Kita-Streik: Betreuung der Kleinen ist oft ein Drahtseilakt

18.5.2015, 20:00 Uhr
Kita-Streik: Betreuung der Kleinen ist oft ein Drahtseilakt

© Foto: A. Tsimplostefanaki

Emilia, Nisa und Helena sitzen im Halbkreis und tüfteln – die drei Vorschulkinder bauen aus Holzbausteinen einen Bauernhof. „Mit Hasenstall“, betont Emilia. Eigentlich spielen die drei eher selten zusammen, erzählen sie. „Aber Emilias Freundin ist heute nicht da“, sagt Nisa. „Und Nisas Freundin auch nicht, und meine auch nicht“, ergänzt Helena. Warum? „Na, es ist doch Streik“, meint Nisa.

Bezugsperson dabei

Die drei Mädchen gehen in den Sattlertorkindergarten. Trotz Streik hat die Einrichtung diese Woche geöffnet, weil die Stadt hier Notgruppen für diejenigen eingerichtet hat, deren Eltern keine Ersatzbetreuung organisieren konnten. Drei Gruppen wurden gebildet, eine für die Sattlertor-Kinder, eine für die Kinder des Gerhardinger Kinderhauses und eine für die, die sonst die Kersbacher Kita oder den Carl-Zeitler-Kindergarten besuchen. Damit sich die Kleinen nicht allzu fremd vorkommen, sind aus jeder Einrichtung ein oder zwei Erzieherinnen dabei. Rund 50 Kinder wurden von ihren Eltern am Morgen gebracht.

Kita-Streik: Betreuung der Kleinen ist oft ein Drahtseilakt

© Fotos: Athina Tsimplostefanaki

„Als wir um 7.30 Uhr begonnen haben, hatten wir in jeder Gruppe eine Bezugsperson, die die Kinder kennt“, erklärt Heike Rödel, Erzieherin im Sattlertorkindergarten. „Kein einziges Kind musste weinen.“ Für die meisten sei es eher ein Abenteuer, die Räume und die anderen Spielsachen zu entdecken.

Kein Entgegenkommen

Eine, die am Morgen den Sattlertorkindergarten zum ersten Mal betreten hat, ist Zoe, die Tochter von Beate Klinner. Die Fünfjährige geht ins Gerhardinger Kinderhaus. Eine Woche lang schnuppert sie nun den Alltag der anderen Einrichtung. „Mit zwei Freundinnen, damit sie sich nicht so allein fühlt“, erklärt ihre Mutter. Die Entscheidung, ihr Kind für die Notgruppe anzumelden, sei ihr nicht leicht gefallen, sagt Beate Klinner: „Es wäre mir lieber gewesen, wenn es auch bei uns – in der gewohnten Umgebung der Kinder — eine Möglichkeit gegeben hätte.“ Es seien sowieso zwei Erzieherinnen aus dem Gerhardinger Kinderhaus in der Sattlertor-Notgruppe eingebunden. Außerdem hätten dann auch die Krippenkinder – für die es wegen der ungewohnten Umgebung keine Ersatzbetreuung gibt — in die Krippe gehen können. „Ich hätte mich auch privat eingebracht und mein Arbeitgeber, die Awo, hätte sogar eine Erzieherin für diese Zwecke frei gestellt“, sagt Beate Klinner.

Doch von Seiten der Stadt habe sie wenig Entgegenkommen gespürt. „Das wird dort alles sehr bürokratisch gesehen. “ Vor allem an der Frage der Versicherung scheiterte das Vorhaben der engagierten Mutter. Die will ihr Angebot dennoch aufrecht erhalten, falls der Streik fortgesetzt werden soll.

 

Keine Notgruppe in Hausen

Für den Streik ist auch Sacha Bauer, Vater der dreijährigen Hanna aus Hausen. Auch dort bleibt die Kita in dieser Woche geschlossen. Und anders als in Forchheim und Bammersdorf gibt es hier keine Notgruppe. Kurzerhand haben die Eltern das selbst in die Hand genommen. Der Elternbeirat hat Listen ausgehängt, um den Bedarf für eine Ersatzbetreuung zu eruieren. „Eingetragen hat sich keiner. Im Gegenteil, manche haben sich zusätzlich angeboten, andere Kinder zu betreuen“, erklärt Sacha Bauer, der Vorsitzender des Elternbeirates ist. So organisieren auch er und seine Frau Silvia die Betreuung für Hanna.

Gelegentlich treffen sie sich mit Sabine Singer, einer anderen Kita-Mutter. Sie hat an einigen Tagen in dieser Woche die Betreuung für die Geschwister Tjorben und Finja übernommen. Zusätzlich zu ihren eigenen Kindern Hanna und Daniel. „Weil ich noch in Elternzeit bin, ist das für mich zum Glück kein Problem“, sagt sie. Und wenn die Kinder jemanden zum Spielen haben, seien sie ausgeglichener. „Eine Woche nur mit mir, da würde ihnen viel zu schnell langweilig“, findet sie. Auch sie unterstützt die Forderungen der Kita-Erzieherinnen. Das will sie auch zeigen und hat sich für den Abend vorgenommen, zur Demo auf den Rathausplatz zu gehen. So wie auch Sacha Bauer und viele andere Mütter und Väter.

Das gellende Konzert der Trillerpfeifen war unüberhörbar, mit dem etwa 350 Erzieherinnen auf ihrem Demonstrationszug vom Strecker- zum Rathausplatz auf sich aufmerksam machten. Bis aus Rödental bei Coburg und aus Kronach waren die Frauen gekommen, um in Forchheim der „Geiz-ist-Geil-Mentalität“, so eine Demo-Teilnehmerin, den Kampf anzusagen. „Kinder sind unsere Zukunft“ , „individuelle Förderung statt Massenabfertigung“ forderten sie auf Transparenten und sangen: „Die Zeit ist da für ein Nein“.

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