Vor Jahren registriert

„Letzte Chance auf Leben“: Polizist aus Franken will genetischen Zwilling retten

Georgios Tsakiridis

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Johanna Michel

Online-Redaktion

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5.5.2024, 04:55 Uhr
Der Verkehrspolizist Marc W. will mit einer Stammzellenspende das Leben eines anderen Menschen retten.

© Polizei Oberfranken Der Verkehrspolizist Marc W. will mit einer Stammzellenspende das Leben eines anderen Menschen retten.

Einmal mehr zeigt nun eine Geschichte aus Oberfranken, warum die Polizei in verschiedenen Phasen und Situationen des Lebens durchaus als "Freund und Helfer" bezeichnet werden kann. Denn wie die Polizei aus Oberfranken in einem emotionalen Posting auf Facebook Mitte April mitteilte, hat Verkehrspolizist Marc W. einen ganz besonderen "Einsatz" hinter sich: Mit einer Stammzellenspende möchte der engagierte Beamte seinem genetischen Zwilling das Leben retten.

Es ist die Suche nach der sprichwörtlichen Nadel im Heuhaufen: Benötigt ein Leukämie- oder Tumorpatient einen Stammzellspender, beginnt ein langer Prozess, um einen sogenannten "genetischen Zwilling" zu finden. Die Chance, dass die wesentlichen Merkmale bei zwei Menschen, die nicht verwandt sind, übereinstimmen, kann dabei astronomisch gering ausfallen. Sie variiert von 1 : 10.000 bis 1: mehreren Millionen, erklärt Dr. Marco Schäfer, Leiter des HLA-Labors der Stefan-Morsch-Stiftung, Deutschlands ältester Stammzellspenderdatei.

Für eine Stammzelltransplantation seien die HLA-Merkmale (Human Leukozyten Antigene) entscheidend, heißt es auf der Website der Stiftung. "Diese bilden aber nur einen kleinen Abschnitt der gesamten menschlichen DNA. Im besten Fall stimmen zehn von zehn dieser Merkmale überein." Wie groß die Vielfalt an Möglichkeiten und damit auch das Potenzial für "Mismatches" ist, beweist der Umstand, dass es mehr Kombinationsmöglichkeiten als Menschen auf der Erde gibt. Ein genetischer Zwilling ist im Fachjargon eine Person, die "in den entscheidenden Gewebemerkmalen mit dem Patienten übereinstimmt und daher als Stammzellspender infrage kommt."

Registrierung vor zehn Jahren

Wie er selbst im Gespräch mit dieser Redaktion erklärt, hatte sich Marc schon vor zehn Jahren als Spender registrieren lassen. Das sei während der Ausbildung in Würzburg gewesen. Auf die Entscheidung hatten auch Erfahrungen im persönlichen Umfeld Einfluss. Er sei einem Spendenaufruf der DKMS gefolgt. "Die Schwester meiner Oma ist an Leukämie gestorben". Zudem war eine Arbeitskollegin an Blutkrebs erkrankt.

Vor wenigen Monaten kam dann "völlig überraschend" der Anruf, der den Verkehrspolizisten darüber informierte, dass er möglicherweise als Spender infrage komme. Auch wenn seine Registrierung schon Jahre her ist, für Marc war es damals wie heute selbstverständlich zu helfen. Zwei Treffer habe es in all der Zeit gegeben, erzählt er. Die erste Spende sei dann aber nicht mehr benötigt worden - warum, das wurde ihm nicht mitgeteilt. Normalerweise ist das unter anderem der Fall, wenn die potenziell empfangende Person geheilt ist, oder stirbt.

Doch der zweite Anlauf klappt, diesmal kann Marc helfen und sagt selbst: "Man ist erst einmal aufgeregt. Es ist sehr selten, dass man infrage kommt." Dann kämen die Gedanken - "was passiert jetzt, wie geht es weiter". Auch Bauchkribbeln habe er verspürt. Nach dem Anruf ging alles ganz schnell. Nach Blutabnahme und Untersuchungen, bei denen unter anderem Blutwerte und Organe überprüft wurden, gibt es grünes Licht für die Spende.

Anonymitätsfrist und Briefkontakt

Wem Marc mit seinen Stammzellen helfen darf, erfährt er nicht. Der 33-Jährige weiß nur: Empfängerin ist eine Frau, ungefähr in seinem Alter. Zwei Jahre beträgt die Sperrfrist, so lange muss er anonym bleiben. Spender und Patient dürfen sich währenddessen grundsätzlich nicht persönlich kennenlernen. Über DKMS bestehe aber die Möglichkeit, anonym Briefe auszutauschen, um dann später Kontakt aufzunehmen. "Ich möchte auf jeden Fall Kontakt herstellen", sagt er. Dafür muss er nach Ablauf der Frist auf Rückmeldung von Klinik und Empfängerin warten.

An Unentschlossene bezüglich der Stammzellenspenden-Registrierung sendet er eine herzliche wie emotionale Botschaft: "Wenn ich in der Situation wäre und Hilfe bräuchte, dann würde ich mich freuen, wenn jemand hilft. Eine Stammzellenspende ist die letzte Chance auf Leben". Die Spende hat der junge Mann reibungslos überstanden. Noch am selben Tag konnte er die Klinik wieder verlassen, schreibt die Polizei in dem Posting abschließend. Man hoffe nun, dass sein genetischer Zwilling durch die Spende wieder "kerngesund" werde.