Gerade fertig und wieder Baustelle

Neues Grün in der Nürnberger Altstadt: Warum der Pocket Park in Sebald besonders ist

Timo Schickler

Lokalredaktion Nürnberg

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18.10.2023, 10:15 Uhr
So sieht Nürnbergs neuer Pocket Park aus.

© Stefan Hippel, NNZ So sieht Nürnbergs neuer Pocket Park aus.

Da ist Leben drin. Schüler lümmeln auf den geschwungenen Sitzgelegenheiten mit dem Blick vertieft ins Smartphone. Ein Stück weiter sitzen zwei Seniorinnen auf einer Holzbank und unterhalten sich, ein Hund hechelt zu ihren Füßen. Jeden Tag kommt Christian Vogel hier vorbei und freut sich. Die jüngste Oase mitten in der Altstadt kommt gut an.

Früher ein sehr tristes Bild

Nürnbergs Bürgermeister erinnert sich, wie es hier vor zwei Jahren ausgesehen hat. Eine große Asphaltfläche zwischen Bäumen bestimmt das Bild. Die zwei alten Bänke sind oft verwaist, ein Teil der Fläche ist jahrelang zu einem Parkplatz für Baustellenfahrzeuge umfunktioniert. Die Grünfläche wirkt damals so wenig einladend wie ihr Name: Peststadel.

Eigentlich wurde hier an der Tetzelgasse direkt neben dem Pellerhaus im Jahr 1480 ein Kornspeicher gebaut, später wurde daraus ein Schulhaus (1864), danach ein Amtsgebäude. Von dem aber ist seit der Zerstörung im Zweiten Weltkrieg nur ein Stück Mauer übrig geblieben. Dort ist eine Plakette angebracht, auf der auch der Name der Anlage erklärt wird: Im Speicher wurden seiner Zeit die Karren untergestellt, auf denen die Pesttoten aus der Stadt hinaus auf den Friedhof transportiert wurden.

Schüler pflanzen 10.000 Blumenzwiebeln

Heute lädt hier der neu eröffnete Pocket Park Peststadel ein. Und obwohl Nürnberg aktuell regelmäßig solche Großstadt-Oasen einweiht, ist dieser hier besonders, sagt Vogel. "Ob es der schönste Park ist, das darf jeder für sich entscheiden", findet der Erste Werkleiter des Servicebetriebs Öffentlicher Raum, der den Park erneuert hat. "Das Projekt ist ein besonderes, weil die Schülerinnen und Schüler engagiert dabei waren bei der Gestaltung", lobt Vogel die Schülerschaft des angrenzenden Johannes-Scharrer-Gymnasiums.

Früher war der Peststadel so einladend wie sein Name.

Früher war der Peststadel so einladend wie sein Name. © Stadt Nürnberg, NNZ

Für sie soll der Park auch als "grünes Klassenzimmer" dienen, sie werden pflanzen und pflegen, was hier wächst. Ein Beispiel dafür ist in einem halben Jahr im Park zu sehen. Im Herbst wird die Garten AG der Schule 10.000 Blumenzwiebeln setzen. Die Mischung aus Krokussen, Schneeglöckchen, Narzissen und Traubenhyazinthen soll dann im Frühling 2024 blühen.

Verewigt haben sich die Gymnasiasten schon jetzt. Der Künstler Guido Kratz aus Hannover hat mit ihnen zusammen in einem Kunst-Workshop 50 Fliesen gestaltet. Diese sind jetzt Teil der Parks und sollen wie Schülerinnen und Schüler auf ihrem Weg zur Schule durch die Anlage führen.

"Die Keramik-Pflaster sind eine kreative Verknüpfung zwischen der Schule und dem Park", sagt Schulreferentin Cornelia Trinkl. Der neue "grüne Raum" werde den Schülerinnen und Schülern die Gelegenheit bieten, sich zu erholen, sich inspirieren zu lassen und gemeinsam in der Natur zu lernen, ist Nürnbergs Schulreferentin sicher. "Insgesamt ist der Pocket Park also eine tolle Erweiterung des Lernumfelds der Schule.“

Die Anlage umfasst 1042 Quadratmeter. Etwa die Hälfte davon, 500 Quadratmeter, hat Sör aufgebrochen und neu gestaltet. Das Ergebnis: Der Grünanteil ist um fast ein Zehntel größer als früher. Für die neuen Wege wurden im Sinne der Nachhaltigkeit vorhandene Granitplatten mit gebrauchtem Natursteinpflaster versetzt.

Dr.-Erich-Mulzer-Straße wird erneuert

Christian Vogel freut sich vor allem darüber, dass der alte Baumbestand fast komplett in die Neuanlage integriert werden konnte. Nur ein kleiner Wildtrieb musste an der Sandsteinmauer entfernt werden. Und die übrigen neuen Gewächse sollen auch die heißen Bedingungen in der Altstadt aushalten.

"Der Klimawandel stellt uns vor ganz besondere Herausforderungen. Wir haben die Gestaltung hier deshalb an die Bäume angepasst und nicht umgekehrt." Das Resultat: Vom ersten Tag an genügend Schatten. "Wir haben eine neue grüne Oase, die sich nicht erst entwickeln muss, sondern vom ersten Tag an den Charme eines gewachsenen Parks hat.“ Der wirkt dank der eher niedrigen Hecken eher wie ein Garten.

Und weiter geht's: Die Dr.-Erich-Mulzer-Straße wird umgestaltet: Hier werden Bäume gepflanzt und die Straße wird verkehrsberuhigt.

Und weiter geht's: Die Dr.-Erich-Mulzer-Straße wird umgestaltet: Hier werden Bäume gepflanzt und die Straße wird verkehrsberuhigt. © Stefan Hippel, NNZ

Neue Bäume wurden nicht gepflanzt, da der Bestand bereits sehr dicht ist. In der Erich-Mulzer-Straße sollen dagegen drei neue Bäume für Schatten sorgen. Auch hier werden Sitzgelegenheiten gebaut, außerdem Fahrrad-Abstellplätze installiert. Denn es geht mit dem Umbaumaßnahmen direkt weiter: Die Straße wird verkehrsberuhigt und ebenfalls ein Aufenthaltsraum für Menschen. Dafür gibt es nun acht Parkplätze weniger.

Die beiden Vorhaben kosten die Stadt insgesamt etwas mehr als eine Millionen Euro. Geplant waren ursprünglich 820.000 Euro. Vogel verteidigt die Mehrkosten, unter anderem weil noch einmal neu geplant wurde. "Es gibt nun einen nachträglich gebauten Zugang zum Pellerhaus direkt von der Grünanlage aus", erklärt der Bürgermeister. "Die Barrierefreiheit dafür war wichtig genauso wie in der gesamten neuen Anlage."

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