Wunsch nach Uni-Ableger und seine Folgen für Erlangen

29.12.2017, 11:00 Uhr
Wunsch nach Uni-Ableger und seine Folgen für Erlangen

© Harald Sippel

Wer über die Universität schreibt, dem gehen die (spannenden) Themen nie aus: Im vergangenen Jahr berichtete ich an dieser Stelle über das Millionengrab Chemikum, das es durch die kritische EN-Berichterstattung bis ins Schwarzbuch des Bundes der Steuerzahler Bayern brachte — eine zweifelhafte "Ehre", die gottlob eine Ausnahme in der Wissenschaftslandschaft darstellt.

Als beispiellos darf man sicher auch die (Hochschul)-Posse rund um die Erweiterung der Technischen Fakultät ("TechFak") der Friedrich-Alexander-Universität (FAU) bezeichnen: Was vor einigen Jahren als Suche für einen Ableger der Erlanger Hochschule begonnen hatte, ging Mitte 2017 mit der Gründung einer eigenständigen Universität in Nürnberg zu Ende.

Dazwischen lagen Pleiten, Pech und Pannen, die nicht nur einen rückblickenden Artikel, sondern eine gesamte Jahreschronik problemlos füllen könnten. Dabei lässt sich die Geschichte recht gut halbieren: Im ersten Teil suchten immerhin gleich drei CSU-Minister engagiert, aber erfolglos nach einem geeigneten Ausweichareal.

Die Bilanz der Bemühungen von Ludwig Spaenle (Wissenschaft), Markus Söder (Finanzen) und Joachim Herrmann (Innen und Bau) fiel, gelinde gesagt, mager aus.

Nicht genug damit, dass nach dem geplatzten Umzug in den Nürnberger Westen auf das AEG-Gelände sich mit Ulrich Maly (Nürnberg) und Florian Janik (Erlangen) zwei SPD-Oberbürgermeister mit verschiedenen Areal-Angeboten gegenseitig Konkurrenz machten. Auch nicht korrekte Angaben zu den Standorten sorgten für Irritationen.

Das wurde dann Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) zu bunt, der die Angelegenheit zur Chefsache machte und damit seine Unzufriedenheit mit der Leistung der Ressortchefs kaum verhehlte. Dass diese Neuigkeit (ausgerechnet) der in Erlangen lebende Ressortchef Herrmann fast nebenbei bei der Einweihung eines neuen Wohnheimes auf dem Südgelände, verkündete, mag Zufall sein.

Fakt ist: Mit diesem Machtwort nahm der Geschichte zweiter Teil seinen Lauf. Im Juni folgte der nächste Paukenschlag: Nürnberg, so verkündete Seehofer, bekommt aller Voraussicht nach an der Brunecker Straße eine eigene Uni mit Lehrstühlen für zukunftsweisende Technologien.

Doch ist das überhaupt nötig? Es gibt viele Gründe, die gegen diese doch recht eigenwillige Entscheidung sprechen. So ist die FAÚ, die schließlich Erlangen-Nürnberg im Namen trägt, bereits eine Voll-Universität. Überall werden Verwaltungen zusammengelegt, in Nürnberg baut man eine eigene auf — und nutzt damit nicht Synergieeffekte, sondern schafft Konkurrenz. Zudem wären gerade die Disziplinen, die in die große Nachbarstadt kommen sollen, wie Mobilität der Zukunft, Energieforschung und Leistungselektronik auch an der TechFak gut untergebracht, da entsprechende Forschungszweige dort bereits vorhanden ist.

Nähe zu Forschungszentren

Außerdem braucht man auch für die Umsetzung klassische Ingenieurswissenschaften, wie sie die FAU vorbildlich besitzt. Nicht zuletzt hat sich die räumliche, inhaltliche und personelle Nähe in Erlangen zu Forschungszentren und Firmen wie dem Fraunhofer-Institut, dem Max-Planck-Institut und Siemens über die Jahre hinweg als Glücksfall erwiesen.

Ein Punkt, der stets Teil der ursprünglichen Verlagerungspläne war, spielt sogar keine Rolle mehr: Die Erziehungswissenschaftliche Fakultät bleibt in Nürnberg. Das ist ein weiterer Wermutstropfen, denn die Lehrerausbildung wäre in Erlangen gut aufgehoben gewesen.

Jetzt dürfte die Änderung die angepeilte Zentrierung der Geistes- und Sozialwissenschaften im sogenannten Himbeerpalast der Siemens AG etwas durcheinander bringen. Der Umzug der angehenden Pädagogen aus Nürnberg war einst auch Teil der groß angelegten "Vision FAU 2030" gewesen. Von den Ideen, die der frühere FAU-Präsident, Prof. Karl-Dieter

Grüske, 2014 für den Uni-Umbau vor Augen hatte, ist jedoch kaum etwas übriggeblieben. Denn wenn nun Nürnberg die eigene Uni kriegt, ist das eigentliche Ziel, nämlich die Raumsituation in Erlangen zu lösen, lange nicht erreicht.

Frage des Geldes

Im Gegenteil: Noch gibt es keine endgültigen Konzepte, wie und wo sich die TechFak vergrößern lässt. Zwar hat der Erlanger Stadtrat Flächen auf dem Südcampus und an der Äußeren Nürnberger Straße bestimmt. Damit aber dürfte es dann genau das Stückwerk geben, das bei der Erweiterung doch vermieden werden sollte.

Fraglich bleibt auch, wie viel Geld der Freistaat für Erlangen, die TechFak und etliche marode Gebäude noch übrig hat, wenn er rund eine Milliarde Euro in die neue Nürnberger Hochschule investiert?

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