"Film manipuliert": Sektenguru von Lonnerstadt vor Gericht

27.7.2014, 06:00 Uhr
Der Angeklagte Gerhard L. (links) und seine Frau Susanna B. machen der Journalistin Beate Greindl schwere Vorwürfe.

© dpa Der Angeklagte Gerhard L. (links) und seine Frau Susanna B. machen der Journalistin Beate Greindl schwere Vorwürfe.

Im Sitzungssaal 128 des Landgerichts Nürnberg-Fürth werden gegen Freitagmittag die Vorhänge zugezogen. Über einen Beamer wird allen Prozessbeteiligten und den Zuhörern im Saal der Film „Sektenkinder – zum Dienen geboren“ gezeigt, der die ganze Debatte um die sogenannten Sektenkinder von Lonnerstadt überhaupt erst ins Rollen brachte. Die Journalistin Beate Greindl hatte in der WDR-Dokumentation aus dem Jahr 2012 „Sektenguru“ Gerhard L., seine Lebensgefährtin und eine Familie gezeigt, die einer spirituellen Gemeinschaft namens „Neue Gruppe der Weltdiener“ angehören.

Die Erziehungsmethoden werden in dem Beitrag heftig kritisiert. So mussten demnach die Kinder schon in aller Frühe aufstehen, um zu meditieren, bekamen nicht genug zu Essen und waren nicht krankenversichert. Spielen mit Gleichaltrigen und Kontakt zu den Großeltern seien ebenfalls verboten gewesen. Mittlerweile leben die drei Kinder im Heim, den Eltern war im vergangenen Jahr das Sorgerecht entzogen worden.

WDR-Dokumentation soll viele Lügen enthalten

Nach Meinung des Verteidigers von Gerhard L. weise der Film jedoch zahlreiche „manipulatorische Unwahrheiten“ auf. So habe die Journalistin in dem Beitrag Lügen verbreitet und Filmsequenzen aus dem Zusammenhang gerissen. Die Kinder seien nie zum Meditieren gezwungen worden, erklären die Angeklagten und auch der Vater, der in den Zeugenstand gerufen wird. Die positiven Aspekte ihres Lebens würden nicht erwähnt.

Auch hätten die Kinder zum Arzt gehen dürfen, wenn etwas „Dramatisches wie ein Beinbruch“ passiert wäre. Gerhard L.s Verteidiger, Axel Graemer, wirft der Journalistin zudem vor, gegen den Pressekodex verstoßen zu haben: Greindl habe nur deshalb einen Einblick in das Leben der Gruppe erhalten, weil sie Gerhard L. falsche Tatsachen vorgespiegelt habe.

Zum Beweis liest Graemer E-Mails vor, die die Journalistin an den „Guru“ schickte. Darin schreibt sie, dass sie selbst meditiere und von der spirituellen Lebensweise der „Weltdiener“ fasziniert sei. Die Dokumentation solle „Lichtsuche der Kinder“ heißen, schrieb Greindl.

Auch ein psychiatrischer Sachverständiger kommt zu Wort. Er hat die beiden Angeklagten untersucht. Vor Gericht sagt er aus, dass weder Gerhard L. noch Susanna B. irgendeine psychische Störung aufweisen würden, die eine verminderte Straffähigkeit oder eine psychiatrische Unterbringung rechtfertigten. Beide verfügten einfach über eine andere Lebenseinstellung als die meisten Menschen, sagt der Gutachter. Der Prozess wird fortgesetzt.

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