Der kluge Mann sagt ab

7.3.2015, 09:35 Uhr
Der kluge Mann sagt ab

© Peter Steffen (dpa)

Der arme Andreas Kümmert. Ich habe ja noch nie ein Lied von ihm gehört und mir erst gestern von den Kollegen erklären lassen, dass Joe Cocker durch seine Stimme weiterlebt. Alleine das hätte ihn mir schon sympathisch gemacht. Aber seit ich im Autoradio seine Absage gehört habe, bin ich ohnehin ein echter Fan.

Von wegen Muffensausen. Die Courage muss erstmal einer haben, sich hinzustellen und vor Millionen seine vermeintliche Schwäche einzugestehen. Selbstbewusst ist jemand, der sich seiner selbst bewusst ist. Und der auch weiß, was er nicht kann.

Ich bin nicht selbstbewusst, deshalb schreibe ich diesen Text auch weiter. Aber das eigentlich Furchtbare ist doch: Mit dieser bescheuerten Haltung bin nicht alleine.

Was wäre der Welt erspart geblieben, wenn mehr Männer den Mut gehabt hätten, ihre Wahl nicht anzunehmen? Die Ukraine hätte ihre Ruhe vor Putin, Europa würde von Tsipras nicht genervt und ohne Blatter müssten unsere Fußballer nicht in der Wüste schwitzen und wir im Winter frieren.

Vor allem aber: Was würden sich die Gewählten nicht alles ersparen, würden sie sich klarmachen, worauf sie sich einlassen!

Etwa Schwabachs Stadtspitze: OB Thürauf wollte die großen Linien der Stadtpolitik neu ziehen. Und mit was muss er sich abkarpfen? Mit der Buslinie nach Dietersdorf!

Stadtrechtsrat Knut Engelbrecht könnte bequem in wohltemperierten Verwaltungsgerichten eindrucksvolle Plädoyers halten statt in zugigen Bruchbuden Unterkünfte für Asylbewerber zu suchen.

Stadtkämmerer Spahic wäre so gern ein netter Kerl und muss jetzt jedem den Rotstift unter die Nase halten. Wie bitte, Geld wollen Sie von mir? Ich hätt’ gern selber welches!

Stadtbaurat Kerckhoff könnte in Roth mal wieder ein leeres Einkaufszentrum planen, muss sich aber in Schwabach ständig lächerlich machen, weil der sibirische Frost die Landsknechtsbrücke sperrt. Und dann schreibt ihn die Zeitung auch noch ständig ohne „c“, weil anno 1974 René van de Kerkhof für die Holländer gespielt hat und diese Tagblatt-Dödel nur an Fußball denken.

Gar nicht zu reden von Schulreferent Frank Klingenberg. Der kam als cooler Personalmanager und darf jetzt erklären, warum die abbruchreife Realschule noch mal kurz zig Jahre halten muss.

Und ich muss all den armen Kerlen hilflos zusehen und als braver Lokaljournalist immer schön schreiben, dass alles halt manchmal ein bisschen schwierig, aber im Großen und Ganzen doch prima ist. Dabei hätte ich damals nach der Stellenzusage nur sagen müssen: Vielen Dank, bin gerührt, aber nö, doch nicht.

So wie Andreas Kümmert. Der kluge Mann — sagt ab.

 

Keine Kommentare