Sparschwein wird für ein Ganzjahresbad geschlachtet

26.12.2016, 18:41 Uhr
Sparschwein wird für ein Ganzjahresbad geschlachtet

© Foto: W. Fellner

Die Große Kreisstadt des gleichnamigen Landkreises ist in diesem Jahr eine der bekanntesten Kommunen Deutschlands geworden. Allerdings steckten keine gewieften Marketing-Strategen dahinter, sondern die Autobahnverwaltung Nordbayern, die zur selben Zeit eine Brücke und eine Auffahrt sanieren ließ. Die Folge: „Auf der A 3 zwischen Neumarkt und Neumarkt Ost staut sich der Verkehr in einer Baustelle“, hörte die ganze Republik täglich im Radio.

Inzwischen fließt der Verkehr wieder und auch die Neumarkter Kommunalpolitik hat eine Baustelle geschafft: Das Ganzjahresbad. Seit 2001 diskutierte man darüber, es war der Schlager in vier OB-Wahlkämpfen. Verschiedene Standorte und Entwürfe waren in den vergangenen 15 Jahren zerredet worden.

Betrieb könnte 2019 starten

Nun geht es auf einmal ganz schnell. Schon im Frühjahr wird das Baufeld freigemacht, im Sommer sollen die eigentlichen Bauarbeiten beginnen. Wenn alles glatt geht, können schon Ende 2019 die ersten Badegäste kommen. Sie erwartet dann ein Spaßbecken, ein beheiztes Sole-Außenbecken und ein 25-Meter-Sportbecken mit Sprungturm und einer Kletterwand. In einem zweiten Bauabschnitt ist noch ein 80-Meter-Rutschenturm geplant. Zuvor muss allerdings das Hallenbad weichen.

40 Millionen Euro kostet das Prestige-Projekt. Es ist die bisher größte Einzelinvestition Neumarkts. Bauherr sind zwar die Stadtwerke Neumarkt, doch Zahlherr ist die Stadt. Sie greift dafür in die Rücklagen. Etwa 80 Millionen Euro hat die Stadt auf der hohen Kante, angesammelt durch eine kluge Grundstückspolitik, sprudelnde Gewerbesteuer-Einnahmen und geschickte Anlagen in den vergangenen Jahrzehnten.

Neumarkt kann sich das Bad also leisten und auch das erwartete Defizit von jährlich 700 000 Euro. Trotzdem verstummen die Kritiker nicht, die es lauter oder leiser in allen Parteien gibt. Denn die geplante Freizeiteinrichtung würde nicht weit von der Innenstadt in einem Wohngebiet liegen, wo Parkplätze jetzt schon knapp sind. Wenn nun noch die Besucher des Ganzjahresbads hinzukommen, befürchten die Anwohner chaotische Zustände.

Die Diskussion um einen Hochschulstandort Neumarkt zieht sich fast genauso lange hin wie der Streit ums Bad. Und auch hier gab es einen Durchbruch. Bisher schon gab es eine private Teilzeit-Fachhochschule und das Klinikum ist ein Lehrkrankenhaus der FAU Erlangen-Nürnberg. Nun ist eine Außenstelle der Ohm-Hochschule hinzugekommen.

Eine kleine zwar, doch immerhin 40 junge Menschen studieren nun „Management in der Biobranche“. Zunächst sind sie im Haus St. Marien, einer Hauswirtschaftsschule, untergebracht. Für 120 000 Euro hat die Stadt dort ein Stockwerk umbauen lassen. Auch der Freistaat und die Neumarkter Wirtschaft tragen diesen Studiengang in Neumarkt finanziell mit. Der Studiengang scheint einen Nerv getroffen zu haben. 100 junge Männer und Frauen wollten Bio-Manager werden, so dass für die Plätze ein Numerus clausus gilt. Bleibt der Zuspruch so groß, wird die Stadt Neumarkt ein eigenes Gebäude errichten.

Der Rest der Stadtpolitik ist Wahlkampf: Denn im kommenden Jahr wird in Neumarkt der Oberbürgermeister gewählt. Thomas Thumann von der UPW strebt seine dritte Amtszeit an. Aussichtsreichster Gegenkandidat ist wohl Richard Graf von der CSU. Die Parteispitze hat ihn bereits einstimmig empfohlen, die Zustimmung der Basis gilt als Formsache. Als stärkste Fraktion versuchen die Christsozialen mit aller Macht, eine Wechselstimmung herbeizuführen. Bisher mit bescheidenem Erfolg.

Etwa bei der Bewerbung für die Landesgartenschau 2020, einem Musterbeispiel für ein kommunalpolitisches Catch-as-catch-can. Ursprünglich stammte der Vorschlag vom früheren OB und jetzigen Bundestagsabgeordneten Alois Karl (CSU), er wurde aber nur von der Splittergruppe Flitz aufgegriffen, die sich in einer Fundamentalopposition übt. Doch in der entscheidenden Abstimmung hatte sie die CSU auf ihrer Seite.

Die Freude währte nicht lang. OB Thumann hebelte seine Kontrahenten aus, indem er mit seiner eigenen ausschlaggebenden Stimme das Votum über das Bewerbungsbudget scheitern ließ und anschließend erklärte: „Damit ist das Projekt für mich persönlich erledigt.“

UPW und CSU beharken sich

Ähnlich erging es einer CSU-Initative für zwei Kunstrasenplätze, die vom Stadtrat in den bedeutungslosen Sportausschuss verschoben wurde. Um dem CSU-Mann Graf keinen Image-Gewinn zu gönnen, torpediert die Stadtspitze sogar ein Vorhaben, dass sie selbst angeschoben hat. Im Stadtteil Pölling hatte die Stadt vor Jahren Grundstücke gekauft, um dort die Ortsmitte zu entwickeln – unter anderem mit einem Gemeindezentrum. Treibende Kraft des Pöllinger Trägervereins ist der CSU-Kandidat Graf. Und so zerpflückte die UPW des OB den geplanten Bau nach Strich und Faden.

Zum Glück hat die Stadt eigentlich keine anderen Probleme. Denn finanziell steht sie mehr als solide da. Das gilt auch für die restlichen Gemeinden im Landkreis. Alle bauen seit Jahren ihre Verbindlichkeiten ab und investieren dabei sogar noch. Drei von ihnen — Berg, Seubersdorf und Lauterhofen — sind sogar schuldenfrei.

Grundlage ist eine florierende Wirtschaft, das stark vertretene Baugewerbe und nicht zuletzt die Autobahn A 3. Sie verbindet das Ballungszentrum Nürnberg mit der Boom-Stadt Regensburg. Davon profitiert gerade der südliche Landkreis rund um Parsberg. Dort kommt man mit dem Ausweisen von Baugebieten gar nicht nach. Und auch ein Gewerbegebiet des kleinen Nachbarn Lupburg ist gut nachgefragt.

Und dann wäre da noch der unbezahlbare Werbeeffekt der Großbaustelle. Im kommenden Frühjahr geht es weiter, dieses Mal auf der anderen Fahrbahn. Dann heißt es wieder: „Zwischen Neumarkt und Neumarkt Ost . . .“

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