Ruf nach mehr Bauland in Fürth weckt Zweifel

15.1.2016, 06:00 Uhr
Ruf nach mehr Bauland in Fürth weckt Zweifel

© Archivfoto: Anestis Aslanidis

Wie berichtet, hatte Rathauschef Thomas Jung kurz vor Weihnachten mit der Ankündigung aufhorchen lassen: Weil sich die ohnehin immense Nachfrage vor allem nach günstigem Wohnraum weiter verschärfen werde, wenn nun auch noch anerkannte Asylbewerber hinzu kommen, müsse man nach neuen Baugebieten Ausschau halten. Jung will in Kürze damit beginnen, den Flächennutzungsplan (FNP) nach entsprechenden Optionen zu durchforsten. Im FNP legt die Kommune fest, wie Grund und Boden verwendet werden darf.

„Wir werden Grenzen sprengen müssen“, sagt Jung und will vor allem in städtischen Randlagen Möglichkeiten schaffen. Etwa 150.000 Quadratmeter, so viel wie das Reichsbodenfeld bei Unterfürberg, benötigt man laut Stadt. Im Lager der Naturschützer löst das Erstaunen aus, denn auch dort hat man gerechnet und ist zur Erkenntnis gelangt: Vor zehn Jahren, als der FNP das letzte Mal grundlegend überarbeitet wurde, habe die Stadt den 950.000 Quadratmetern damals noch freier Wohnbaufläche weitere 600.000 hinzugefügt.

Davon sei sicherlich „ein Teil zwischenzeitlich bebaut“, räumt Fürths BN-Vorsitzender Reinhard Scheuerlein ein. „Ein Drittel bis die Hälfte“ aber, schätzen er und seine Mitstreiter, müsse jedoch noch verfügbar sein – also ein Mehrfaches jener 150.000 Quadratmeter, die der OB nun als Bedarf ins Gespräch bringt.

Leider seien derartige Berechnungen nur auf dem Papier richtig, entgegnet Dietmar Most, Leiter des Stadtplanungsamts, auf Nachfrage der FN. Der Realität halten sie, wie er versichert, nicht stand, denn viele Flächen seien zwar sehr wohl als Bauland deklariert – aber faktisch doch nicht verfügbar.

Landwirte etwa wollen Ackerflächen erhalten, um ihren Betrieb weiterführen zu können, private Grundeigentümer möchten das wertvolle Bauland vererben oder aber sind untereinander zerstritten und können sich deshalb nicht auf einen Verkauf einigen.

Wieder andere Areale kommen nicht mehr in Frage, weil, so Most, „die Anforderungen an Umwelt- und Emissionsschutz immer höher werden“. Wie im Fall des stattlichen, einst geplanten Baugebiets Oberfürberg-Nord: Nahe der Bahnlinie gelegen, musste es 2015 wegen neuer, strengerer Lärmschutz-Anforderungen ad acta gelegt werden.

Sensible Bereiche bleiben tabu

Etwa 400.000 Quadratmeter im Stadtgebiet, überschlägt Most, wären unter Umständen „perspektivisch in den nächsten Jahren“ verfügbar. Sofort aber, wie es der aktuelle Bedarf erfordere, könne man nur einen geringen Teil der im FNP ausgewiesenen Flächen entwickeln. Deshalb gelte es jetzt, Areale ausfindig zu machen, die zwei Kriterien erfüllen: Zum einen müssen sie die Eigentümer rasch verfügbar machen, zum anderen dürfen keine langwierigen Infrastrukturmaßnahmen im Weg stehen – wie der Bau aufwendiger Kanäle.

Folglich, so Most und Jung, suche man auch ausschließlich Grundstücke, die sich an bereits bestehende Siedlungen anschließen. Und: Hochsensible Bereiche wie Stadtwald, Talauen und das „Kerngebiet des Knoblauchslands“ bleiben weiterhin tabu, wird erneut betont.

Letzteres hört man beim Bund Naturschutz gern, alles andere dürfte die Zweifel kaum gänzlich beseitigen. Bevor neue Bauflächen ausgewiesen werden, fordert der BN „eine saubere und tiefgehende Analyse der Entwicklung der letzten zehn Jahre und des vorhandenen Potenzials“.

Ihre Argumente werden die Kritiker auch in die nun beginnende Diskussion einbringen können, verspricht unterdessen der Rathauschef. Zur „Auftaktveranstaltung“, einer Diskussion im Bauausschuss Anfang Februar, wird neben anderen Interessenvertretern auch der Bund Naturschutz eingeladen.

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