NSU-Prozess: Böhnhardt-Mutter greift Behörden an

19.11.2013, 15:36 Uhr
Brigitte Böhnhardt forderte ihren Sohn auf, sich zu stellen.

© Michael Reichel/Archiv (dpa) Brigitte Böhnhardt forderte ihren Sohn auf, sich zu stellen.

Im NSU-Prozess hat die Mutter des mutmaßlichen Neonazi-Terroristen Uwe Böhnhardt Vorwürfe gegen die Behörden erhoben. Beamte des Landeskriminalamts hätten damit gedroht, die drei flüchtigen Neonazis zu erschießen, falls sie sich einer Festnahme widersetzen, sagte Brigitte Böhnhardt am Dienstag vor dem Oberlandesgericht München. Ein Beamter habe ihr gesagt: „Wenn wir sie aufspüren und die zucken nur – glauben Sie mir, unsere Leute sind schneller mit der Pistole, die haben das gelernt.“

Die 65-Jährige erzählte, dass sie nach dem Untertauchen des Trios noch Kontakt zu ihrem Sohn und seinen Komplizen Uwe Mundlos und Beate Zschäpe gehabt habe. Sie hätten in Telefonzellen gewartet, wo Böhnhardt sie dann anrief. „Wir haben vom ersten Telefongespräch an verlangt, dass sie sich stellen“, sagte Böhnhardt. Ihr Sohn habe geantwortet: „Mutti, das geht nicht, ich will nicht ins Gefängnis, ich will nicht wieder ins Gefängnis.“

In späteren Gesprächen seien ihr Sohn und Beate Zschäpe grundsätzlich bereit gewesen, sich zu stellen – Uwe Mundlos aber nicht. Versuche, mit der Staatsanwaltschaft über eine Strafmilderung zu verhandeln, falls sich die drei stellten, seien schließlich gescheitert.

"Ein einziger Kampf mit diesem Jungen"

Ausführlich schilderte die pensionierte Lehrerin, wie ihr der Sohn in seiner Jugend immer mehr entglitt – wie er zunächst Probleme in der Schule bekam, nicht zum Unterricht ging, Klassen wiederholen musste, von der Schule flog. „Für uns war das ein einziger Kampf mit diesem Jungen und auch den Behörden.“ Schließlich musste Uwe Böhnhardt wegen mehrerer Diebstähle in Haft und geriet immer tiefer in die rechte Szene in Jena.

„Wir mochten seine Freunde, wir mochten den Uwe Mundlos, den Ralf Wohlleben und die Beate Zschäpe. Das waren alles höfliche nette Leute und leider auch alle arbeitslos. Sie hatten also viel Zeit.“

Böhnhardt, Mundlos und Zschäpe waren 1998 abgetaucht, nachdem die Polizei Garagen durchsucht hatte, in denen die drei eine Bombenwerkstatt eingerichtet hatten. Ab September 2000 begann die Mordserie an Geschäftsleuten ausländischer Herkunft. Insgesamt rechnet die Anklage dem Trio zehn Morde und zwei Sprengstoffanschläge zu.

Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt töteten sich am 4. November 2011 selbst, um der Festnahme zu entgehen. Beate Zschäpe ist die einzige Überlebende der Gruppe. Sie ist als Mittäterin an sämtlichen Attentaten angeklagt.

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