Klinikums-Geschäftsführer ist geschasst

12.8.2014, 19:33 Uhr
Klinikums-Geschäftsführer ist geschasst

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Nach einer zweiten außerordentlichen Sitzung innerhalb von sieben Tagen haben sich die Aufsichtsräte des Klinikums jetzt darauf geeinigt, Geschäftsführer Roland Ranftl (58) mit sofortiger Wirkung freizustellen. Grund sei ein erheblicher Vertrauensverlust, sagte Landrat Hermann Hübner als Vorsitzender des Gremiums. Der Krankenhaus-Zweckverband stimmte dem drastischen Schritt zu.

Vergangene Wochen hat die Staatsanwaltschaft Ermittlungen gegen Verantwortliche des Klinikums eingeleitet (wir berichteten). Hintergrund ist eine anonyme Anzeige, in der behauptet wird, dass es auf der Station für Geburtshilfe in den Jahren 2008 bis 2011 in vier Fällen zu schweren Fehlbehandlungen bei Neugeborenen gekommen sei. Ein Baby soll zu Tode gekommen sein, vier weitere dauerhafte Schäden davongetragen haben.

Darüber hinaus, so wurde bekannt, soll massiver Spardruck dafür verantwortlich sein, dass auf mehreren Stationen Ärzte und Pflegepersonal chronisch überlastet sind. Die Intensivstation habe sich bereits kurz vor dem Kollaps gesehen und dies auch der Geschäftsführung angezeigt, meldete das Nachrichtenmagazin Der Spiegel.

Eine Frau aus dem Raum Bayreuth sagte unserer Redaktion, Mediziner hätten ihren Mann auf der Intensivstation mit einem anderen Patienten verwechselt. Kurz darauf sei ihr Mann gestorben. Außerdem ist an anderer Stelle die Rede davon, dass Patienten unnötig behandelt worden seien, um höhere Pauschalen zu kassieren.

Jetzt will der Verwaltungsrat den massiven Vorwürfen nachgehen. Dazu sollen Expertenkommissionen am Klinikum gebildet werden und sich Sachverstand von außen holen, teilte eine Sprecherin mit. „Wir wollen wissen, ob die Vorwürfe zutreffen“, sagte sie.

Eine Kommission soll — unabhängig von den staatsanwaltschaftlichen Untersuchungen — die Vorgänge in der Geburtshilfe unter die Lupe nehmen. Eine weitere geht der Frage nach, ob Patienten auf der Intensivstation tatsächlich länger beatmet wurden als nötig. Und die dritte Gruppe muss herausfinden, ob Ärzte in Bayreuth angehalten wurden, besonders häufig eine finanziell lukrative, aber medizinisch umstrittene Herzklappen-Operation durchzuführen.

Die internen Aufarbeitung solle das Vertrauen in Oberfrankens größtes Krankenhaus wiederherstellen, sagte Landrat Hübner. Er bat die Bevölkerung, Ärzten und Pflegepersonal zu vertrauen.

Bayreuths Oberbürgermeisterin Brigitte Merk-Erbe, die stellvertretende Aufsichtsratsvorsitzende, wollte die jetzt eingeleiteten Maßnahmen „als Neustart“ verstanden wissen.

Drei Köpfe?

Derzeit bastelt der Aufsichtsrat an einer Nachfolgelösung für den geschassten Geschäftsführer, der bis zu seinem Wechsel nach Bayreuth im Jahr 2007 die Klinik München-Bogenhausen geleitet hatte. Sein Vertrag läuft noch bis September 2017.

Vorerst solle es eine „Interimslösung“ geben, kündigte Landrat Hübner an. Man denke darüber nach, die Führungsspitze neu zu gestalten. Dem kaufmännischen Leiter wird eventuell ein Ärztlicher Direktor und ein Pflegedienstleister zur Seite gestellt.

Während Geschäftsführer Ranftl zu all dem schweigt, haben sich bereits die 25 Chefärzte und der Pflegedirektor in einer handschriftlich unterzeichneten Stellungnahme geäußert. „Wir Chefärzte lassen uns nicht zu gesundheitsgefährdenden oder nicht notwendigen Maßnahmen nötigen, von wem auch immer“, hieß es dort.

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