Poetenfest ging mit politischen Kontroversen zu Ende

1.9.2013, 18:54 Uhr
Insgesamt 13.000 Besucher kamen zum Poetenfest nach Erlangen.

© Bernd Böhner Insgesamt 13.000 Besucher kamen zum Poetenfest nach Erlangen.

Woll- statt Picknickdecken waren am letzten Tag des Poetenfests angesagt. Moderatorin Verena Auffermann zog sich gar ein Paar Handschuhe über. Doch trotz frischer Temperaturen schwächelten die Literaturfreunde nicht und strömten wieder fleißig auch zu den Open-Air-Lesungen in den Schlossgarten.

Das Erlanger Poetenfest entwickelt sich immer mehr zu einem Wunschkonzert für Anbieter und Gäste. Neben dem eigentlichen Literaturbetrieb gibt es mittlerweile einen ganzen bunten Strauß an Neben- und Parallelveranstaltungen: Ausstellungen, Kino, Impro-Jazz, Tanz mit DJs, eine Kunstbuch-Schau, Performances, Open Air Poetry Slam.

"Wer vieles bringt, bringt manchem etwas" lautet die Devise. Und wer dies jetzt als Kritik versteht, liegt falsch: Die vielen Angebote rund um das gedruckte und gesprochene Wort, um das Gezeigte und Gezeichnete, ums Gespielte und Spielerische kommt als süffige Melange gut an, weil Festival-Leiter Bodo Birk alle Teile zu einem Ganzen, zu einem Gesamtkunstwerk zusammenzufügen versteht.

Schließlich ist auch der chinesische Dissident und „Staatsfeind“ Liao Yiwu Gast - selbst der Stand von amnesty international kein Fremdkörper, zumal die Erlanger Gruppe mit dem aserbeidschanischen Fotoreporter und Menschenrechtler Mehman Huseynov sowie den Bloggern und Fotografen Mohammad Hassan Sayef und Hussein Habib aus dem arabischen Königreich Bahrein Folter-Fälle aufgreift, die ihre Kolleginnen und Kollegen auf dem Poetenfest direkt interessieren müssen.

In diesem Jahr stark eingebunden war das Palais Stutterheim, das sich zur Bühne und zur Requisite gemausert hatte. Installationen im Bürgersaal, eine Bild-Text-Ausstellung in der Stadtbibliothek, Lesungen mit Tanzmusik bis spät in die Nacht im Innenhof, und natürlich die „Zeit“-Ausstellung von Kirstine Roepstorff im Kunstpalais - im Palais ging es zu wie im Bienenhaus.

Ein launiges Experiment gab es in den Glockenlichtspielen zu bestaunen: Der Skandal um den Suhrkamp-Verlag wurde zur Klamotte um den „Superverlag“. Ein Spaß für alle, die nach einem langen Literatur-Tag noch Lust auf ein fingiertes Aufeinandertreffen der Oberstreithähne in dieser ach so tragikomischen Auseinandersetzung hatten.

Und natürlich bewährten sich die fünf klassischen „Spielstätten“: das Markgrafentheater mit seiner großzügigen Intimität, der eher nüchterne Redoutensaal, das zur Konzentration erziehende Garagentheater, die lichte Orangerie, und die ganz große „Bühne Schlossgarten“.

Schön zu sehen, wie die zahlreichen bequemen Sitzmöbel okkupiert wurden, beliebte Anlaufstellen aber auch die gastronomischen Angebote - besonders begehrt war das Modegetränk der Saison, der Hugo. Aufmerksam belauscht aber auch das Duo Johannes Enders am Tenorsaxofon und Klaus Treuheit am Flügel, die die Lesungen ein- und ausklingen ließen und die Aufmerksamkeit des Publikums schon ein wenig aus dem Mittagsschlaf holten.

Gar nicht erst zum Mittagsschlaf eingelullt wurden die Gäste der beiden politischen Diskussionen am Sonntagmittag. „Wie zukunftsfähig ist unsere Demokratie?“ fragte Moderator Wilfried F. Schoeller im Redoutensaal und löste (fast) ein Kanzlerinnen-Bashing aus, in der Orangerie machte der emeritierte Staatsrechtsprofessor Peter-Alexis Albrecht aus seinem Herzen keine Mördergrube und warf zwei Fragen auf, die nach Antworten (in der Politik?) suchen:

Wie lange dürfen öffentlich-rechtliche TV-Sender mit den Zwangsgeldern ihrer Zuschauer diesen weiterhin „endlosen Schrott“ vorsetzen? Und warum befreit sich die deutsche Politik nicht aus dem mit den USA gemeinsam geführten Krieg, um die Dominanz eben jener Weltmacht zu verteidigen? Fehlt es den deutschen Politikern an Mut?

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