Erlanger hievt sich in den Kletter-Olymp

7.5.2014, 14:55 Uhr
Erlanger hievt sich in den Kletter-Olymp

© Jorgos Megos

„Kleines Zebra“ und „Wallstreet“: Die Namen vieler Aufstiegslinien an den Felswänden im Frankenjura wirken oft bizarr. Bei der Bezeichnung „Action Directe“ wurde angeblich Bezug auf die gleichnamige französische Terrorgruppe genommen: Die Route am Waldkopf im Grenzgebiet Mittelfranken-Oberpfalz gilt als ultrabrutal.

Bei der nicht sehr langen, aber extrem anspruchsvollen Passage handelt es sich um die weltweit erste im glatten elften Schwierigkeitsgrad. Seit der Erstbegehung im Jahr 1991 durch die Kletterlegende Wolfgang Güllich haben sich Kletter-Champs aus aller Herren Länder an den scharfen und weiten Fingerloch-Zügen die Zähne ausgebissen. „Action Directe“ ist zum Gradmesser in diesem Sport geworden und bis heute ein Klassiker unter den Top-Linien geblieben.

Kraft im Finger

Charakteristisch ist gleich zu Beginn der Sprung aus einem Einfingerloch in ein scharfes Zweifingerloch im 45 Grad überhängenden Fels. Bis vor kurzem sind nur 16 Kletterer oben am Waldkopf angekommen. Um sich der Herausforderung zu stellen, waren sie nicht nur aus vielen europäischen Ländern angereist, sondern auch aus Japan, Russland und den USA.

Seit dem vergangenen Wochenende gehört auch Alexander Megos (20) zum erlesenen Kreis der Bezwinger. Der junge Erlanger sorgt seit Jahren in der Szene für Furore und ist mittlerweile zur Weltspitze hochgeklettert.

„Die ,Action Directe‘ habe ich mir schon vor einiger Zeit vorgenommen, aber mich aus Respekt vor der Historie ein wenig davor gedrückt“, erzählt der 20-Jährige. Der Waldkopf liege zwar in seinem Trainingsgebiet, dem Frankenjura, sei aber „etwas ganz Spezielles: Es ist eben die weltweit bekannteste Route“.

Mitte der Woche habe er zusammen mit seinen beiden Trainern beschlossen, die überhängende Felswand anzugehen. Am Samstag stieg Megos bei akzeptablen Bedingungen — es war trocken, aber relativ kalt — nach ausgiebigem Aufwärmprogramm in die legendäre Route ein — und stand zwei Stunden und wenige Versuche später auf dem Gipfel des Waldkopfs.

Es war nicht der erste Erfolg des Erlangers, den seine Eltern schon als sechsjährigen Buben zum Klettern in die Fränkische Schweiz mitgenommen haben. Im vergangenen Jahr schaffte Megos, was vor ihm noch niemandem gelungen war: Er durchstieg in Spanien mit der Felswand El Pati einen Sektor der höchsten Schwierigkeitsstufe onsight, also intuitiv und ohne detaillierte Vorbereitung. Nicht viele Routen auf der ganzen Welt sind schwieriger.

„Bei ihm funktioniert irgendwie die Gravitation nicht“, sagt Anna Megos scherzhaft über ihren Sohn. Bei der Suche nach Griffen und der optimalen Linie am Felsen habe Alex ein phänomenales Gespür. Seine Trainer loben Athletik und mentale Stärke ihres Zöglings, der sich momentan ausschließlich aufs Klettern konzentriert.

Australien, Griechenland, Spanien, die Schweiz: Megos kommt zurzeit viel herum. Dabei wirkt er bescheiden, gar nicht wie jemand, den man 2013 für den Salewa Rock Award nominierte — den Oscar der Kletterwelt.

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