Salafistenhochburg Nürnberg: Drei Moscheen im Fokus

21.11.2016, 06:00 Uhr
Salafistenhochburg Nürnberg: Drei Moscheen im Fokus

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Zum Beispiel die "Masjid ibn Taymiyyah Moschee" in der Humboldtstraße 108. Sie ist benannt nach einem islamischen Gelehrten des 13. Jahrhunderts, der als Vordenker einer radikalen Auslegung des Islam gilt. Nach Überzeugung der bayerischen Verfassungsschützer ist die Moschee ein Treffpunkt der Salafisten-Szene. In der jüngeren Vergangenheit sollen dort relativ regelmäßig Prediger aufgetreten sein, die salafistisches Gedankengut verbreiten. Privatwohnungen im Stadtgebiet dienen nach Erkenntnissen der Verfassungsschützer als konspirative Treffpunkte.

Etwa ein Fünftel der Salafisten ordnen die Beobachter der Gruppe des Dschihadistischen (andere Schreibweise: Jihadistischen) Salafismus zu. Diesen Aktivisten traut der Verfassungsschutz auch Gewalttaten zu. Die meisten von ihnen sprechen Deutsch. Von Nürnberg aus sollen bereits mehrere Dschihad-Salafisten nach Syrien oder in den Irak ausgereist sei.

Einer von ihnen sei inzwischen bei Kampfhandlungen in Syrien getötet worden. Offenbar ziehen auch zunehmend Frauen in den bewaffneten Kampf gegen "Ungläubige" - unter anderem aus Nürnberg. Als besonders gefährlich gelten Rückkehrer aus den Kampfgebieten im Nahen und Mittleren Osten. Ihre Hemmschwelle vor Gewalt gegen andere Menschen sei sehr stark gesunken.

Verfassungsschutz hält sich sehr bedeckt

Zwei weitere Nürnberger Moscheen dienen Salafisten als Treffpunkte und Agitationsorte. Um welche Gebetshäuser es sich handelt, teilt der bayerische Verfassungsschutz aus ermittlungstaktischen Gründen nicht mit.

Die bundesweite Razzia am Dienstag richtete sich auch gegen Aktivisten im Umfeld der Islamischen Gemeinde Nürnberg, die in der Hessestraße 12-14 sitzt. Laut Verfassungsschutz gehört dieses Zentrum zur Islamischen Gemeinschaft in Deutschland (IGD), die islamistisch ausgerichtet ist. Die Ziele der in Köln beheimateten, rund 300 Mitglieder starken IGD seien von der Ideologie der Muslimbruderschaft geprägt, sie richteten sich "gegen die freiheitlich demokratische Grundordnung der Bundesrepublik Deutschland", heißt es im bayerischen Verfassungsschutzbericht 2015.

Die Muslimbruderschaft gilt aus Sicht des Bundesamtes für Verfassungsschutz als älteste und einflussreichste islamistische Bewegung sunnitischer Orientierung. Sie strebe die Errichtung eines "bürgerlichen Staates mit islamischen Werten" an. Ihre Mitgliederschaft wird - zusammen mit der IGD - auf rund 1300 Menschen geschätzt.

Die Salafisten werben vor allem unter Flüchtlingen um neue Anhänger für ihre extremistische Ideologie. Vordergründig bieten sie humanitäre Hilfe an. Tatsächlich versuchen sie, über die so geschaffene Vertrauensbasis ihre Ideologie weiterzureichen, um die Flüchtlinge schließlich als Unterstützer zu gewinnen. Besonders gefährdet sind junge Flüchtlinge, die ohne Eltern und andere Verwandte nach Deutschland gekommen sind. Sie stehen allein und sehnen sich häufig nach sozialer Nähe.

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