Beerbach auf den Barrikaden: Quarzsand soll bleiben wo er ist

27.3.2014, 08:23 Uhr
Beerbach auf den Barrikaden: Quarzsand soll bleiben wo er ist

© Malter

Die Bürger gehen auf die Barrikaden.

Von Lebensqualität bis Existenz

Das Feuerwehrhaus ist voll an diesem Abend, an dem der FC Bayern im fernen Berlin seinen 24. Deutschen Meistertitel perfekt macht. An Fußball denkt in Beerbach aber niemand. Viele befürchten, sollten die Sandbagger anrücken, eine Einbuße an Lebensqualität. Einige Landwirte fürchten gar um ihre Existenz.

Doch es ist nicht so einfach, den Sandabbau zu verhindern. Denn gebaggert würde in einem im Regionalplan ausgewiesenen Vorranggebiet. Da braucht es schon starke Argumente, um den Investor – die Spalter Baufirma Engelhard – zu stoppen. Bodenschätze muss man eben dort abbauen, wo sie sind.

Abschreckende Beispiele

Nun sind 13,6 Hektar für eine Sandgrube gar nicht übermäßig groß. Die Abbaugebiete im Raum Georgensgmünd/Spalt, im Raum Roth und zwischen Hilpoltstein und Thalmässing haben ganz andere Dimensionen. Für die Beerbacher sind das abschreckende Beispiele. Eine solche „Mondlandschaft“ wollen sie nicht direkt vor ihrer Haustüre.

Und: Bei Sandgruben ist nicht alleine die Größe ein wichtiges Kriterium, sondern auch die Zeitschiene. In Beerbach soll der Sand – geschätzter Ertrag 660000 Kubikmeter – 35 Jahre lang aus dem Boden geholt werden, also etwa bis zum Jahr 2050. Erst dann wird das Gebiet rekultiviert.

Emotional aber fair

Drei Stunden lang diskutieren die Beerbacher mit dem künftigen Betreiber der Sandgrube, vor allem aber mit Norbert Weiß vom genehmigenden Bergamt Nordbayern Pläne und Gefahren. Die Stimmung ist aufgeheizt, zu Beginn mitunter aggressiv, aber nie feindselig. „Eine schöne Veranstaltung mit interessanten Hinweisen“, wird Weiß am Ende eines langen Abends sagen. „Da bin ich anderes gewöhnt.“

Noch vor 15 oder 20 Jahren wäre solch ein Antrag, wie er jetzt vorliegt und wie er im Abenberger Rathaus genau studiert werden kann, vermutlich ohne große Widerstände durchgewinkt worden. Heute ist so etwas nicht mehr möglich. Die Menschen sind sensibilisiert.

Gründe gegen den Sandabbau

Und sie sind dank des Internets vor allem viel besser informiert. Landwirte wie Gerhard Frieß sitzen derzeit abendelang an ihrem Rechner und arbeiten hunderte von Seiten des Antrags durch. Er und viele andere Beerbacher glauben auch gute Gründe zu haben, die gegen den Sandabbau sprechen:

1. Trinkwasserschutz: Die Sandgrube liegt zwar nicht im Wasserschutzgebiet der Reckenberggruppe, aber sicher im Wassereinzugsgebiet des Versorgers. Die Beerbacher halten es für unverantwortlich, in einem so sensiblen Raum den Bodenschatz mit schwerem Gerät zu heben – teilweise im Nassabbau bis zu drei Meter unter der Grundwasserlinie. Umso unverständlicher ist für sie eine erste Einschätzung der Reckenberggruppe, die in einer Stellungnahme keine Einwände gegen den Sandabbau erhoben hat.

2. Lärm: Einige Häuser in Beerbach sind weniger als einen Kilometer von der geplanten Sandgrube entfernt. Dort sind nicht nur schwere Maschinen im Einsatz. Der geförderte Quarzsand muss auch gewaschen werden. Das alles wird nicht ohne Lärm-Emissionen gehen, selbst wenn das Abbaugebiet durch Wälle und einen schmalen Waldsaum geschützt wird. Weil unter der Grundwasserlinie kein loser Sand, sondern fester Keupersandstein erwartet wird, befürchten die Anwohner, dass Steinbrecher zum Einsatz kommen. „Dafür bräuchte der Antragsteller aber eine besondere Genehmigung“, so Norbert Weiß vom Bergamt. Er versucht, die Bedenken zu zerstreuen. Keupersandstein habe die Eigenschaft, dass er auseinanderfällt, sobald er mit Luft in Verbindung kommt. Wie er aber unter Wasser abgebaut werden kann, ist völlig unklar. „Das ist technisch nur mit größtem Aufwand möglich“, hat Gerhard Frieß recherchiert.

3. Verkehr: Die Firma Engelhard rechnet zwar nur mit durchschnittlich fünf Lkw-Touren pro Tag. Macht bei Hin- und Rückfahrt zehn Lkw. Aber was heißt schon Durchschnitt? Im Winter wird weniger los sein, im Sommer dafür umso mehr, glauben die Beerbacher. Und: Quarzsand ist begehrt. Wenn die Nachfrage groß genug ist, dann könnte es auch deutlich mehr Schwerlastverkehr geben. Das würden nicht nur die Beerbacher spüren, sondern auch die Dürrenmungenauer, die Obersteinbacher und die Wassermungenauer.

4. Wirtschaftliche Einbußen: Direkt neben der Sandgrube liegen die Felder der „Arbeitsgemeinschaft Heilpflanzen Rother Land“. Die ist auf ganz besonders sauberes Wasser zum Bewässern angewiesen. Könne er nicht höchste Anforderungen garantieren, sei er raus aus dem Geschäft, so Gerhard Frieß. Auch andere Bauern fürchten, dass durch den Sandabbau der gesamte Wasserhaushalt in der Umgebung in Unordnung gerate. Daneben müssen möglicherweise Jagdgenossen und Teichwirte entschädigt werden. Letzteres klappt allerdings bei anderen Sandgruben auf Abenberger Gebiet problemlos, berichtete Bürgermeister Werner Bäuerlein.

Spät, aber immerhin

Beerbachs Bürger finden es gut, dass die Stadt zu dem Info-Abend eingeladen hatte. Noch besser hätten sie es gefunden, wenn es solche Informationen schon ein paar Jahre früher gegeben hätte. Immerhin, so bestätigt Norbert Weiß vom Bergamt, habe es schon 2007 erste Gespräche gegeben. Doch erst nach einem sogenannten Scoping-Termin mit Vertretern 15 verschiedener Behörden im Jahr 2012 sei Bewegung in die Sache gekommen.

Die Behörden hätten dem Investor klar gemacht, welche Unterlagen, welche Gutachten sie benötigen.

Seit Anfang 2014 liegt all das, was gefordert war, auf dem Tisch. Das Bergamt leitete daraufhin das Genehmigungsverfahren ein. Noch bis Ende April können nicht nur die sogenannten Träger öffentlicher Belange wie Stadt und Naturschutzgruppen ihre Stellungnahmen abgeben, sondern jeder Betroffene.

In Beerbach wird derzeit in vielen Haushalten an Stellungnahmen gearbeitet. Vielleicht gibt es aber auch nur eine einzige. Ortssprecher Joe Meister hat die Bürger am Sonntag um 17 Uhr noch einmal zu einem Treffen ins Feuerwehrhaus eingeladen. Dann soll an einer gemeinsamen Erklärung gefeilt werden.

Alle Einwendungen und Hinweise werden bei einem öffentlichen Erörterungstermin besprochen. Der könnte im Sommer stattfinden, vielleicht aber auch erst im Frühjahr 2015. Können sich der (mögliche) Sandgrubenbetreiber und die Gegner nicht einigen, dann wird das Bergamt Nordbayern, das in Franken und der Oberpfalz an rund 350 verschiedenen Orten den Abbau von Bodenschätzen fachlich begleitet, entscheiden. Ausgang? Völlig offen.

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