutlich schneller als in Zirndorf

Dabei werden die Anträge in den verschiedenen Zentren unterschiedlich schnell bearbeitet: Flott geht es in München mit einer durchschnittlichen Bearbeitungsdauer im Februar von 1,5 Monaten, Zirndorf braucht mit 27,4 Monaten deutlich länger, nur in Ellwangen ist man mit 32,5 Monaten noch langsamer. Diese Diskrepanz erklärt sich nur zum Teil damit, dass den Zentren unterschiedliche Herkunftsländer zugeteilt sind.

Damit die Verfahren zügiger abgeschlossen werden können, setzt das Bamf auf einen starken Personalaufbau. Doch noch immer wurden nicht genug Mitarbeiter gefunden: Geplant ist die Beschäftigung von 2000 Entscheidern und 3200 Sachbearbeitern im Asylverfahren. Doch laut der Antwort der Bundesregierung auf die Grünen-Anfrage fehlen rund 400 Entscheider, zudem über 1100 Sachbearbeiter. Man gibt sich aber optimistisch den Großteil der vakanten Stellen bis zum 30. Juni zu besetzten. "Alle Anstrengungen richten sich darauf, den Personalbedarf schnellstmöglich zu decken", schreibt die Bundesregierung.

Gleichzeitig räumt sie ein: "Aufgrund des großen Zeitdrucks ist es bei einzelnen Einstellungsverfahren zu Versäumnissen gegenüber den Interessenvertretungen gekommen". Der Personalrat hatte deswegen  Klage vor dem Verwaltungsgericht Ansbach eingereicht. Nun bemühe man sich um eine "außergerichtliche Lösung." Auch bei der Frage nach Mehr- und Schichtarbeit wolle man mit den Mitarbeitern eine Einigung finden.

Den Versuchen des Bamf, flächendeckende Schichtarbeit einzuführen ohne den Personalrat zu beteiligen, erteilt das Bundesinnenministerium in einem Brief derweil eine klare Absage: Man habe bei dem Begehren des Bamf "mehrere Rechtsverstöße festgestellt", es müsse daher mit dem Personalrat nachverhandeln, heißt es in dem Schreiben von Mitte April.

Effizienz durch Beraterfirmen steigern

Die Leitung des Bamf will, um die Verfahren zügiger zu Ende zu bringen, auch die Effizienz steigern und hat daher  drei Beraterfirmen engagiert: McKinsey, Ernsts & Young und Roland Berger. Sie erhalten nach Angaben der Bundesregierung zusammen zwölf Millionen Euro – das Gros mit über neun Millionen Euro wird an Roland Berger überwiesen. Der Auftrag erging ohne Ausschreibung, "die Leistungen wurden aufgrund der akuten Eilbedürftigkeit freihändig vergeben", schreibt die Regierung in ihrer Antwort auf die Grünen-Anfrage.

Ob das, was die Berater erreichen, mehrere Millionen Euro wert ist, sei dahingestellt: "Ergebnis der Beratungstätigkeit ist die Entwicklung des Integrierten Flüchtlingsmanagement Deutschland", heißt es in der Antwort. Dazu gehörten die "Digitalisierung des Asylverfahrens", die Einrichtung des Videodolmetscher-Systems oder auch des Ankunftsnachweises, auf dem die Daten der Asylbewerber gespeichert werden können.

"Mit drei Beraterfirmen gleichzeitig wurschtelt das Bamf weiter vor sich hin", kritisiert die Grünen-Sprecherin für Flüchtlingspolitik, Luise Amtsberg. "Seit einem Jahr will die Bundesregierung die Leistung des Bamf verbessern — wenn ich mir die Ergebnisse anschaue kann ich keine nachhaltigen Verbesserungen entdecken." In den Debatten um die personelle Ausstattung und die beschleunigten Asylverfahren stehe die Qualität der Entscheidung leider nicht im Mittelpunkt. Irene Mihalic, Grünen-Obfrau im Innenausschuss, kritisiert das Personalkonzept. Es müsse auch in Belastungsspitzen hohen Ansprüchen genügen. Überlastung könne zu falschen Entscheidungen führen. "Wer diese Gefahr ignoriert, macht sich für Fehlentwicklungen mitverantwortlich."

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