Auf jedem Bild ist „ein vernichtetes Kind“ zu sehen

27.9.2011, 14:23 Uhr
Amtsgericht Erlangen verurteilt 40-jährigen Mann wegen des Besitzens und Verbreitens von pornographischen Bildern

© dpa Amtsgericht Erlangen verurteilt 40-jährigen Mann wegen des Besitzens und Verbreitens von pornographischen Bildern

Die Staatsanwaltschaft, vertreten durch Oberstaatsanwalt Thomas Strohmeier, legte dem Erlanger zur Last, über 14 Monate hinweg in den Jahren 2008/2009 kinderpornographische Bilder und Videos über ein Chatprogramm im Internet empfangen und verschickt zu haben. Bei der Durchsuchung im Haus des Angeklagten wurden auf seinem Laptop über 350 Bilddateien und 17 Videodateien gefunden.

„Nebel lichten“

Für den Angeklagten gab Pflichtverteidiger Lars Kittel die Erklärung ab, dass dieser unvermittelt in einem Chat die Fotos bekommen hat, als er um ein Porträt des Chatpartners gebeten hatte. Auf Nachfrage anderer Nutzer des Programms nach „etwas Jüngerem“ habe er dann aus „Idiotie“ und weil er eine „gutmütige Sau“ sei die Bilder verschickt. Er gestehe aber seine Taten.

Nachdem Richter Pelzl ein typisches Protokoll eines solchen Chats verlesen hatte, bezweifelte er diese Einlassung, da über eine Stunde lang mehrere Sende- und Empfangsvorgänge stattgefunden hätten mit entsprechenden Nachrichten dazwischen. Der Angeklagte solle endlich den „Nebel der Selbstentschuldigungen“ lichten.

Die dem 40-Jährigen vorgeworfene Straftat ist eine der schwersten Kategorie und ist mit einer Mindestfreiheitsstrafe von drei Monaten pro Fall so hart bestraft wie eine gefährliche Körperverletzung.

Alles öffentlich

Der Aufwand des Sichtens, Sortierens und Ordnens der Dateien auf dem Laptop und jederzeitigen Abrufens im Chat zeuge nicht von der Naivität, die der Angeklagte vorgegeben hatte. Sein an den Tag gelegtes Verhalten generiere nämlich erst die Nachfrage nach solchen Fotos. Oberstaatsanwalt Strohmeier hielt dem homosexuellen Berufskraftfahrer eine pädophile Neigung vor, die dieser aber von sich wies.

In seinem Plädoyer würdigte der Oberstaatsanwalt das nicht selbstverständliche Geständnis zu Gunsten des Angeklagten, betonte aber auch, dass darin kein Eingeständnis einer gewissen Neigung erkennbar war.

Zu Lasten des Angeklagten wertete der Anklagevertreter, dass es sich um schwere kinderpornographische Darstellungen handelte und hinter jedem dieser Bilder „ein vernichtetes Kind“ stehe.

Internet vergisst nichts

Erschrocken zeigte sich Strohmeier, dass die Vorgänge alle über ein quasi-öffentliches Chatprogramm stattfanden und es gerade die „Normalos“ ohne Vorstrafen seien, die erst spät ermittelt werden könnten. Er beantragte für die Taten eine Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und vier Monaten, deren Vollstreckung „mit Bauchschmerzen“ aufgrund keinerlei Vorstrafen zur Bewährung ausgesetzt werden könne.

Dafür müsste die Bewährungszeit dann aber vier Jahre betragen. Zusätzlich beantragte er eine Auflage von 3000 Euro an eine gemeinnützige Einrichtung.

Lars Kittel beantragte eine Freiheitsstrafe von neun Monaten in Hinblick auf das Geständnis und das Fehlen pädophiler Neigungen des Angeklagten. Der 40 Jahre alte Mann wollte in seinem letzten Wort nichts sagen.

Richter Pelzl fällte das Urteil von einem Jahr Freiheitsstrafe auf Bewährung und einer Auflage von 3000 Euro an den Kinderschutzbund.

Zu den Urteilsgründen führte der Vorsitzende aus, dass das Internet nichts vergesse und der Angeklagte auch als einzelner Täter eine Nachfrage generiere.

Im Fokus der Polizei

Ob der Angeklagte pädophile Neigungen habe oder nicht, wisse nur dieser selbst. Pelzl legte ihm aber nahe, sich darüber mit professioneller Hilfe klar zu werden und dagegen anzugehen. Denn der Richter will sofort die Bewährung für den Angeklagten widerrufen, wenn weitere Bilder bei dem 40-Jährigen gefunden werden sollten. Der 40-Jährige stehe jetzt im Fokus der Polizei.

Nachdem der Angeklagte und die Staatsanwaltschaft auf Rechtsmittel verzichteten, wurde das Urteil sofort rechtskräftig.

1 Kommentar