Erlanger Busfahrer setzte ein Zeichen für Toleranz

15.8.2015, 06:00 Uhr
Erlanger Busfahrer setzte ein Zeichen für Toleranz

© Egbert M. Reinhold

Dabei hatte er nur etwas gesagt, was ihn in diesem Moment aufrichtig bewegte. Er hat die jungen Männer gesehen und sich vorgestellt, wie sehr sie gelitten haben mussten: „I have an important message for all people from the whole world in this bus. I want to say welcome. Welcome to Germany, welcome to my country. Have a nice day.“ (Ich habe eine wichtige Durchsage. Ich heiße Sie willkommen. Willkommen in Deutschland, willkommen in meinem Land. Ihnen noch einen schönen Tag.) Eine wunderbare Geste.

Sven Latteyer ist ein ganz normaler Mensch mit Ecken und Kanten — und Fehlern, aus denen er gelernt hat. In seinem Facebook-Profil ist nämlich zu sehen, dass er am 7. November 2013 eine Veröffentlichung von „Wir alle sind Deutschland“ auf seinem Profil mit „GENAU!!!!!!!!!!€“ kommentiert hat. „Wir alle sind Deutschland“ hatte vor der Kulisse eines Weihnachtsmarktes auf ein Bild geschrieben: „Wir sind Deutsche! Wir feiern Sankt Martin, Weihnachten, Ostern! Und lassen uns das auch nicht untersagen!“

Dann folgt das übliche Geseiere, dass sich die Deutschen nicht vorschreiben lassen wollen, welche Feste sie feiern wollen, und sich das nicht von Einwanderern diktieren lassen wollen. Der anonyme Betreiber dieser Facebook-Seite hat natürlich nichts gegen Ausländer, aber die sollten sich dem Land anpassen und nicht das Land ihnen. Das hat zwar auch niemand verlangt, aber Fremdenfeindlichkeit hält sich nicht an Tatsachen, sondern braucht Verschwörungstheorien.

Ein zwei Jahre altes "Gefällt mir"

Die Facebook-Seite erlaubt aber auch einen Blick darauf, wie subtil inzwischen die rechten Rattenfänger ihre Botschaft unters Volk bringen wollen. Manch einer, so wie Sven Latteyer, bleibt an diesen Botschaften kleben. Mancher, so wie Sven Latteyer, kann sich aber von diesem Klebstoff lösen und die braunen Rattenfänger hinter sich lassen. Dass er dann vergisst, in seinem Facebook-Profil dieses fast zwei Jahre alte „Gefällt mir“ zu löschen, ist menschlich.

Das Bundesamt für Migration schreibt übrigens unter der Überschrift „Willkommen in Deutschland“: „Wenn Sie in Deutschland leben, sollten Sie schnell Deutsch lernen. Das ist wichtig, um neue Menschen kennen zu lernen, sich im Alltag zu verständigen und Arbeit zu finden.“

Sven Latteyer ist mit Sicherheit kein Fremdenfeind, sein Schwager ist aus dem Krieg im Kosovo nach Deutschland geflohen. Sven Latteyer ist aber auch kein Held, er hat nur ausgesprochen, was viele Menschen in diesem Land denken. Manchmal genügt aber nur eine Geste, um Menschen tief zu berühren.

Der 42-Jährige wäre froh, wenn der mediale Rummel um seine Person schnell zu Ende wäre: „Am liebsten sollte gleich damit Schluss sein.“ Er hat Interviews im Radio gegeben, er hat Zeitungen und Magazinen immer wieder die gleiche Geschichte erzählt, die von Menschlichkeit handelt.

Wir alle sind Deutschland. Ein Volk, das seit 70 Jahren in Frieden lebt und seit 25 Jahren in Einigkeit. Deutschland ist positiv und hat viel Kraft. Die Deutschen haben ihre Nazi-Vergangenheit aufgearbeitet. Es hat zwar ein bisschen gedauert, aber die Aufarbeitung der Nazi-Diktatur hat nichts ausgelassen.

In Erlangen leben Menschen aus „fast 150 Nationen“ friedlich miteinander; in keiner anderen Stadt Deutschlands ist die Integration der Menschen aus aller Herren Länder besser gelungen. Die Stadt lebt jeden Tag Weltläufigkeit und Toleranz, der in Erlangen geborene Sven Latteyer hat dies eindrucksvoll gezeigt.

Wenn jetzt im Rathaus jemand auf die Idee käme, dieses friedvolle Miteinander von Erlangen aus ins ganze Land zu exportieren, hätte wahrscheinlich niemand etwas dagegen. Es könnte nämlich auch ein ganz starkes Signal gegen die braunen Brandstifter werden.

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