Beliebtes Nationalgericht

Eine Suppe gehört in der Ukraine immer auf den Tisch

12.6.2016, 06:00 Uhr
Eine Suppe gehört in der Ukraine immer auf den Tisch

© dpa

Der Liebe wegen zog Nataliya Schmidt vor etwa 15 Jahren aus einem kleinen Dorf im Westen der Ukraine nach Forchheim. „Das war unglaublich, dieser Unterschied.“ Daheim lebte Nataliya Schmidt mit sieben Geschwistern, Eltern und Großeltern auf einem riesigen Bauernhof in einem kleinen Dorf. „Wir waren unheimlich frei, um uns herum die Natur und immer war ich von Menschen umgeben.“ Auf den Tisch kam, was selbst geerntet oder geschlachtet wurde. Eine Suppe gehörte immer dazu. „Die köchelte in einem Topf über dem Holzofen. Bei uns ist der Winter ja sehr lange. Das erste, was es gab, wenn ich von der Schule heimgekommen bin, war eine Schale Suppe.“ Oft war es die Borschtsch, eine Suppe, die viele eigentlich mit Russland verbinden, die aber auch eine Tradition in der Ukraine hat.

Ein Leben ohne Borschtsch? Ein Ding der Unmöglichkeit für Nataliya Schmidt.

Ein Leben ohne Borschtsch? Ein Ding der Unmöglichkeit für Nataliya Schmidt. © Roland Huber

Wer jetzt vor seinem inneren Auge eine Rote-Bete-Suppe dampfen sieht: „Jeder hat sein eigenes Rezept, wie er seine Borschtsch kocht.“ Ebenfalls in vielen Varianten zu haben sind Warenyki, gefüllte Teigtaschen, „mit Fleisch, aber auch mit Käse und sogar süßer Füllung.“ Die Ukraine habe kulinarisch so viel zu bieten, da wisse man eigentlich gar nicht wo man anfangen und wo aufhören soll, sagt Nataliya Schmidt. Dann fällt ihr das Schaschlik ein (Betonung auf dem ersten „a“). Das gibt es in der Ukraine auch, bezeichnet aber Fleischspieße vom Grill. „Mit dieser dicklichen Soße, in die das Fleisch hier getaucht ist, konnte ich nichts anfangen.“

Zurück zur Borschtsch, wenn Nataliya Schmidt die löffelt, ist das für sie wie in einem Fotoalbum zu blättern, „da kommen die ganzen schönen Erinnerungen wieder hervor“. Gegessen wird die Suppe gerne als ein Gang von vielen bei Feiern, wenn Freunde und Familie zusammenkommen. Also genau das Richtige für Sonntagabend, rechtzeitig zum Anpfiff der Partie Deutschland — Ukraine um 21 Uhr.

Die deutsche Begeisterung für Fußball war in den Anfangsjahren etwas völlig Neues für Nataliya Schmidt. „Bei uns hat eher Eishockey eine Rolle gespielt.“ Im Sommer gab es kaum Freizeit, auf dem Feld, im Stall war jede Menge zu tun. „Wenn wir gemeinsam vor dem Fernseher gesessen sind, dann haben wir uns einen Film angeschaut, aber kein Fußballspiel.“ Und richtige Fußballspielfelder habe es auch nicht gegeben. Auf der Straße mit selbst gebastelten Toren sei gekickt worden. Oder in der Schule: „Jungs gegen Mädchen.“

Verteidiger in Buckenhofen

Hier in Deutschland habe ihr Sohn Maxim quasi schon vom Kinderwagen aus gelernt, den Ball zu treten. Inzwischen fiebert sie mit, wenn Maxim, inzwischen zwölf, im Tor des SV Buckenhofen steht oder als Verteidiger auf dem Rasen aktiv ist. Und auch bei Großereignissen wie der EM ist sie als Fan vor dem Bildschirm. Am Sonntag wird sie der Ukraine die Daumen drücken, „in allen anderen Spielen hoffe ich für Deutschland“. Forchheim ist zur zweiten Heimat geworden — auch kulinarisch. „Wenn ich in der Ukraine Urlaub mache, sehne ich mich am Ende nach einem Schäufele und Klößen“, sagt sie und lacht.

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