Darum wächst in Oberfranken die Wut auf die Bahn

28.6.2016, 06:00 Uhr
Darum wächst in Oberfranken die Wut auf die Bahn

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Wenn einem Oberbürgermeister mitgeteilt wird, dass künftig mehrere ICE-Züge täglich in seiner Stadt halten, herrscht in der Regel Freude. In Coburg ist das anders. Hier gab die Deutsche Bahn jetzt bekannt, wie das Fernverkehrskonzept ab Dezember 2017 aussehen wird. Dann soll die neue und insgesamt rund zehn Milliarden Euro teure Neu- und Ausbaustrecke Nürnberg—Berlin ans Netz gehen.

ICE-Sprinter, von denen es drei pro Tag und Richtung geben soll, werden dann die Strecke zwischen München und der Bundeshauptstadt in drei Stunden und 50 Minuten bewältigen, die normalen ICE werden eine halbe Stunde länger brauchen. Von ihnen werden dann auch drei pro Tag und Richtung in Coburg halten — was die Stadt als Affront betrachtet.

"Wir sind als Wirtschaftsstandort auf eine gute Anbindung angewiesen", sagte Oberbürgermeister Norbert Tessmer. Die drei ICE-Paare seien in keinem Fall das, was sich die Stadt erhofft habe. Und deswegen werde er auch "weiter nerven", wie Tessmer dem DB-Vorstand für den Personen- und Güterverkehr, Berthold Huber, versprach.

Auch der Coburger IHK-Präsident Friedrich Herdan und der CSU-Bundestagsabgeordnete Hans Michelbach machten ihrem Unverständnis Luft. Weil mit der Inbetriebnahme der neuen Strecke auch die elf ICE-Halte in Lichtenfels wegfallen, drohe ein bedeutender Teil Oberfrankens abgehängt zu werden.

Große Teile der Metropolregion werden allerdings auch von der neuen Strecke profitieren. Wie Bayerns Innen- und Verkehrsminister Joachim Herrmann in Coburg bekanntgab, wird es ab Ende 2017 eine neue Nahverkehrs-Expressverbindung zwischen Nürnberg und Sonneberg in Thüringen geben, die in Fürth, Erlangen, Bamberg und Coburg hält und die Neubaustrecke nutzt.

Die Fahrzeit des alle zwei Stunden verkehrenden Expresszugs zwischen Nürnberg und Coburg verkürzt sich um eine halbe Stunde auf 70 Minuten. Von Bamberg nach Coburg geht es dann in nur noch 20 statt aktuell 40 Minuten.

Durch die neue Expresslinie werden zwischen Bamberg und Nürnberg pro Richtung vier RE-Verbindungen zusätzlich angeboten. In Bamberg, Forchheim, Erlangen und Fürth entsteht ein noch dichterer Takt mit zusätzlichen Platzkapazitäten. Für den Freistaat bedeutet dieses "Premium-Angebot" jedoch einen "finanziellen Kraftakt", so Herrmann.

Hohe Trassenpreise

Zwar werde mit der Bahn-Nahverkehrstochter DB Regio noch verhandelt, aber schon jetzt sei klar, dass durch die hohen Trassenpreise auf der neuen Strecke in Oberfranken der "teuerste Schienenpersonennahverkehr ganz Bayerns" entsteht. Die Bestellung des Verkehrs bis 2023 koste "einen hohen zweistelligen Millionenbetrag".

Nicht gelungen ist es jedoch, Thüringen mit ins Boot zu holen. Ursprünglich war laut Herrmann angedacht, die schnellen Nahverkehrsexpress-Züge von Nürnberg über Coburg und Sonneberg bis nach Erfurt durchzufinden. Doch das Nachbarland, das in hohem Maße von der Neubaustrecke und ihrer Führung durch den Thüringer Wald und Erfurt profitiert, wollte sich nicht beteiligen.

DB-Vorstand Huber machte den Coburgern Hoffnung auf zusätzliche ICE-Halte. Sollte sich zeigen, dass die Fernzüge hier gut angenommen werden und mehr als die derzeit prognostizierten 500 Fahrgäste in Coburg ein- und aussteigen, könnte die Zahl der ICE-Halte wachsen. Mittelfristig soll auch Lichtenfels wieder vom Fernverkehr angefahren werden. Die bisher für 2030 geplante Einführung einer zweistündlichen IC-Linie von Karlsruhe über Stuttgart, Nürnberg und Jena bis nach Leipzig soll um sieben Jahre auf 2023 vorgezogen werden.

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