Fränkischer Sommer endete im Altdorfer Wichernhaus

19.8.2014, 16:30 Uhr
Bariton Christian Immler und Daniel Heide am Flügel verzauberten das Publikum im Wichernhaus.

© Spieß Bariton Christian Immler und Daniel Heide am Flügel verzauberten das Publikum im Wichernhaus.

Friedrich Rückert (1788–1866), die Leitfigur des diesjährigen Festivals, war ein Universalgenie: Er war Dichter, Übersetzer, Begründer der deutschen Orientalistik, Schöpfer von Nachdichtungen klassischer Werke der persischen, arabischen und indischen Literatur – und er eignete sich im Lauf des Lebens über 40 Sprachen an.

15 Jahre seines Lebens, von 1826 bis 1841, war er Professor der Orientalistik an der Universität Erlangen und ist neben Jean Paul die bedeutendste literarische Persönlichkeit Frankens. Neben Goethe, Heine und Eichendorff zählt Rückert zu den am häufigsten vertonten Dichtern deutscher Sprache, es soll über 2000 Vertonungen seiner Werke geben. Einen repräsentativen Ausschnitt davon bot der Liederabend in Altdorf: Kompositionen von Franz Schubert, Clara und Robert Schumann, Richard Strauss und Gustav Mahler.

Internationale Karriere

Der deutsche Bariton Christian Immler ist derzeit, auch international, einer der gefragtesten Sänger seines Fachs. Sowohl im Konzert als auch im Opernbereich arbeitet er mit hervorragenden Dirigenten zusammen und singt Mahler-Orchesterlieder ebenso überzeugend wie Bachkantaten.

Mit Daniel Heide hatte er einen kongenialen Partner dabei, bei dem die Arbeit mit Sängern in seiner Konzerttätigkeit einen besonderen Platz einnimmt. Der Franz-Liszt-Preisträger unterrichtet derzeit an Hochschulen in Berlin und Weimar.

Die erste Hälfte des Liederabends war den Kompositionen Franz Schubert sowie Clara und Robert Schumanns gewidmet, der über 50 Kompositionen nach Rückert-Texten geschaffen hat.

Mit "Widmung" von Robert Schumann (1810–1856), das dieser seiner Frau Clara zur Hochzeit geschrieben hat, begann eine bewegende Reise durch die Liederwelt der Romantik. Häufig thematisiert: die Höhen und Tiefen und die Kraft der Liebe.

Voluminös und kraftvoll dabei die imponierende Stimme Immlers, der aber auch zart und zurückhaltend interpretieren kann, sehr überzeugend etwa bei "Der Himmel hat eine Träne geweint".

Seine große stimmliche Bandbreite und auch theatralische Präsenz offenbarte "Flügel! Flügel!", das mit einem dramatischen Tastenzauber endete.

Einsamkeit und Todessehnsucht

Die Lieder von Franz Schubert (1797–1828), dem Schöpfer des romantischen Kunstliedes, die dann folgten, thematisierten besonders eindringlich die Einsamkeit und Zerrissenheit des Menschen und spiegelten so den Geist der Romantik in überzeugender Weise: Am Ende stehen Erinnerung, Traum und Sehnsucht.

Eines der bewegendsten Liebeslieder, Clara Schumanns "Warum willst du and’re fragen" und "Zum Schluss" von Robert Schumann, das die tragische Unvollkommenheit der irdischen Liebe besingt, beendeten den ersten Teil des wunderbaren Liederabends.

Mit fünf Liedern von Richard Strauss (1864–1949) kehrte dann ein modernerer und "unruhigerer" Ton ein, den Immler stimmlich ebenso souverän zum Ausdruck brachte und Heide am Flügel virtuos und sensibel umsetzte.

In den folgenden Kompositionen Gustav Mahlers (1860–1911) drückte Immler mit seiner imponierenden, charismatischen Stimme besonders bei "Um Mitternacht" und im abschließenden "Ich bin der Welt abhanden gekommen" die tragischen Dimensionen der Texte Rückerts und der Musik Mahlers überzeugend aus: mächtig, gefühlvoll und klangschön. Zwei Zugaben der sympathischen und publikumsnahen Künstler beendeten einen außergewöhnlichen Liederabend.

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