Was tut die Stadt Fürth gegen den Stellplatzmangel?

6.6.2018, 16:30 Uhr
Was tut die Stadt Fürth gegen den Stellplatzmangel?

© Fotos: Hans-Joachim Winckler

In der Gebhardtstraße soll ab 2020 eine Quartiersgarage mit 500 Parkplätzen zur Verfügung stehen. Kommt die erste städtische Initiative dieser Art nicht etwas spät?

Im Baureferat weist man diesen Vorwurf zurück. Grundsätzlich sei es nicht Aufgabe der Stadt, Parkraum für private Bauvorhaben und deren Autohalter zur Verfügung zu stellen, sagt Baureferentin Christine Lippert. Gefordert seien der Bauherr und die Bewohner: Der Bauherr sei verpflichtet, Stellplätze in der Nähe seiner Immobilie herzustellen; die genaue Zahl gibt die städtische Stellplatzsatzung vor. Der Autobesitzer wiederum müsse sich um einen Platz "in Form von Miete oder Kauf kümmern". "Wir erleben es leider immer wieder, dass die Neigung, Stellplätze zu mieten oder zu kaufen, nicht sehr weit verbreitet ist", sagt Lippert.

Das Parkhaus in der Gebhardtstraße, gibt sie zu bedenken, sei auch nicht nur für Anwohner gedacht, es solle auch Firmen und Besuchern der Innenstadt dienen. Seit längerem gebe es zudem private Parkhäuser, in denen Anwohner Stellplätze mieten können: etwa bei Saturn, am Thermalbad und bei der Comödie.

 

Besonders schwierig ist die Parkplatzsuche in der Südstadt, am Stadtpark und in der westlichen Innenstadt. Ist vorstellbar, hier auch Quartiersgaragen zu errichten?

"Uns ist bewusst, dass hier große Parkraumdefizite bestehen", sagt Lippert. Die Nachfrage nach Stellplätzen im öffentlichen Raum sei in diesen Vierteln sehr hoch, weil es dort viele Altbauten gibt, die in einer Zeit errichtet wurden, als noch niemand an eine Stellplatzsatzung dachte. Die Massenmobilisierung begann erst in den 50er Jahren. Anders als heute mussten Bauträger früher keine Stellplätze nachweisen.

Der Mangel verstärkt sich, wenn in der Nähe neuer Wohnraum entstanden ist. Denn von Bauträgern wird oft ein Stellplatz pro Wohnung verlangt, viele Familien haben aber zwei Autos.

Lippert sagt deshalb zum Thema Quartiersgaragen: "Wenn es der Stadt gelingt, hier geeignete Grundstücke zu erwerben und ausreichend Bereitschaft erkennbar ist, Stellplätze zu mieten, könnten weitere Projekte folgen." Jedoch seien die beiden Voraussetzungen nicht leicht zu erfüllen.

 

Wie viele Stellplätze muss ein Bauträger eigentlich schaffen?

Geregelt ist das in der städtischen Stellplatzsatzung, die zuletzt 2015 geändert wurde. Für Wohnungen mit einer Wohnfläche von weniger als 130 Quadratmetern wird ein Stellplatz verlangt, bei größeren Einheiten werden – wie bei Einfamilienhäusern – zwei Stellplätze fällig. Bei geförderten Mietwohnungen ist ein Stellplatz für je zwei Wohnungen nötig. Die geforderten Stellplätze können nicht auf öffentlichem Grund nachgewiesen werden.

 

Was ist, wenn der Bauträger sich nicht in der Lage sieht, alle geforderten Stellplätze zu schaffen?

Er muss dann eine Ablöse zahlen. Im Stadtgebiet verlangt die Kommune 10.000 Euro pro Stellplatz (bei Baudenkmälern 6000 Euro).

Dieses Geld darf das Rathaus ausschließlich für die Schaffung von Parkraum verwenden. Wenn Stellplätze vor Ort dringend nötig sind, kann die Stadt diese Ersatzlösung auch ablehnen.

 

Wie viele Stellplätze wurden seit 2010 abgelöst? Was ist mit dem Geld passiert?

Lippert zufolge wurden in den letzten acht Jahren 268 Stellplätze abgelöst – pro Jahr also 34. Das sei eine "relativ geringe" Zahl, meint sie. Die Summe, die bisher zusammenkam, wird zu einem großen Teil in die Quartiersgarage in der Gebhardtstraße fließen. Deren Kosten wurden zuletzt auf 6,6 Millionen Euro geschätzt.

 

Hätte es sich nicht angeboten, auf dem Tucher-Areal etwas weniger Wohnraum und dafür eine Quartiersgarage für die Südstadt zu schaffen? Auch die Händler hier beklagen fehlende Parkplätze.

Dabei handle es sich um eine private Fläche, so Lippert, die Stadt hatte hier kein Eigentum.

 

Nehmen wir die Beispiele Tucher-Areal und Herrnhöfe in der Südstadt: Wie viele Wohnungen sind hier entstanden – und wie viele Parkplätze?

Die Zahlen fürs gesamte Tucher-Areal konnte das Baureferat "so kurzfristig" (binnen einer Woche) nicht liefern. Die Firma P & P hat nach eigenen Angaben hier etwa 70 Wohnungen fertiggestellt und errichtet gerade weitere 250. In den Tiefgaragen entstehen "zirka 350 Plätze". Eine Ablöse habe man nicht gezahlt. Die Firma Bauhaus, Liebe & Partner hat nach eigenen Angaben 79 Wohnungen und 84 Stellplätze (ober- und unterirdisch) geschaffen und keine Ablöse gezahlt. Andere Bauträger haben die Anfrage der FN noch nicht beantwortet.

Bei den Herrnhöfen hat die Firma Project Immobilien 125 Eigentumswohnungen und 141 Tiefgaragen-Stellplätze errichtet (keine Ablöse).

Die Bauträger machen die Erfahrung, dass die meisten Käufer einen Stellplatz pro Wohnung kaufen. Einige hatten Interesse an zwei Plätzen, so Project Immobilien, den Wunsch konnte man nicht allen erfüllen. P & P weist darauf hin, dass inzwischen jüngere Käufer oft kein Auto haben und keinen Stellplatz erwerben möchten.

 

Immer wieder kam die Stadt Fürth Bauträgern entgegen. Wie will man den Parkplatzmangel lindern?

Zwei Beispiele: In der Innenstadt gilt für Firmen seit 2013 ein "Stellplatzrabatt": Investoren müssen 25 Prozent weniger Plätze schaffen, als eigentlich vorgeschrieben. Damit will man Läden anziehen. Und im Fall des geplanten Hotels an der Stadthalle verzichtet die Stadt auf fast 100 Stellplätze bzw. die Ablöse (rund eine Million Euro), indem sie die alte Satzung anwandte und nur 50 statt 148 Stellplätze forderte. Zudem gestattet die Stadt es, dass diese Stellplätze für Hotel-Gäste in der Stadthallen-Tiefgarage nachgewiesen werden - obwohl die jetzt schon oft voll belegt ist und die Warteliste von Anwohnern, die dort einen Dauerparkplatz mieten möchten, lang ist.

Lippert betont dazu: Manche Städte wie Hamburg haben die Stellplatzssatzung bereits abgeschafft, um es Investoren zu erleichtern, Wohnraum zu schaffen. Fürth halte aber an der Stellplatzsatzung fest. Das geplante Parkhaus in der Gebhardtstraße sei ein weiterer Baustein.

Gleichzeitig sei sie überzeugt, dass sich Mobilität wandelt: Man sei bemüht, den Öffentlichen Personennahverkehr zu stärken und attraktiver zu machen, Carsharing-Angebote zu fördern und die Radwege sowie die Infrastruktur für Fußgänger zu verbessern.

Der Stellplatz-Rabatt für Firmen in der Innenstadt hingegen sei ein "übliches Mittel", auch weil dort das ÖPNV-Angebot sehr gut sei. Man habe sich da Erlangen und Nürnberg angepasst.

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