Fall Morchutt: Gefesselte Seniorin erstickte unter einem Teppich

20.4.2016, 09:12 Uhr
Fall Morchutt: Gefesselte Seniorin erstickte unter einem Teppich

© Michael Matejka

"Ich habe geklingelt, aber niemand hat aufgemacht", berichtet eine Nachbarin vom 23. Juni 2013. Sie sei an jenem Sonntagabend aus Berlin zurückgekommen und habe ein Paket abholen wollen, das Anneliese Morchutt freundlicherweise für sie entgegengenommen hatte. Auch am nächsten Tag versuchte sie ihr Glück: "Es war total still, nicht mal ihr Hund hat gebellt", erinnert sich die 36-Jährige.

Auch andere Nachbarn machten sich Sorgen: "Ich hatte sie seit zwei Tagen nicht mehr gesehen. Da wusste ich, dass etwas passiert sein muss", erklärt eine 78-jährige Bewohnerin des Mehrfamilienhauses in der Elsässer Straße vor Gericht. Zusammen mit einer weiteren Nachbarin habe sie daraufhin von außen durch das Küchenfenster in die Wohnung der 85-Jährigen geschaut: "Der Kühlschrank war offen. Ich wusste, dass sie die Wohnung so nie verlassen hätte", sagt die Zeugin. Auch dass der Sonntagsblitz noch im Briefkasten steckte, habe sie beunruhigt. "Die Zeitung liest sie jeden Sonntag, das ist ihr Ritual."

Die Nachbarn riefen schließlich die Polizei. Mit Hilfe der Feuerwehr öffneten sie die Wohnung der 85-Jährigen. Zu spät: Anneliese Morchutt war bereits tot — qualvoll erstickt. Die ehemalige Gastwirtin lag mit Kabeln und einem Tischtuch gefesselt und mit einem Knebel im Mund unter mehreren Decken und einem Teppich.

Umgehend begann die Polizei mit Ermittlungen: Der Tatort wurde fotografiert, Spuren in der Wohnung und um das Anwesen herum gesammelt. Unter anderem wurden die Fesselungswerkzeuge ins Labor geschickt. Bald war klar, dass die Täter über den Balkon in die Wohnung eingedrungen sein mussten. Auch die Feuerwehrmänner, die die Wohnung öffnen sollten, wählten diesen Weg.

Überhaupt kein Problem sei es gewesen, über die Brüstung im Hochparterre zu klettern, so der Einsatzleiter. Er habe mit einem Kollegen den nicht ganz geschlossenen Rollo hochgedrückt und sei durch die offene Balkontüre ins Wohnzimmer gestiegen. Hinter der geschlossenen Schlafzimmertüre habe er dann die Verstorbene entdeckt.

Die Anklage geht davon aus, dass Nodar D. gemeinsam mit einem Komplizen im Juni 2013 in die Wohnung von Anneliese Morchutt eindrang. Die Männer sollen der 85-Jährigen einen stumpfen Gegenstand auf den Kopf geschlagen und sie dann gefesselt, geknebelt und abgedeckt haben. Anschließend durchwühlten sie laut Staatsanwältin die Wohnung nach Wertgegenständen und flüchteten schließlich mit einer Damenarmbanduhr der Marke Rolex im Wert von 2500 Euro.

Trotz umfangreicher Ermittlungen – die Polizei bestellte mehr als 1000 Männer zu einem Massengentest ein – gab es lange Zeit keinen Hinweis auf die möglichen Täter. Erst 2014 wurden in der Schweiz Fingerabdrücke von einem Dieb genommen. Diese stimmten mit Spuren überein, die in der Wohnung einer anderen Nürnbergerin gefunden wurden, bei der kurz vor dem Überfall auf Anneliese Morchutt eingebrochen worden war. Der Georgier ist mittlerweile untergetaucht und wird mit internationalem Haftbefehl gesucht.

Über ihn kamen die Ermittler aber auf die Spur von Nodar D. Der 38-Jährige saß in Florenz wegen eines Einbruchs hinter Gittern. Seine DNA stimmte mit den Spuren in der Wohnung der getöteten Seniorin überein.

Nachdem D. seine Haftstrafe in Italien verbüßt hatte, wurde er an die Bundesrepublik Deutschland ausgeliefert. Seit November 2015 sitzt er in Nürnberg in Untersuchungshaft.

Der Prozess wird in den kommenden beiden Wochen fortgesetzt. Ein Urteil soll am 4. Mai fallen.