Viel Applaus für Windsbacher Knabenchor in Weißenburg

7.5.2018, 06:00 Uhr
Viel Applaus für Windsbacher Knabenchor in Weißenburg

© Markus Steiner

Mit viel Schwung und doch immer äußert preziösen Stimmeinsatz beweisen die Chorknaben auch unter ihrem neuen Chorleiter, Kirchenmusikdirektor Martin Lehmann, dass sie weltliche Musik genauso exzellent umsetzen können wie geistliche. Der Knabenchor, der von Hans Thamm nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs gegründet wurde und sich unter seinem Nachfolger Karl-Friedrich Beringer immer mehr auch weltlichen Werken widmete, hat längst Jazz-Standards und Volkslieder neben Werke von Bach oder Vivaldi im Programm.

„Wie ein Gebet“

Am Vorabend des Sonntags „Laudate“ zeigten die Windsbacher Chorknaben einmal mehr, dass säkulare und geistliche Musik in ein Gotteshaus wie St. Andreas passen und „vertonte Worte“ oftmals in ein „intensives Gebet“ verwandelt werden können, wie Dekanin Ingrid Gottwald-Weber in ihrer Begrüßung treffend bemerkte. Das virtuose und opulente Orgelwerk „Stunde der Freude“ von Marco Enrico Bossi, das Kirchenmusikdirektor Michael Haag zur Eröffnung gewählt hatte, stimmte perfekt auf einen Abend ein, der bestens geeignet war, um die Musikliebhaber im gut gefüllten Kirchenschiff auf eine musikalische Reise mitzunehmen, die erfrischende Brisen genauso bot wie stürmische See, aber auch ganz ruhige Gewässer.

Mendelssohns „Jauchzet dem Herrn alle Welt“, eine Motette für vier bis achtstimmigen Chor zum Text des Psalms 100, beeindruckte durch die Klangfülle und Würde des Werks und gab den Knaben mit einem eher leichter zu singenden Werk die nötige Sicherheit, um sich im Laufe des Konzerts sukzessive immer mehr steigern zu können.

Dass der Knabenchor in Teilen auch ein veritabler Männerchor ist, bewiesen die Windsbacher mit Emanuel Vogts  „Ein neues Lied singt dem Herrn“, das für einen vierstimmigen Männerchor komponiert wurde und bestens geeignet war, um die Intonations- und Modulationssicherheit des Ensembles zu demonstrieren.

Fast wie ein Singspiel kam Ernst Peppings „Jesus und Nikodemus“ daher, in dem sich die Bassstimmen als Erzähler, Nicodemus von Tenor- und Bass- und Jesus als Sopranstimmen dialogisch abwechseln. Peppings Motette wollte mit seiner Komposition die Wirklichkeit einer anderen himmlischen Welt zum Ausdruck bringen, was ihm und den Windsbachern trefflich gelungen ist.

Nach Johannes Brahms’ Motette „Schaffe in mir, Gott, ein reines Herz“ für fünfstimmigen Chor, die sich in Tempo und Dynamik bis zum Ende hin stetig steigerte, und Haags Orgelspiel „Dies sind die heil’gen zehn Gebot“ des Bach-Chorals, der auch im Evangelischen Gesangbuch steht, wurde mit Josef Gabriel Rheinbergers „Erstes Wanderlied“ der weltliche Teil des Konzerts eingeläutet, der Volkslieder wie „Es fiel ein Reif in der Frühlingsnacht“ von Bartholdy oder das vierstimmige Kunstlied „Frühlingsahnung“ genauso parat hielt wie Brahms Chorsatz „Waldesnacht“.

Krasser Kontrast

Ein krasser Kontrast zu den romantisierenden naiven Texten war dann Norbert Jürgen Schneiders Rezitativ und Blues „De profundis“, das von Haag an der Orgel intoniert dunkel-düster und disharmonisch daherkommt und für ungeübten Ohren eher „gewöhnungsbedürftig“ ist. Das Werk wurde 1980 für einen „Amnesty International“-Gottesdienst komponiert.  Das Stück ist eines der seltenen Beispiele für die Vermischung von Jazz­elementen und zeitgenössischer Orgelmusik.

Warum der Knabenchor nach den weltlichen Liedern noch einmal zurück zur geistlichen Musik schwenkte und Bartholdy (Richte mich, Gott) und Javier Busto (Pater Noster) intonierte, bleibt wohl Martin Lehmanns Geheimnis. Vielleicht waren die Brüche ja bewusst gesetzt, roter Faden ließ sich hierdurch allerdings nicht finden.

Max Regers „Nachtlied“ war gut geeignet, um die Nerven wohltuend zu beruhigen und für Dekanin Gottwald-Webers Fürbitten und Segen den Boden zu bereiten. Bartholdys „Herr Gott, du bist uns’re Zukunft für und für“ setzte den Schlusspunkt unter ein Konzert, das durch die Klangfülle und hohe Stimmsicherheit beeindruckte.

Der Windsbacher Knabenchor ist Weltklasse und in seiner Art auch unvergleichlich. Schon allein deshalb hat auch das Konzert in Weißenburg einen hohen Stellenwert, das der Knabenchor mit der Zugabe „Pater noster“ des Nürnberger Frühbarockkomponisten Johann Erasmus Kindermann im Halbkreis aufgestellt vor dem Hochaltar stilvoll beendete.

Mit Gewissheit kann man nach dem eineinhalbstündigen Konzert durchaus „Halleluja!“ rufen, wenngleich die Windsbacher selbst mit ihrem Auftritt nicht ganz zufrieden waren. Die Ohren eines Otto Normal-Rezipienten haben die Fehler, die die Chorknaben ausgemacht haben, jedenfalls nicht gehört. Selbst wenn: Die klangliche Schönheit hätte sie ohnehin wieder mehr als wettgemacht.

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