Wohnen unterm Dach der WBG wird teurer

9.2.2014, 13:00 Uhr
Wohnen unterm Dach der WBG wird teurer

© Michael Müller

Patrick Marschall und Julia Pauli sind vor knapp zwei Jahren an der Weinleithe eingezogen. „Die erste eigene Wohnung, noch dazu vergleichsweise günstig, super“, dachte sich das junge Paar. Doch vor Weihnachten erreichte sie Post von der WBG. 15 Prozent mehr Miete sollen sie bezahlen. Ihren Nachbarn, die bereits länger in dem 2007 sanierten Block wohnen, steht eine 20-prozentige Erhöhung ins Haus.

Pauli macht eine Ausbildung, für die sie Schulgeld zahlt, Marschall arbeitet als Steuerfachangestellter. „Wir gehen an der Erhöhung von 420 auf 483 Euro für die 72 Quadratmeter nicht zugrunde“, sagen sie. Doch dass die WBG andere, die sich nicht in dieser glücklichen Lage wähnen, auf ihren möglichen Anspruch auf Wohngeld hinweist, störte Marschall massiv, weshalb er seine Nachbarn zusammentrommelte. Schließlich seien viele Familien mit kleinem und mittleren Einkommen gerade wegen der günstigen Mieten in das WBG-Viertel gezogen, sagt er.

„Es kann ja wohl nicht sein, dass die WBG Mieter wissentlich in Sozialleistungen drängt, sich aber gleichzeitig Gemeinnützigkeit auf die Fahnen schreibt“, findet Marschall. „Vorrangig eine sichere und sozial verantwortbare Wohnungsversorgung von breiten Schichten der Bevölkerung zu gewährleisten“: So ist der Zweck des Unternehmens definiert. Dass sich die Erhöhung im rechtlichen Rahmen bewege, stehe außer Frage, nur „moralisch vertretbar“ ist sie in diesem Ausmaß nach Ansicht von Mieter Axel Wurster nicht. Zumal die WBG hervorragend dastehe: 16,5 Millionen Euro Eigenkapital und 550000 Euro Überschuss wies die Bilanz Ende 2012 aus. „Besser“, sagt der Steuerfachwirt Marschall, „geht‘s doch gar nicht.“

Nachdem das Schreiben der Mieter Bürgermeister Zwingel erreichte, rief er die Aufsichtsräte zusammen. Einstimmig stellten sie sich hinter die Stellungnahme der WBG-Geschäftsleitung. Um Verständnis für die Genossenschaft, deren Haupteigner mit 91 Prozent Beteiligung die Kommune ist, warb Zwingel zusätzlich.

Mit ständigen, umfangreichen und kostenintensiven Sanierungen sowie Instandhaltungsmaßnahmen, von denen ausschließlich die Mieter der WBG profitierten, rechtfertigt die Ge-sellschaft die Erhöhung. „Auch ein sozial eingestelltes Unternehmen muss wirtschaftlich handeln“, heißt es in dem Brief.

Geschäftsführerin Brigitte Wegener „kann den Ärger nicht nachvollziehen“, wie sie auf Nachfrage sagt: „Mehr als sozial verträglich“ sei die Erhöhung, schließlich bleibe sie noch 20 Prozent unter dem Zirndorfer Mietspiegel, der zudem „komplett veraltet ist“. Er datiert von 2008. 7,75 Euro je Quadratmeter könne die WBG demnach im sanierten Bestand ansetzen, bleibe jedoch eben wegen des sozialen Hintergrunds mit 6,68 Euro weit darunter. „Von sozialer Unverträglichkeit“, sagt denn auch Zwingel, „kann keine Rede sein.“ Die Erhöhungen betreffen nicht nur die Mieter der sieben, seit 2007 sanierten Wohnblöcke in der Nordstadt. Wie Wegener erklärt, erhöht die WBG die Miete je nach Standard gestaffelt im kompletten Bestand — 1149 Wohnungen in 140 Gebäuden. Etwa die Hälfte davon sind Sozialwohnungen.

Zwar habe die WBG bereits unmittelbar nach der Sanierung die Mieten 2008 erhöht, „aber eine Miete ist nicht in Stein gemeißelt“, sagt Wegener. Gesetzliche und energetische Auflagen stiegen ständig. Die Hälfte der WBG-Wohnungen ist ihr zufolge noch mit Holz- oder Öl-Einzelöfen ausgestattet. Stünde ein Mieterwechsel an, seien sie oft gar nicht mehr zu vermieten. „Wir müssen zeitgemäße Standards bieten und dafür müssen wir einiges tun, sonst verrottet der Bestand“, so Wegener.

Der Überschuss fließe eins zu eins wieder in die WBG-Immobilien, dieses Jahr unter anderem in 50 „ziemlich marode Sozialwohnungen“ aus den 1970er Jahren an der Kommerzienrat-Zimmermann-Straße, die für 2,1 Millionen Euro saniert würden.

Der Hinweis auf die Wohngeld-Regelung im Mietbescheid ist Wegener zufolge gesetzlich vorgeschrieben. Allerdings ist sie der Meinung, dass Mieter, die sich die Erhöhung nicht leisten könnten, „nicht in die sanierten Wohnungen gehören“. Schließlich seien die „gehobener Standard, großzügig geschnitten sowie mit Aufzügen und riesigen Balkonen ausgestattet“.

Das Gegenangebot der Bewohner, je nach Mietdauer eine Steigerung auf maximal fünf Prozent, ist für Wegener „aus wirtschaftlichen Gründen nicht akzeptabel“, teilte sie den Mietern mit. Die WBG hält an ihren Forderungen fest. Sollten die Mieter bis Ende Februar nicht einwilligen, werde die WBG die Zustimmung „gerichtlich einklagen müssen“.

Marschall und Pauli hoffen mit ihren Nachbarn trotzdem noch auf ein Einlenken. Am 23. Februar wollen sie sich erneut treffen und auch den Bürgermeister und die WBG-Geschäftsführung einladen. Andernfalls bleibe, so Marschall, ohnehin nur noch der Weg über den Rechtsanwalt, den er wie andere Nachbarn bereits zu Rate gezogen hat.

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