Rio - Bravo?

10.11.2017, 13:40 Uhr
Rio - Bravo?

© Hersteller

Wie er aussieht: Wer beim Stichwort "Kia" an Billigheimer denkt, muss die letzten Jahre gründlich verschlafen haben. Denn sowohl beim Design als auch bei der Technologie und nicht zuletzt bei der Qualität haben die Koreaner mit Siebenmeilenstiefeln Fortschritte gemacht. Fortschritte, von denen ersichtlich auch der Rio profitiert. Das Styling des 4,07 Meter langen Kompakten ist vielleicht nicht spektakulär, wirkt aber auf sportlich-schnittige Art erwachsen. Grundsätzlich fährt der Rio als Viertürer vor. Und auch im Innenraum kann er überzeugen, mit solider Qualität, einer leicht dem Fahrer zugewandten Mittelkonsole und daraus resultierend einer Sitzposition, die ein gutes Gefühl des Eingebundenseins vermittelt. In den höheren Ausstattungsvarianten hübschen Klavierlack, Chromapplikationen und Lederimitat (nicht von der billigen Sorte) das Hartplastik-Ambiente auf. Ein großer, aufgesetzter Touchscreen bringt optisch die Inhalte des modernen Infotainments rüber, das im Übrigen auch ohne IT-Vorbildung problemlos und intuitiv zu bedienen ist.

Rio - Bravo?

Wie viel Platz er hat: Gar nicht mal wenig, im Fond steht selbst für größere Mitfahrer ein ordentliches Maß an Beinfreiheit zur Verfügung. Auch der Kofferraum (325 l) bietet ausreichend Stauraum. Ab dem zweiten Ausstattungslevel (Edition 7) wartet das Gepäckabteil praktischerweise mit einem doppelten Ladeboden auf.

Was er leistet: Der Einliter-Dreizylinder mit 120 PS markiert die stärkste Antriebsquelle im Portfolio. Das kleine Maschinchen ist ein ausgesprochen munteres, das den Rio flink und agil vorantreibt. Nach dem Kaltstart lässt es zunächst mit fröhlichem Schnattern von sich hören, das beruhigt sich aber bei höherem Tempo. Allerdings ist uns aufgefallen, dass die Außengeräusche recht vernehmlich in den Passagierbereich vordringen. Der 120-PS-Motor kooperiert mit einem recht präzise zu schaltenden Sechsganggetriebe, dessen sechste Schaltstufe als verhältnismäßig langer Spargang ausgelegt ist.

Wie er sich fährt: Beim Fahrverhalten gibt sich der Rio gleichermaßen spritzig wie stabil, durchaus als Spaßmacher also. Dank der leichtgängigen Lenkung lässt er sich flink und flugs durch den Stadtverkehr steuern. Allerdings hätten wir uns mehr Komfort gewünscht. Über Kopfsteinpflaster oder Straßenbahnschienen brettert der Koreaner arg ruppig hinweg.

Rio - Bravo?

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Was er bietet: Wie so häufig bei asiatischen Herstellern zwingt die Ausstattungssystematik manche Details auf. Das führt dann dazu, dass man für den Rio relativ viel Geld ausgeben kann. Sitzheizung gewünscht? Das geht nur im Paket mit beheizbarem Lenkrad, Parksensoren, Tempomat und Bluetooth-Freisprechen, 990 Euro. Digitalradio, bitte? Nur in Verbindung mit Navi, Touchscreen, Rückfahrkamera, Android Auto und Apple Car Play, je nach Ausstattung 590 oder 990 Euro. Und wer den von uns gefahrenen 120-PS-Turbo will, für den kommen die drei untersten Levels Attract, Edition oder Dream-Team Edition nicht in Frage. Stattdessen muss es mindestens die Spirit-Version sein, mit autonomem Notbremsassistent samt Fußgängererkennung, ferner mit Spurhalteassistent, Müdigkeitserkennung, Fernlichtassistent, 7-Zoll-Touchscreen, Android Auto und Apple CarPlay sowie mit Klimaautomatik, Sitzheizung, Alurädern, Rückfahrkamera und beheizbarem Lenkrad. Oder das Top-Level Platinum, bei dem dann aber schon so gut wie alles inbegriffen ist, von der Kartennavigation über digitalen Radioempfang, Smart-Key, elektrischem Glasschiebedach und Aluminium-Sportpedalen bis hin zu LED-Rückleuchten. Die vertrauensbildenden Maßnahmen einer Sieben-Jahres-Hersteller- und Mobilitätsgarantie sowie ein 7-Jahres-Navigationskarten-Update gehört bei allen Kia-Modellen dazu

Was er kostet: Als Spirit mindestens 19.290 Euro, als Platinum ab 21.290 Euro.

Was wir meinen: Der Kia Rio ist eine auch optisch attraktive Alternative zu VW Polo & Co., die mit solider Verarbeitung, einem sehr guten Infotainment, munterem Fahrverhalten und umfangreicher Ausstattung überzeugt, die im Falle des 120-PS-Benziners allerdings aufgezwungen wird. Insofern: Rio - Bravo! Luft nach oben ist noch beim Komfort und beim Verbrauch.

Ulla Ellmer

Die Daten des Kia Rio 1.0 T-GDI 120

Hubraum 998 ccm, Zylinder 3, Leistung 88 kW/120 PS, max. Drehmoment 172 Nm bei 1500 - 4000/min, Spitze 190 km/h, Beschleunigung 0 auf 100 km/h in 10,2 sec, Normverbrauch innerorts 5,6, außerorts 4,2, kombiniert 4,7 l S pro 100 km, Testverbrauch 6,6 l S/100 km, CO2-Emission 107 g/km, Schadstoffklasse Euro 6, Energie-Effizienzklasse B, Länge 4,07 m, Breite 1,73 m (ohne Außenspiegel), 1,99 m (mit Außenspiegeln), Höhe 1,45 m, Kofferraum 325 - 1103 l, Leergewicht 1160 kg, zulässiges Gesamtgewicht 1620 kg, Zuladung 460 kg, Anhängelast gebremst 1110 kg, ungebremst 450 kg. Sechsganggetriebe, Frontantrieb. Versicherungs-Typklassen 14 (HP), 19 (TK), 17 (VK). Preis ab 19.290 Euro.

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