Volvo XC40: Junior-SUV, nordisch nobel

24.11.2017, 11:07 Uhr
Volvo XC40: Junior-SUV, nordisch nobel

© Hersteller

SUVs sind toll, sagen viele, und schlagen begeistert zu bei einem solchen Hochbeiner. SUVs sind pfui, sagen andere, und erklären Fahrzeuge dieser Art zum Teufelszeug.

Volvo ist ein Hersteller, der bemerkenswerterweise selbst feindselige Fundamentalisten gnädig stimmt. Irgendwie schaffen es die Schweden immer wieder, das Thema SUV sozialkompatibel zu interpretieren. Möglicherweise liegt das an einem gewissen Sympathiebonus für alles Skandinavische, möglicherweise am protzfrei kühlen Design, wahrscheinlich aber auch am Komplett-Verzicht auf durstig blubbernde Achtzylinder und daran, dass selbst Sechszylindern kein Zugang zum Porfolio mehr gewährt wird. Stattessen übt sich Volvo in motorseitiger Askese und Selbstbeschränkung auf Vierzylinder, der brandneue XC40 steigt gar mit einem Dreizylinder ein.

Der erste auf der neuen Plattform

Der 4,42 m lange XC40 ist der Junior in Volvos SUV-Palette, ab März 2018 knöpft er sich den künftigen BMW X2, den Audi Q3 und den Mercedes GLA vor. Die Design-DNA stammt unübersehbar von den größeren Geschwistern XC90 und XC60, der XC40 zeigt selbstbewusst Kante, allerdings gewürzt mit einer Prise Lifestyle, die sich in einem (auf Wunsch) farblich kontrastierenden Dach und einer schick in Richtung C-Säule abknickenden Fensterlinie manifestiert. Der XC40 ist das erste Volvo-Modell, das die CMA-Plattform (Compact Modular-Architecture) nutzt, auf der später auch ein S40 und ein V40 sowie ein Elektro-Modell aufbauen sollen.

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Die Inneneinrichtung trägt die typische Volvo-Handschrift, es geht edel-reduziert und licht zu. Den aufrechten, hochkant installierten Touchscreen, der die Inhalte des (neuen und nicht rundweg unkomplizierten) Sensus-Connect-Infotainments transportiert, kennt man aus anderen Volvo-Modellen, hinterm Lenkrad sitzt ein digitales Kombiinstrument mit variabler Anzeige. Ein Head-up-Display gibt es nicht. Wer Mut zur Farbe aufbringt, kann Türverkleidungen und Auslegeware - aus recyceltem Filz - in leuchtendem Orange bestellen. Außerdem zeigt das Interieur, dass "Simply Clever" keine Skoda-Domäne ist. In der Mittelkonsole positioniert sich ein herausnehmbares Abfallfach mit Deckel, die zahlreichen Ablagen sind teils opulent dimensioniert, unterm Fahrersitz gibt es eine Schublade, Einkaufstüten lassen sich an einem ausklappbaren Haken in der Klappe des Handschuhfachs aufhängen. Und der gut ausgeformte Kofferraum (460 bis 1336 l) ist mit einem faltbaren Ladeboden überm zusätzlichen Staufach ausgestattet, der sich als Abtrennung mit Haken für Taschen nutzen lässt. Im Staufach selbst kommt bei Nichtgebrauch die Gepäckraumabdeckung unter.

Während man vorne gut und bequem sitzt, ist der Fond räumlich eher als Kinderzimmer denn als dauerhafter und langstreckenbehaglicher Aufenthaltsort für Erwachsene zugeschnitten.

Relaxter Cruiser mit treffsicherer Automatik

Gute Arbeit haben die Fahrwerksingenieure geleistet. Der XC40 schafft gekonnt den Spagat zwischen dynamisch und komfortabel, er kurvt agil und neutral über die Landstraße, bleibt präzise auf Kurs, federt sanft und bewährt sich als relaxter Cruiser, wobei die Achtgangautomatik treffsicher assistiert.

Motor- und ausstattungsseitig steigt der XC40 zunächst groß ein. Das Antriebsmanagement übernehmen zwei Zweiliter-Vierzylinder, zum einen der 247 PS starke Benziner im T5 AWD, zum anderen der 190-PS-Diesel im D4 AWD. Den Selbstzünder schätzt Volvo als das wohl gefragtere Triebwerk ein, den NOx-Quälgeistern macht er mit SCR-Kat und AdBlue den Garaus und erfüllt die Abgasnorm Euro 6d-Temp. Akustisch ist er nicht wirklich von der dezenten Sorte, vor allem unmittelbar nach dem Start meldet er sich mit recht knurrigem Arbeitsgeräusch zum Dienst. Aber er pusht das knapp 1,7 Tonnen schwere SUV engagiert voran und kann dabei aus dem langen Atem von 400 Newtonmetern Drehmoment schöpfen. Dem werksseitig angegebenen Verbrauchsschnitt von 5,0 l/100 km muss allerdings mit großem Misstrauen begegnet werden, auf ersten Testfahrten wies der Bordcomputer deutlich höhere Werte zwischen 7,0 und sogar 9,2 l/100 km aus. Eindeutig kultivierter, dazu von kräftigem Punch und drehfreudigem Gebaren gibt sich der Benziner im T5, der allerdings auch einen deutlich höheren Spritdurst (unrealistischer Norm-Mix 7,1 l/100 km) an den Tag legt.

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Die Preise lassen schlucken

Weil T5 und D4 mit Allradantrieb sowie Achtgangautomatik gekoppelt sind und mindestens auf hochwertigem Momentum-Level angeliefert werden, ergeben sich Preise, die durchaus schlucken lassen. Für den D4 werden mindestens 44.800 Euro aufgerufen, für den T5 werden 46.100 Euro fällig. Wer die Serienausstattung – unter anderem ein Notbremssystem, das für Autos, Motorradfahrer, Fußgänger, Radler und Tiere bremst, ferner Fahrmoduseinstellung, LED-Scheinwerfer, digitale Instrumentierung, das aufwendige Infotainment Sensus Conncect, Klimaautomatik und Lederpolster – durch ein paar Feinheiten wie den Pilot Assist für teilautonomes Fahren bis 130 km/h, das Park Assistent-Paket Pro mit 360-Grad-Rundumsicht und Rückfahrkamera oder Navi ergänzt, kratzt locker an der 60.000-Euro-Schmerzschwelle.

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wird's erst im Sommer, wenn der frontgetriebene und handgeschaltete T3 mit 156 PS starkem Dreizylinder kommt, das Einstiegsmodell soll 31.350 Euro kosten. Außerdem schiebt Volvo einen kleinen D3-Diesel mit 150 PS nach. Und – wohl 2019 – folgt eine rein batterieelektrische Version des XC40. Daneben befindet sich ein Hybrid in der Planung, wobei noch keine definitive Entscheidung darüber gefallen ist, ob es ein Plug-in mit Steckdosenanschluss oder ein Mildhybrid mit 48-Volt-Bordnetz wird.

Verleihen mit digitalem Schlüssel

Mit "Care by Volvo" stellen die Schweden ein Abo-Modell vor, das als Alternative zum Kauf eine Monatsrate (je nach Laufleistung zwischen 699 und 899 Euro) vorsieht, die dann auch schon Versicherung, Kfz-Steuer, Wartung und Räderwechsel inkludiert. Außerdem den Spezialservice "Volvo On Call", der es möglich macht, das Fahrzeug an Freunde oder Verwandte zu verleihen. Über eine App bekommen sie dann einen digitalen "Schlüssel" aufs Smartphone geschickt – sofern sie SUVs nicht für Teufelszeug halten.

Ulla Ellmer

Volvo XC40 in Kürze:

Wann er kommt: Im März 2018

Wen er ins Visier nimmt: BMW X2, Audi Q3, Mercedes GLA

Was ihn antreibt: Benziner mit 247 PS, Diesel mit 190 PS

Was er kostet: Ab 46.100 Euro

Was noch folgt: Einstiegsmodell mit Dreizylinder-Benziner, Hybrid, batterieelektrische Version

 

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