In sechs Levels zum autonomen Fahren

8.10.2017, 12:29 Uhr
In sechs Levels zum autonomen Fahren

© Audi

Die Entwicklung hin zum fahrerlosen Auto erfordert das Erlernen neuer Begrifflichkeiten. Teilautonomes Fahren, hochautomatisiertes Fahren, vollautonomes Fahren, Autopilot, assistiertes Fahren - wo, fragt sich der verwirrte Laie, liegen hier eigentlich die Unterschiede? Der internationale Verband der Automobilingenieure SAE hat versucht, Struktur in die verschiedenen Entwicklungsstufen zu bringen und die Norm J3016 entwickelt, nach der sich die Fahrzeugautonomisierung in sechs Levels unterteilen lässt:

Level 0: Nicht assistiertes Fahren

So tuckerte 1888 schon Bertha Benz im Patent-Motorwagen ihres Mannes Carl Benz über Land: Das Auto weist hier keinerlei Automatisierung auf, der Fahrer - respektive die Fahrerin - macht alles selbst und trägt auch die volle Verantwortung für das fahrerische Tun.

Level 1: Assistiertes Fahren

Noch immer übernimmt der Fahrer den Großteil der Aufgaben selbst. Aber es gibt bereits einige Systeme, die ihn unterstützen. Als Beispiel wäre ein Notbremsassistent zu nennen, aber auch ein Spurwechselwarner oder ein adaptiver Abstandstempomat. Noch kann nicht von teilautomatisiertem Fahren gesprochen werden.

Level 2: Teilautomatisiertes Fahren

Hier nimmt die Entwicklung zum selbstständig fahrenden Auto schon konkretere Formen an. Heißt: Der Fahrer kann in bestimmten Situationen die Hände vom Steuer und die Füße von den Pedalen nehmen und das Auto machen lassen. Es hält dann beispielsweise die Spur, folgt auf der Autobahn dem Vordermann oder übernimmt im Stau komplett, indem es anhält und anfährt, beschleunigt und bremst sowie lenkt. Mitunter - bei BMW und Mercedes - überholt es sogar automatisch und wechselt die Spur. Allerdings trägt nach wie vor der Fahrer die Verantwortung und muss stets bereit sein, einzugreifen. Es ist ihm nicht gestattet, das Smartphone zur Hand zu nehmen oder gar ein Video zu gucken. In regelmäßigen Abständen wird er dazu aufgefordert, die Hände ans Lenkrad zu legen.

In sechs Levels zum autonomen Fahren

© Audi

Auf Level 2 sind schon etliche Fahrzeuge angelangt, etwa von Mercedes, BMW, Audi, Volvo und Tesla.

Level 3: Hochautomatisiertes Fahren

Das ist die Stufe, auf der sich der neue Audi A8 befindet. Sein Staupilot ist "auf Autobahnen und mehrspurigen Kraftfahrstraßen mit baulicher Trennung zur Gegenfahrbahn" bis zu einer Geschwindigkeit von 60 km/h tätig. Der Fahrer muss dazu den "AI"-Knopf ("Artificial Intelligence") auf der Mittelkonsole drücken. Dann übernimmt das Auto. Es managt Anfahren, Beschleunigen, Lenken und Bremsen in der eigenen Spur. Der Unterschied zu Level 2 liegt darin, dass der Fahrer seine Freizeit nun dazu nutzen darf, sich anderen Dingen zu widmen - dem Checken seiner Mails etwa oder dem Anschauen eines Films. "Nur Zeitung lesen sollte er nicht", sagt Entwicklerin Stefanie Edler, "dadurch würde die Fahrerbeobachtungskamera über dem Kombi-Instrument verdeckt".

Möglich werden die Freiräume für den Fahrer durch Redundanzsysteme, die darauf abzielen, die sicherheitsrelevanten Funktionen wie im Flugzeug mehrfach abzusichern, damit der Ausfall einer Komponente durch eine andere abgefangen werden kann. Dies hat dann auch zur Folge, dass im Falle eines Unfalls nicht der Fahrer zur Verantwortung gezogen wird, sondern die Haftung beim Fahrzeughersteller (in diesem Fall Audi) liegt.Kommt der Verkehr über 60 km/h hinaus wieder ins Fließen, wird der Fahrer dazu aufgefordert, das Steuer zu übernehmen. Das System gewährt ihm dabei zehn Sekunden Zeit, um sich zu sortieren. Sollte der Fahrer die Aufforderung ignorieren, würde der A8 bis zum Stillstand abbremsen, den Warnblinker einschalten und nach 15 Sekunden einen automatischen Notruf absetzen.

Der Einsatz von Level-3-Fahrzeugen erstreckt sich nicht auf alle Fahrsituationen. Landstraße und Stadt können sie noch nicht. Bislang hat der Gesetzgeber zudem die rechtlichen Grundlagen für Level 3 nicht geschaffen (siehe unten). Deshalb ist auch der Staupilot für den A8 derzeit noch nicht zu haben.

Level 4: Autonomes Fahren

Ein entscheidender Fortschritt, den Experten ab etwa 2022 bis 2025 erwarten. Das Auto fährt nicht nur auf der Autobahn, sondern auch auf der Landstraße und in der Stadt autonom, zudem parkt es selbstständig. Es nimmt nicht mehr grundsätzlich an, dass der Fahrer im Notfall reagieren kann ("request to intervene"), sondern ist imstande, Notsituationen selbst zu lösen. Das Auto ist mit seiner Umwelt verbunden (Car-to-X-Kommunikation), weiß also über herannahende Rettungsfahrzeuge oder die Grünphasen der Ampel Bescheid.

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© Smart

Level 5: Fahrerloses Fahren

Die Königsdisziplin. Vom Start bis zum Ziel ist kein Fahrer mehr erforderlich, folglich braucht das Auto nicht mehr zwingend Lenkrad und Pedale

Die Rechtslage

Dass der A8 die Fähigkeiten zum Level-3-Fahren besitzt, nützt ihm (siehe oben) im Augenblick noch nichts. Grund: Es fehlen die gesetzlichen Rahmenbedingungen. (Noch?)-Verkehrsminister Alexander Dobrindt, der Deutschland zum "Leitanbieter für automatisierte und vernetzte Fahrzeuge" machen will, hat allerdings bereits einen Gesetzentwurf vorgelegt, der vorsieht, "dass sich der Fahrzeugführer während der Fahrzeugführung mittels automatisierter Fahrfunktionen vom Verkehrsgeschehen und der Fahrzeugsteuerung abwenden darf". Bei Audi rechnet man fest damit, dass das entsprechende Gesetz bis 2019 in Kraft tritt. "Sonst hätten wir diesen Aufwand nicht betrieben", sagt Stefanie Edler.   

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