Nürnberg braucht dringend mehr Wohnraum

27.11.2012, 07:00 Uhr
Nürnberg braucht dringend mehr Wohnraum

© Roland Fengler

Betrachtet man allein die Fläche, ist Nürnberg eine kleine Stadt. Kleiner als ihre Halbmillionen-Schwestern Leipzig, Hannover oder Bremen. Da muss gut überlegt sein, wo und was gebaut wird. Klar ist in jedem Fall, dass die Zeit drängt. Die Stadt braucht dringend mehr Wohnraum. Nach dem aktuellen Marktreport des Unternehmens Engel&Völkers Commercial liegt die Leerstandsquote in Nürnberg bei 1,5 Prozent und damit deutlich unter dem Bundesdurchschnitt von 3,7 Prozent. Die Mieten steigen. Insbesondere beliebte Stadtteile wie St. Johannis, das Nibelungenviertel, Gärten hinter der Veste, der Luitpoldhain und Wöhrd seien „klassische Mietermagnete“, so die Studie. In den besten Lagen liegen die Mietpreise bei 11,75 Euro pro Quadratmeter, in den guten bei 7,50 Euro bis 9,25 Euro pro Quadratmeter. Parallel zu den Mietpreisen steigen die Immobilienpreise – derzeit, so Engel&Völkers, bewegten sich die Kaufpreisfaktoren in den mittleren Lagen zwischen dem 12- und 15-fachen einer Jahresnettokaltmiete.

Wenn nun auch schon bekannt ist, dass in Nürnberg Wohnraum geschaffen werden muss, herrscht doch Einigkeit darüber, dass ein neuer Blick auf die Situation ein Gewinn sein kann. So stieß Kathrin Federer mit ihrem Anliegen in Nürnberg auf offene Ohren. Für ihre Masterarbeit an der Hochschule für Technik und Wirtschaft in Berlin hat sie die Situation analysiert, elf einheimische Experten befragt und ein Konzept erarbeitet. Sie wurde im Bürgermeisteramt vorstellig, im Wirtschaftsreferat, im Baureferat, im Stadtplanungsamt, bei der städtischen Wohnungsbaugesellschaft wbg, bei der Architektenkammer. Federer hat sich Nürnberg ganz genau angesehen, hat Leerstellen markiert – unter anderem hat sie an der Gibitzenhof- und der Flaschenhofstraße Baulücken entdeckt. Und sie hat nach all den Gesprächen, die sie geführt hat, ihre Schlüsse gezogen. Nürnberg, sagt sie, müsse seine Strategien und Stadtentwicklungskonzepte überdenken, sie wiederbeleben, bei der Nachverdichtung auf Qualität achten. Hilfreich sei dazu, eine Stabstelle bei der Stadt anzusiedeln, sie mit einem Ansprechpartner zu besetzen, der für alle beteiligten Parteien da ist. „Brauchen wir also einen Oberstadtentwicklungsbauplaner an der Spitze?“, fragt Herbert Winter, der Geschäftsführer von Engel&Völkers Commercial in Nürnberg, der Kathrin Federers Masterarbeit mit betreut hat. „Macht das Sinn?“

Für Rudolf Scherzer, Vizepräsident der bayerischen Architektenkammer, bedeutet diese Frage den Einstieg ins Thema Baureferat, dessen geplante Abschaffung seit Monaten für Zwist in der Stadt sorgt (die NZ berichtete). Scherzer plädiert dafür, der Stadt ein Baureferat samt Baureferenten zu erhalten. Abgesehen davon, fügt er hinzu, müsse sich Nürnberg sehr viel stärker der Innenstadtentwicklung zuwenden als bisher. „Wir müssen einen Konsens herstellen, wo Stadtentwicklung passieren soll und mit welchen Schwerpunkten. Das geht nicht ohne einen starken Baureferenten und ein starkes Baureferat.“ Michael Ruf, der persönliche Referent des Oberbürgermeisters, schlägt vor, einen „Kümmerer oder Moderator“ einzusetzen, der die Fäden in der Hand hält. „An guten Fachleuten fehlt es uns in der Stadt nicht. Wir müssen sie nur besser vernetzen.“

Nach Ansicht des Nürnberger Wirtschaftsreferenten Michael Fraas muss keine neue Institution geschaffen werden, die sich des Themas annimmt, um die Abläufe zu verbessern. „Wir brauchen keine neue Dienststelle. Wir sind intern schon dabei, die Koordinierung zu optimieren. Es geht darum, zu sehen, wo wir etwas besser machen können, wo etwas noch flüssiger werden kann.“ Wichtig sei ihm, dass bei der Entwicklung neuer Bauflächen in der Stadt nicht nur auf Quantität, sondern auch auf Qualität gesetzt werde. „Wir brauchen eine maßgeschneiderte Lösung für jede Fläche.“ Und nicht zu vergessen sei, dass auch das Gewerbe Platz brauche. „Auch Gewerbeflächen werden stark nachgefragt.“ Herbert Winter kann das bestätigen: „Wir bemerken die Knappheit gerade in diesem Bereich intensiver denn jemals zuvor.“
 

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