Das Delfin-Dilemma

Ein Happy End von kurzer Dauer: Als ein Orca-Filmstar ausgewildert wurde

Carolin Heilig

Volontärin

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30.4.2024, 05:00 Uhr
Orca Keiko wurde durch die "Free Willy"-Filme weltberühmt.

© IMAGO/Pond5 Images Orca Keiko wurde durch die "Free Willy"-Filme weltberühmt.

In den 70ern wird ein zweijähriges Orca-Kind vor der Küste Islands gefangen, das später einmal Hollywood-Star werden soll. Die Rede ist von Keiko, besser bekannt als Willy aus dem Kinofilm "Free Willy – Ruf nach Freiheit".

Im Film aus den 90ern wird Orca Willy in einem Vergnügungspark gehalten. Am Ende gelingt seinem Menschenfreund Jesse aber eine große Rettungsaktion. Der Orca springt über eine Steinmauer in die Freiheit.

Orca-Darsteller Keiko aber bleibt nach Abschluss der Dreharbeiten in seinem Becken in einem Vergnügungspark in Mexiko gefangen. Er hat kaum Platz, das Wasser ist warm. Der Orca leidet an Hautwucherungen. Seine Rückenflosse knickt um.

Spenden für Keiko

Die Willy-Fans wollen den Orca nicht unter diesen Bedingungen zurücklassen. So bildet sich eine Befreiungsinitiative. Die "Free Willy Keiko Foundation" wird gegründet und sammelt Geld, um Keiko freizukaufen.

Stück für Stück kommt Keiko einem Leben in Freiheit näher. Erst wird der Orca in einen Wassertierpark in Oregon gebracht, wo er zumindest mehr Platz hat und in kühlem Meerwasser schwimmen kann. Schließlich geht es per Flugzeug vor die Küste Islands - zurück nach Hause.

Willkommen Zuhause

Die Reise meistert der Orca ganz entspannt. Von den Isländern wird er herzlich empfangen. Sie begrüßen ihn mit Willkommen-Zuhause-Plakaten. So erzählt es Dave Philipps, der die "Free Willy Keiko Foundation" gründete und Keikos Reise begleitete.

Dort, wo Keiko als Zweijähriger gefangen wurde, dreht er nun wieder Runden im Ozean, wenn auch zunächst noch in einem umgrenzten Bereich und begleitet von seinen Betreuern.

Das Problem an Keikos Freilassung: Nach Jahrzehnten der Gefangenschaft hat der Orca seine natürlichen Instinkte verloren. Seine Betreuer bringen ihm das Ein-Mal-Eins der Killerwale bei: Fische fangen, tauchen, weite Strecken schwimmen, Freundschaften zu Artgenossen schließen.

Gerade Freunde finden fällt dem Killerwal schwer, obwohl Orcas eigentlich in Gruppen leben. Er ist zwar neugierig auf seine Artgenossen, bleibt aber abhängig von den Menschen. Das berichtet Jeff Forster, der Keiko trainierte. Irgendwann aber gelingt es doch und Keiko schwimmt mit einer Walgruppe davon. Alle Zeichen stehen auf Happy End – wie im Film.

Kinder turnen auf dem Rücken des Orcas

Doch dann taucht Keiko nach mehreren Monaten in seiner Walgruppe plötzlich vor der norwegischen Küste auf und fällt in alte Verhaltensmuster zurück. Er lässt sich streicheln und sogar Kinder auf ihm turnen. Der Orca bleibt dann vor der Küste Norwegens und auf menschliche Betreuung angewiesen. Keiko stirbt am 12. Dezember 2003 an einer Lungenentzündung.

Man könnte den Auswilderungsversuch als gescheitert betrachten. Ganz nebenbei hat er die "Free Willy Keiko Foundation" 20 Millionen US-Dollar gekostet. Gründer Dave Philipps sagt dennoch, er sei froh, dass Keiko nochmal im offenen Meer leben konnte.

Folge 4: Ein Delfinarium stirbt

In Folge vier von "Das Delfin-Dilemma" geht es um die Frage: Was passiert, wenn ein Delfinarium stirbt? Es geht um die Folgen für einen Zoo und darum, was mit den Tieren passiert. Ziehen sie einfach weiter ins nächste Delfinarium oder wird womöglich eine Auswilderung vorbereitet? Und es geht um Keikos Erbe.

Die vierte Folge von "Das Delfin-Dilemma", dem neuen Storytelling-Podcast des Verlags Nürnberger Presse, heißt "Ein Delfinarium stirbt", zu hören ab jetzt – überall dort, wo es Podcasts gibt.

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