Drückermethode? Prozess um Brautkleid in Nürnberg

8.4.2015, 17:18 Uhr

Es sollte das Traumkleid für den schönsten Tag des Lebens werden. Mit diesem Ziel zog Marie W. (Name geändert) im Juni 2014 mit ihrer Mutter und ihrer besten Freundin durch Nürnberger Brautmodengeschäfte. Erste Anlaufstation war ein Laden in der Innenstadt. „Da habe ich mir schon als Kind die Nase am Schaufenster platt gedrückt“, berichtet Marie W. bei der Beweisaufnahme vor dem Nürnberger Amtsgericht.

Sie sei kompetent beraten worden, erinnert sich die 36-Jährige, habe sich letztendlich nicht zwischen zwei Modellen entscheiden können. Die Braut und ihre Begleiterinnen ließen das Kleid zurücklegen - um die Sache zu überdenken und um noch ein paar andere Geschäfte zu streifen. Die Verkäuferin verlangte 200 Euro. Sie könne die Kleider während der Bedenkzeit nicht verkaufen, so die Argumentation, laut Erinnerung von Marie W. die das Geld hinterlegte und einen Beleg unterschrieb. „Ich dachte das ist eine Art Sicherheitsleistung“, sagt sie.

"Ich habe mich völlig überrumpelt gefühlt"

Was sie da unterschrieben hatte, wurde Marie W. erst einige Stunden später klar. Zwischenzeitlich hatte sie in einem anderen Brautgeschäft ihr Traumkleid gefunden. Sie ging umgehend zum ersten Laden zurück, um die reservierten Modelle wieder an die Stange hängen zu lassen. Da wurde ihr gesagt, sie habe einen Kaufvertrag unterschrieben und ein Kleid im Wert von rund 1500 Euro erworben. „Ich wusste aber gar nicht, welches der beiden Kleider ich überhaupt gekauft haben soll“, schimpft die 36-Jährige.

Im Geschäft flossen dann Tränen der Wut: „Ich habe mich völlig überrumpelt gefühlt“, sagt die zierliche Frau. Man bot an, für die angezahlten 200 Euro einen Schleier oder anderes Brautzubehör zu kaufen. Aber keine Chance: Die Verkäuferin bestand auf die Einhaltung des Kaufvertrages und verlangte die 1500 Euro. Eines der beiden Kleider nahm Marie W. jedoch nicht mit.

Monate später trafen sich die mittlerweile verheiratete Nürnbergerin und die Geschäftsführerin des Brautmodengeschäfts in einem Zivilprozess vor dem Nürnberger Amtsgericht wieder. Das Unternehmen hatte W. auf Zahlung des vollen Kaufpreises verklagt.

Richterin legte den Streitparteien einen Vergleich nahe

Nachdem Marie W. und ihre Mutter den Sachverhalt aus ihrer Sicht geschildert hatten und die Richterin den Schriftverkehr nochmals gesehen hatte, legte sie den Streitparteien dringend einen Vergleich nahe: In einer ersten Einschätzung ging sie davon aus, dass Marie W. tatsächlich einen Kaufvertrag unterschrieben haben könnte. Die Umstände, wie dieser zustande kam, könnte man allerdings noch genauer beleuchten. Dafür warteten mehrere Zeugen vor dem Gerichtssaal.

Vor dem Hintergrund, dass dem Brautmodengeschäft keinerlei Schaden entstanden ist, schlug die Richterin vor, dass Marie W. der Klägerin zusätzlich zu den 200 Euro weiter 300 Euro bezahlt. Darauf ließ sich Marie W. schließlich ein. Der Streit war mit der Zahlung von 500 Euro vom Tisch. Allerdings blieb bei der frisch Verheirateten das Gefühl, von dem Laden abgezockt worden zu sein. Eine NZ-Redakteurin stattete dem Brautgeschäft deshalb einen Besuch ab - als "Testbraut".

Mit diesem Eindruck ist sie nicht alleine. In Internetforen von Yelp oder Google berichten mehrere Kundinnen des Geschäfts von ähnlichen Erlebnissen. Sie kritisieren unter anderem ein „unangenehmes Geschäftsgebaren mit Methoden, die schon eher an Drücker erinnern“. Auch bei der Nürnberger Verbraucherzentrale sind einzelne ähnliche Fälle aufgelaufen. Allerdings konnte bislang in keinem Fall zweifelsfrei geklärt werden, ob die Frauen nicht tatsächlich einen gültigen Kaufvertrag unterschrieben haben.

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