Schwabacher Frauenhaus ausgelastet wie nie zuvor

17.3.2015, 08:05 Uhr
Schwabacher Frauenhaus ausgelastet wie nie zuvor

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Wie wichtig eine solche Einrichtung ist, zeigt der Jahresbericht 2014, den das Frauenhaus nun vorgestellt hat.

Die Zahlen sind schockierend. Laut einer neuen Studie der europäischen Grundrechtsagentur FRA erfährt jede vierte Frau in Deutschland mindestens einmal in ihrem Leben körperliche und/oder sexuelle Gewalt in der Partnerschaft. Frauenhäuser sind für sie ein Zufluchtsort.

2014 wohnten 55 Frauen und 68 Kinder im Frauenhaus Schwabach. Im Durchschnitt waren es zehn Frauen und 14 Kinder. Das bedeutet: Die Belegung bei den Frauen lag bei 99 Prozent und damit neun Prozent höher als 2013.

„Einerseits hatten wir damit die höchste Auslastung seit der Eröffnung des Frauenhauses 1996, andererseits hatten wir mit 55 Frauen die geringste Anzahl von Bewohnerinnen innerhalb eines Jahres“, so Frauenhaus-Leiterin Andrea Hopperdietzel im Jahresbericht.

26 der Frauen besitzen die deutsche Staatsangehörigkeit, 30 Frauen haben einen Migrationshintergrund. Zehn Frauen haben eine EU-Staatsangehörigkeit, fünf eine sonstige osteuropäische einschließlich russische, drei eine türkische, fünf eine afrikanische, vier eine asiatische und zwei eine amerikanische. Im Vergleich zu den Vorjahren fällt der geringe Anteil von Frauen aus der Türkei auf.

Veränderungen in der Arbeit

Bei den Kindern lag die Belegung sogar bei 141 Prozent und damit 21 Prozent über 2013 und 45 Prozent über 2012. Auch hier gilt: sehr hohe Auslastung bei geringer Kinderzahl, jedoch lange Aufenthaltsdauer von durchschnittlich 96 Tagen. Dies hängt mit der schwierigen Wohnungssuche zusammen.

Die Erhöhung der Aufenthaltsdauer bedeutet einschneidende Veränderungen in der Arbeit. Neben der Krisenintervention werden parallel auch langfristige Lösungen benötigt. Bevor Sicherheitsmaßnahmen beispielsweise durch das Gewaltschutzgesetz abgeschlossen werden können, muss mit der Wohnungssuche begonnen werden. Kinder werden einerseits vorübergehend in den Schulen angemeldet, gleichzeitig müssen aber Fördermaßnahmen und Gutachten eingeleitet werden, um bei längerem Aufenthalt die richtigen Schritte gehen zu können.

„Es kommt beispielsweise ein Kind mit logopädischem Förderbedarf. Bei kurzem Aufenthalt ist es wichtiger, dass das Kind zur Ruhe kommt und spürt, dass es in Sicherheit ist. Bei längerem Aufenthalt muss der Kinderarzt die Förderung planen und durchführen, damit das Kind bei Schulbeginn nicht benachteiligt ist. Falls die Wohnungssuche innerhalb von zwei bis drei Monaten Erfolg hat, muss bei Wohnortwechsel alles wieder abgesagt werden“, berichtet Andrea Hopperdietzel aus der Praxis. „Um auf dem Wohnungsmarkt erfolgreich zu sein, müssen Frauen häufig Arbeit suchen, bevor sie eine Wohnung haben. Dies bedeutet jedoch auch, dass Plätze in Kindergärten, Horten und Krabbelstuben gefunden werden müssen.“

Dies zeigt: Die Wohnungsnot belastet die Bewohnerinnen sehr. 2014 investierte das Frauenhaus-Team sehr viel Zeit in die Suche von Wohnungen, in Kontakte zu Wohnbaugesellschaften, die Begleitung von Bewohnerinnen zu Besichtigungen, bei der Wohnungssuche und der Antragsstellung. Die Arbeitszeiten wurden verändert und beispielsweise an Donnerstagen auf 7 Uhr vorverlegt, um auf Annoncen in der Zeitungsbeilage schnell reagieren zu können.

Ambulante Beratung

Im Frauenhaus wohnen Frauen aller Altersstufen, mit oder ohne Kinder und mit unterschiedlichen finanziellen Möglichkeiten. Selbst für eine alleinstehende Frau mit gutem Einkommen ist es nicht immer leicht eine Wohnung zu finden.

Frauen mit Migrationshintergrund haben es vor allem wegen der Sprachprobleme besonders schwer. Um auch Frauen, die keinen Platz im Frauenhaus finden, weiter zu helfen, wurde ambulante Beratung intensiviert und die Möglichkeit der „Wohnungszuweisung“ wird immer häufiger thematisiert. Außerdem hält das Frauenhaus ein Zimmer für eine behinderte Frau oder Frauen aus seinem Einzugsgebiet vor: der Stadt Schwabach und den Landkreisen Roth, Nürnberger Land und Weißenburg-Gunzenhausen.

Behindertengerechtes Zimmer

Das Frauenhaus Schwabach verfügt über zehn Plätze für Frauen und hat zusätzlich ein behindertengerechtes Zimmer. „Wir möchten von Gewalt betroffenen Frauen mit Behinderungen und Beeinträchtigungen das Frauenhaus stärker öffnen. Zwei Mitarbeiterinnen bilden sich in diesem Bereich fort“, betont Andrea Hopperdietzel.

2014 zogen 42 Prozent der Frauen in eine eigene neue Wohnung. Acht Prozent zogen in die eigene oder zugewiesene Wohnung nach Auszug des gewalttätigen Partners. Ebenfalls acht Prozent zogen zu Personen aus ihrem sozialen Netz, beispielsweise Verwandten oder Freundinnen. In ein anderes Frauenhaus zogen nur zwei Prozent und in eine soziale Einrichtung wie die Mutter-Kind-Wohnung der Caritas sechs Prozent. In die gewaltgeprägte Lebenssituation kehrten 25 Prozent zurück.

Ein besonderes Projekt startete 2014: die Nachbetreuungsgruppe „Schatzkiste“. „Wir können 2015 dank Sponsoren neben der wöchent-lichen Gruppe ein zusätzliches Wochenende am Brombachsee anbieten“, so Andrea Hopperdietzel. „Daneben werden wir versuchen das Angebot des Frauenhauses um eine Beratungsstelle zu erweitern, die eng mit der Polizei zusammenarbeitet und nach dem proaktiven Ansatz arbeitet. Nach einem Polizeieinsatz nimmt die Beratungsstelle von sich aus Kontakt mit der betroffenen Frau auf und bietet Hilfe an.“

Wer Wohnraum zur Verfügung hat und Frauen und Kinder unterstützen möchte, kann sich an der Frauenhaus wenden.

E-Mail: info@frauenhaus-schwabach.de

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