Diese Urteile sollten Autofahrer kennen

25.11.2017, 13:54 Uhr
Diese Urteile sollten Autofahrer kennen

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Harte Strafen für Wiederholungstäter

Der Autofahrer war 22 km/h zu schnell gewesen. Eigentlich kein besonders schwerwiegendes Vergehen, nach Bußgeldkatalog wäre es mit 80 Euro geahndet worden. Tatsächlich musste der eilige Verkehrsteilnehmer aber 160 Euro berappen und bekam außerdem ein einmonatiges Fahrverbot aufgebrummt. Die harte Strafe lag in der Uneinsichtigkeit des Schnellfahrers begründet. In den letzten vier Jahren war er nämlich bereits in acht Fällen wegen zu hoher Geschwindigkeit verurteilt worden und hatte in dieser Zeit fünfmal ein einmonatiges Fahrverbot erhalten. Die Verdopplung der Strafe sollte ihn zur Besinnung bringen, interpretieren Experten der Arag-Rechtsschutzversicherung das Urteil. Amtsgericht München, Az. 911 OWi 437 Js 150260/16

Ortskundigkeit schafft Verantwortung

Wenn es zu einem Verkehrsunfall kommt und beiden beteiligten Parteien eine Mitschuld attestiert wird, kann es sein, dass ein ortskundiger Autofahrer intensiver zur Verantwortung gezogen wird. So hat es laut Deutscher Anwaltshotline das Amtsgericht Ansbach entschieden. Das Urteil ist vom Landgericht Ansbach bestätigt worden. Folgendes war passiert: Ein Pkw-Fahrer wollte zwei Lkw überholen. An einer Fahrbahnverengung kam es zu einer Streifkollision mit einem der beiden Laster. Der Pkw-Fahrer zog vor Gericht, um vom Lkw-Fahrer die Begleichung seines Unfallschadens in Höhe von 4000 Euro zu erstreiten. Das Gericht gelangte zu dem Schluss, dass der Unfall für beide Parteien vermeidbar gewesen sei und insofern sowohl der Lkw- als auch der Pkw-Lenker eine Mitschuld trage. Allerdings sei diese nicht hälftig aufzuteilen. Vielmehr sei dem Pkw-Fahrer der größere Anteil (60 Prozent) zuzurechnen, da er als Ortskundiger von der Fahrbahnverengung gewusst habe. Amtsgericht Ansbach, Az. 3 C 775/16

Blaulicht ist nicht genug

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Rettungsfahrzeuge sind laut Paragraph 35 StVO von den Vorschriften der Straßenverkehrsordnung befreit, wenn höchste Eile geboten ist, um Menschenleben zu retten oder schwere gesundheitliche Schäden abzuwenden. Wenn die Einsatzfahrzeuge dabei über eine rote Ampel fahren, genügt es aber nicht, nur das Blaulicht einzuschalten. Daneben muss das Martinshorn ein akustisches Warnsignal geben. Geschieht das nicht und es kommt zu einem Unfall, kann der Halter des Rettungswagens in erheblichem Umfang haftbar gemacht werden. Darauf weist die Rechtsschutzversicherung D.A.S. hin. Im zu verhandelnden Fall war ein Rettungswagen mit Blaulicht, aber ohne Martinshorn bei Rot in eine Kreuzung gefahren. Ein Autofahrer musste eine Vollbremsung hinlegen, ein weiterer krachte ihm ins Heck. Dieser forderte vor Gericht Schadensersatz vom Halter des Rettungswagens. Das angerufene Landgericht bezifferte die Mitschuld des Rettungswagenfahrers zunächst auf lediglich zehn Prozent. In nächster Instanz legte das Oberlandesgericht Düsseldorf diese Mitschuld aber auf 50 Prozent fest. Die andere Hälfte musste der Kläger tragen, weil sein Sicherheitsabstand zum Vordermann zu gering gewesen war. Oberlandesgericht Düsseldorf, Az. I-1 U 46/16

Kolonnenspringen erhöht das Haftungsrisiko

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Kolonnenspringen, also das sukzessive Vorarbeiten in einer Autokolonne durch mehrere Überholmanöver, ist grundsätzlich nicht verboten. Kommt es zu einem Unfall, droht dem übereifrig Überholenden aber trotzdem Ärger. Im vorliegenden Fall hatte sich die Autokolonne auf einer Landstraße (Tempolimit 100 km/h) mit 80 km/h bewegt. Ein Autofahrer überholte nach und nach, als plötzlich ein Auto ausscherte, um seinerseits das Fahrzeug an der Spitze zu passieren. Dabei krachte es zwischen den beiden. Das Oberlandesgericht München teilte die Schuld im Verhältnis 80:20 auf, wobei die ausscherende Fahrerin den Löwenanteil tragen musste. Laut D.A.S.-Rechtsschutzversicherung habe sie nicht ausreichend auf den nachfolgenden Verkehr geachtet. Der Kolonnenspringer selbst habe zwar gegen keine Verkehrsregeln verstoßen, weil die Verkehrslage nicht unklar oder unübersichtlich gewesen sei. Durch die Betriebsgefahr seines Fahrzeugs müsse er jedoch zu 20 Prozent mithaften. Die Betriebsgefahr wäre nur dann obsolet, wenn der Unfall für den Fahrer komplett unvermeidbar gewesen sei. Davon könne hier aber nicht die Rede sein, denn ein "Idealfahrer" hätte das Kolonnenspringen wegen des damit verbundenen Risikos unterlassen und den Crash so vermieden. Oberlandesgericht München, Az. 10 U 4448/16

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Gewährleistung trotz "Gekauft wie gesehen"

Wer privat einen Gebrauchtwagen verkauft, glaubt sich durch die Formulierung "gekauft wie gesehen" im Kaufvertrag vor Gewährleistungsansprüchen sicher. Dies trifft aber nicht pauschal zu. So musste es der Privatverkäufer eines gebrauchten Peugeot erfahren. Die Käuferin des Wagens hatte nach einiger Zeit erhebliche Vorschäden festgestellt und den kompletten Kaufpreis zurückverlangt. Als der Verkäufer auf die Klausel "gekauft wie gesehen" verwies, kam die Angelegenheit vor Gericht. Das Oberlandesgericht Oldenburg urteilte im Sinne der Käuferin. Dabei argumentierte es, dass die gängige Formulierung nur jene Mängel ausschließe, die ein Laie eigenständig und ohne Sachverständigen erkennen könne. "Auch dass der Verkäufer selbst nichts von den Schäden wusste, hat keinen Einfluss auf die Entscheidung", sagt Rechtsanwältin Christina Bethke von der Deutschen Anwaltshotline. Das Gericht stellte sich auf den Standpunkt, dass der Verkäufer durchaus die Möglichkeit gehabt habe, im Kaufvertrag einen umfassenden Haftungsausschluss für alle ihm nicht bekannten Mängel zu vereinbaren. Oberlandesgericht Oldenburg, Az. 9 U 29/17

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