Einsatz im Erlanger Rathaus: Mann handelte aus Verzweiflung

17.12.2014, 17:15 Uhr
Einsatz im Erlanger Rathaus: Mann handelte aus Verzweiflung

© Berny Meyer

Der Mann befindet sich in einer Fachklinik, in die ihn die Polizei gebracht hat. Der 31-jährige Mann hatte einen Großeinsatz der Polizei ausgelöst, als er in der Ausländerbehörde mit einem Messer in der Hand angekündigt hatte, seinem Leben ein Ende setzen zu wollen.

Nach der Evakuierung von rund 600 städtischen Mitarbeitern hatten Spezialeinheiten der Polizei das 14-stöckige Gebäude durchkämmt, den Mann aber nicht gefunden. Er hatte unbemerkt das Rathaus verlassen und sich am Abend selbst bei einem Arzt gemeldet.

Der Mann war auf eine Vorladung hin in die Ausländerbehörde gekommen: Er hatte befürchtet, er solle abgeschoben werden. Dabei ging es bei dem Termin nur um Formalitäten, die seinen Aufenthalt betreffen.

Der Druck, unter dem Asylbewerber stehen, ist hoch. „Sie haben oft eine Flucht hinter sich, bei der sie ihr Leben riskiert haben“, sagt Rainer Frisch, Rechtsanwalt und seit Jahren Mitglied der ehrenamtlichen Flüchtlingsbetreuung in Erlangen (EFIE). Die Perspektiven der Flüchtlinge sind höchst ungewiss. Das Leben zwischen dem Hoffen, in Deutschland bleiben zu dürfen, und der Angst, in die Heimat abgeschoben zu werden, in der sie verfolgt wurden, ist belastend. Manche Flüchtlinge müssten sich fast Woche für Woche melden, sagt Lütfiye Yaver, die Vorsitzende des Ausländer- und Integrationsbeirates: „Das zerrt zusätzlich an den Nerven der Flüchtlinge.“ Yaver befürchtet, dass das Verhalten des Mannes, der keinen anderen Menschen bedroht oder verletzt hatte, jetzt instrumentalisiert wird, um Ausländerfeindlichkeit zu schüren.

Hilfe und Unterstützung erfahren die Flüchtlinge durch viele Ehrenamtliche Helfer, die wie Rainer Frisch zum Beispiel in EFIE organisiert sind. Zudem kümmern sich hauptamtliche städtische Flüchtlingsbetreuer. Wichtig für adäquate Hilfe sind Fremdsprachenkenntnisse der Helfer. Die Stadt Erlangen ist in diesem Bereich zurzeit gut aufgestellt. Die Füchtlingsbetreuer sprechen arabisch, russisch, türkisch, mazedonisch, serbisch, englisch und französisch.

Die Stadt engagiere sich in der Betreuung von Flüchtlingen besonders, betont Sozialbürgermeisterin Elisabeth Preuß. Sie begründet dies unter anderem mit der Finanzierung der Flüchtlingsbetreuer. Im Freistaat gilt die Regelung, dass die Anstellung und Bezahlung über einen Wohlfahrtsverband läuft. Dieser erhält 70 Prozent der Kosten für einen Mitarbeiter in diesem Bereich erstattet. 30 Prozent muss in der Regel der Wohlfahrtsverband selbst tragen. In Erlangen gilt im Gegensatz zu vielen anderen Kommunen eine andere Regelung:

Die Stadt übernimmt die Finanzierung der 30 Prozent. Diese Entscheidung beruht auf einem einstimmigen Beschluss des Stadtrates. In Erlangen ist die Arbeiterwohlfahrt (Awo) der Partner der Stadt. Zurzeit gibt es laut Preuß 3,5 Stellen für rund 300 Flüchtlinge.

Dennoch könnte sich Elisabeth Preuß etliche Erleichterungen für Flüchtlinge vorstellen, die ihr Leben verbessern könnten: „Ich wünschte mir“, sagt die Bürgermeisterin, „dass sie nicht mehr in Gemeinschaftsunterkünften leben müssen. Oder dass die Hilfen für Deutschkurse aufgestockt werden.“

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