Die Chat-Protokolle zum Terror in Würzburg und Ansbach

15.9.2016, 17:00 Uhr
Am 24. Juli sprengte sich ein Selbstmordattentäter in Ansbach in die Luft. Er blieb das einzige Todesopfer.

© NEWS5 / Haag Am 24. Juli sprengte sich ein Selbstmordattentäter in Ansbach in die Luft. Er blieb das einzige Todesopfer.

Die Anschläge von Islamisten in Ansbach und Würzburg sind für die Fahnder Mahnung, soziale Netzwerke wie Facebook unter die Lupe zu nehmen. Diese Kanäle werden für die Befehlsstruktur des IS-Terrors missbraucht.

Der Fall der Bombe von Ansbach, die nur für den Attentäter tödlich war, zeigt die Tricks des Terrornetzwerks. Der 27-jährige Mohammad D. galt als labiler Mensch. In Syrien hatte er offenbar seine gesamte Familie verloren. Als er in Bulgarien Asyl beantragte, wurde er angeblich schwer misshandelt. 2014 kam er nach Deutschland. Mindestens zwei Suizidversuche soll es gegeben haben. Dann geriet er in die Fänge des IS, der ihn mit einigen Tausend Euro Bargeld ausstattete - und einer Anleitung, Bomben zu bauen.

Was der IS nicht ahnte: Einige der beschriebenen Chemikalien, die etwa in Haushaltsgeräten enthalten sind, wurden längst gegen weniger gefährliche Stoffe ausgetauscht. Doch am 24. Juli hat Mohammad längst seine Bombe gebaut. Ziel ist ein Musikfestival mitten in Ansbach. Wörtlich überlieferte Chat-Protokolle aus dem Akten der Generalbundesanwaltschaft belegen nun, wie die Befehle lauteten:

Mohammad D. schickt schon Tage vor dem Anschlag ein Foto des Platzes, auf dem das Musikfestival "Ansbach Open" stattfindet und schreibt: "Dieser Platz wird voll von Leuten sein."

Chat-Partner: "Töte sie alle auf einer großen Fläche, dass sie am Boden liegen."

Mohammad D. (am 24. Juli, dem Tag des Anschlags): "Die Party ist bald zu Ende, und es gibt am Eingang eine Kontrolle."

Chat-Partner: "Such dir einen Platz, und tauch in die Menge ein. Durch die Polizei brechen, rennen, und tue es."

Mohammad D. "Bete für mich. Du weißt ja nicht, was gerade mit mir passiert."

Chat-Partner: "Vergiss das Fest, und gehe zum Restaurant. Mann, was ist mit dir los? Ich würde es wegen zwei Personen durchführen. Vertrau Gott, und lauf zum Restaurant los."

"Jetzt erlangst du das Paradies"

Auch im Würzburger Fall spielt Facebook eine wichtige Rolle. Der 17-jährige Riaz A. war ohne seine Familie gekommen. Seine Herkunft ist unklar. Manches deutet auf Afghanistan hin. Heimlich hatte er regen Austausch mit einem IS-Instrukteur. Dessen letzte Botschaft lautete am 18. Juli kurz vor 19 Uhr:  "Jetzt erlangst Du das Paradies."

Dann besteigt der Jugendliche den Zug nach Würzburg und hackt mit einer Axt wahllos auf Fahrgäste ein. Besonders schlimm trifft  es eine Familie aus Hongkong. Auf seiner Flucht in Würzburg-Heidingsfeld verletzt er noch eine Spaziergängerin, bevor er in den Mainauen von einem Spezialkommando der Polizei erschossen wird. In Notwehr, heißt es im Abschlussbericht. Denn auch den Beamten wollte er den "Schädel spalten", wie er zuvor seinem Chat-Partner geschrieben hatte.

Dies war sein letzter Chat:

Chat-Partner: "Mit welchen Waffen beabsichtigst du zu töten?"

Riaz A. antwortet: "Messer und Axt sind bereitgelegt."

Chat-Partner: "Bruder, wäre es nicht besser, es mit einem Auto durchzuführen?"

Riaz A.: "Ich kann nicht Auto fahren."

Chat-Partner: "Du solltest es lernen."

Riaz A.: "Das Erlernen kostet Zeit."

Chat-Partner: "Der Schaden wäre auch erheblich größer."

Riaz A.: "Ich möchte heute Nacht ins Paradies kommen."

Am Tag des Anschlags wurde der Austausch ab 18.34 Uhr intensiver:

Riaz A.: "Hör dir eine wichtige Sache an."

Chat-Partner: "Ja."

Riaz A.: "Bruder, ich sende dir mein Video. Ich werde heute in Deutschland einen Anschlag mit einer Axt unternehmen."

Chat-Partner: "Nicht mit einem Messer. Mach es mit der Axt. Wenn du den Anschlag begehen wirst, so Gott will, wird der Islamische Staat die Verantwortung dafür übernehmen."

Riaz A.: "Ich sende dir jetzt das Video."

Chat-Partner: "Sichere es schnell."

Riaz A.: "Bete, dass ich zum Märtyrer werde. Ich warte jetzt auf den Zug."

Riaz A.: "Fang jetzt an."

Chat-Partner: "Jetzt erlangst du das Paradies."

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