Tote Frau und Tierleichen in Messie-Haus gefunden

13.7.2016, 21:55 Uhr
Tote Frau und Tierleichen in Messie-Haus gefunden

© Tierheim Nürnberg

Nachbarn des Wohnhauses im Stadtteil Hafen hatten am Montagnachmittag die Polizei gerufen, weil sie die 78-Jährige seit Längerem nicht mehr gesehen hatten. Die Beamten durchsuchten die völlig verwahrlosten Wohnräume, fanden die vermisste Frau aber nicht. Dafür stießen sie auf deren 53-jährige Tochter, die wegen ihres psychischen Zustands in eine Fachklinik gebracht wurde. Sie konnte über den Verbleib ihrer Mutter keine Angaben machen. In der Wohnung lagen zahlreiche tote Kaninchen, das Tierheim Nürnberg wurde alarmiert.

Am Dienstag ging die Polizei - gemeinsam mit der Feuerwehr und mit entsprechender Schutzkleidung - nochmal in das Haus und fand schließlich in einem Zimmer einen Leichnam.

"Die tote Frau hat hier offenbar schon mehrere Wochen lang gelegen", sagte Polizeipressesprecher Peter Schnellinger auf Anfrage. Ob die Tote tatsächlich die vermisste Seniorin ist, soll eine von der Staatsanwaltschaft für Donnerstag angesetzte Obduktion herausfinden. Geklärt werden soll dabei auch, wie die Frau starb. Derzeit schließt die Kripo einen gewaltsamen Tod nicht aus.

Wegen der vielen toten Tiere durften auch Mitarbeiter des Tierheims das Haus im Stadtteil Hafen betreten. Die Feuerwehr hatte zunächst die Eingangstür öffnen und frei räumen müssen, damit die Helfer überhaupt ins Haus kamen. Den Mitarbeiten - so schildert es der Verein - "stockte der Atem" bereits beim Betreten des Gartens, in dem überall tote Kaninchen lagen. Im Inneren stank es nahezu unerträglich. Die Tierschützer durchsuchten die Müllberge und fanden dort unzählige tote Kaninchen - teilweise schon skelettiert. Auch für eine hochträchtige Kaninchenmama kam jede Hilfe zu spät.

Zwei Tauben und 20 Kaninchen konnten gerettet werden, allerdings sind die Vierbeiner in einem katastrophalen Zustand, leiden unter verkrusteten Nasen und verklebten Augen. Sie werden am Mittwoch von einem Tierarzt noch eingehend untersucht.

Die Tierrettung war bereits zum dritten Mal in dem Haus. Trotz Tierhalteverbot habe die 78-Jährige immer wieder Kleintiere angesammelt, berichtete der Verein. Dieses Phänomen ist auch als "Animal Hoarding" (Tierhortung) bekannt – es ähnelt dem sogenannten Messie-Syndrom. Dennoch habe weder der Tierschutzverein noch das Ordnungsamt bisher eine Möglichkeit gehabt, in das Haus rein zu kommen.

"Messies" (abgleitet vom englischen „mess“ für Unordnung) sind Menschen mit Organisationsproblemen. Oft geht die Erkrankung mit sozialer Inkompetenz und Zwangsstörungen oder ADHS einher. Die Betroffenen können sich von nichts trennen, sie behalten sämtlichen Abfall sowie kaputte Möbel und defekte Geräte.

Der Tierschutzverein bittet für die Rettung der überlebenden Tiere um Hilfe. Eine Spendenhotline (0900 111 0 116, 5 € pro Anruf für das Tierheim, nur aus dem deutschen Festnetz) ist eingerichtet. Auch per Charity-SMS (Kennwort "TIERHEIM") an die 81190 können Sie 5 Euro an das Tierheim spenden. Oder per Überweisung: IBAN DE 98 7605 0101 0005 8976 16; BIC SSKN DE77 XXX.

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