Treibjagd erhitzt in Boxdorf die Gemüter

27.12.2012, 07:59 Uhr
Treibjagd erhitzt in Boxdorf die Gemüter

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Die Vorkommnisse vom 1.Dezember erhitzen noch immer die Gemüter. „Die Jäger sind mit umgeknickten Flinten herumgelaufen“, berichtet Familienvater Jürgen Lindner über das Auftreten der gut 20-köpfigen Gruppe, die an jenem Samstag in Boxdorf und Großgründlach auf Treibjagd gegangen war. Die Schüsse, mit denen vor allem Feldhasen, Rebhühner, Fasane und anderes Niederwild niedergestreckt wurden, seien „nicht weit weg“ gewesen, berichtet Lindner.

Aufgeschreckt wurden dadurch etliche Eltern, deren Kinder im Rahmen einer Geburtstagsfeier nicht weit davon entfernt bei einer früheren Lehmgrube spielten, die als beliebter Schlittenberg gilt. Da das Gebiet aber kein offizieller Spielplatz ist, sei hier „Jagen ohne Wenn und Aber erlaubt“, wie Helmut Wolf betont, der seit 30 Jahren Geschäftsführer des Bayerischen Bauernverbands in Nürnberg ist und ebenso lang das Reizthema „Treibjagd“ verfolgt.

Von den Ereignissen in Boxdorf am 1. Dezember, die mit ein paar gereizten Wortwechseln angereichert wurden, hat Wolf von verschiedener Seite erfahren. Nach seinen Erkenntnissen haben Jagdpächter Roland Farnbacher und seine Crew „alles richtig gemacht“. Und wie das Polizeipräsidium bestätigt, wurde dort die Treibjagd auch zuvor angekündigt.

Einen Hinweis an Bürgeramt Nord oder Ordnungsamt, an den Boxdorfer Bürgerverein oder die Medien gab es nicht. Das würde sich Lindner ebenso wie viele Eltern allerdings sehr wünschen: „Dann hätten wir Bescheid gewusst und wären nicht in die Nähe gegangen.“

Laut Gesetz muss die Öffentlichkeit aber nicht vorab über eine Treibjagd informiert werden — sofern keine öffentlichen Wege tangiert werden. Trotzdem empfiehlt Wolf: „Jagdpächter tun gut daran, die Jagd vorher anzukündigen.“ Für ihn verhält sich Kurt Altmann aus Buch vorbildlich, weil dieser immer Warnschilder mit „Achtung, Treibjagd!“ aufstelle, damit kein Spaziergänger oder Jogger einem Jäger plötzlich vor die Schrotflinte läuft.

„Tierschützer“ störten

Roland Farnbacher, dessen Familie seit gut 30 Jahren das Revier in Großgründlach und Boxdorf bejagt (eines von sechs Jagdgebieten im Knoblauchsland und elf in Nürnberg), verweist auf schlechte Erfahrungen. Einmal habe er den Termin vorab publik gemacht, doch dann seien zehn angebliche „Tierschützer“ aufgetaucht und hätten gestört. Farnbacher beteuert, dass die Treibjagd stets „nach bestem Wissen und Gewissen“ verlaufe und es bisher nie Zwischenfälle gegeben habe.

Klar ist: Die Gemüsebauern im Knoblauchsland halten es für zwingend nötig, dass per Jagd insbesondere die Zahl der Feldhasen reguliert wird. CSU-Stadtrat Konrad Schuh aus Neunhof erinnert daran, dass von ein paar Jahren schon mal über 130 Hasen abgeschossen werden mussten, weil eine Hasenplage grassierte. In der aktuellen Jagdsaison, die Ende Dezember für Feldhasen endet, seien es etwa 35 gewesen.

Laut Sabine Fuckerer, juristische Mitarbeiterin im Ordnungsamt, das den Bereich Jagd beaufsichtigt, gibt es „ab und zu Beschwerden“, der Vorfall in Boxdorf ist bisher aber nicht aktenkundig. Die Vorschriften würden etwa das Schießen in Richtung der Wohnbebauung kategorisch untersagen. „Dritte dürfen keinesfalls gefährdet werden“, betont Fuckerer. Bei nachgewiesenen Verstößen droht der Entzug des Jagdscheins und des Reviers — wie aktuell im Fall Rehhof, wo ein Jäger einen Hund erschossen hatte.

Laut Helmut Wolf hat es im Knoblauchsland die letzten 30 Jahre kein solches Verfahren gegeben. Vor fünf Jahren sei lediglich mal verstärkt kontrolliert worden, „ob auch alle Jäger einen Waffenschein haben“. Grundsätzlich hat Wolf aber oft erlebt, „dass Welten aufeinanderprallen“, wenn sich Jäger und Privatpersonen begegnen — inklusive „Mörder“-Rufen.

Jürgen Lindner erhebt solche Vorwürfe nicht. Er berichtet aber von Beschimpfungen der Gegenseite, als er zufällig in eine Treibjagd joggte. Das Aufstellen von Warndreiecken sei früher in Ziegelstein üblich gewesen. Diese Lösung fände er auch in Boxdorf gut.
 

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