Wohlfühl-Klänge streichen lau durchs Wohnzimmer
Jazz, den alle mögen: Das sind neue Streiche vom Sunday Morning Orchestra aus Fürth
10.12.2022, 19:00 Uhr
Kurz vor der Pandemie begab es sich, dass man eine szenige Bar in der szenigen Dresdner Neustadt betrat, am Tresen ein kühles Getränk bestellte und nebenbei ein lobendes Wort über die gute Musikauswahl aus der Konserve verlor. „Oh, das ist das Sunday Morning Orchestra aus Fürth“, sagt die Bedienung entzückt, „wir lieben es sehr“. Erst da erkannte man die Klänge aus der Heimat und freute sich, das Vertraute in der Fremde zu finden ...
Seit 2017 lassen Maleen Schulz-Kallenbach (Gesang) und Oliver Zoglauer (Kontrabass) Fürth strahlen. Mit „Smooth-Coffee-Sipping-Non-Intellectual-Garage-Jazz“ haben sich die beiden Musiker ihre ganz eigene Stil-Schublade gezimmert – und für ihre neue Platte auf „Independent Garage Jazz“ verkürzt. Auch das ebenfalls gerne für sie verwendete Buzzword „LoFi“ ist verschwunden – zurecht: Winston McCloud hat das Ding in seinem Roony Road Recording Studios richtig gut produziert und akustisch in Szene gesetzt, so dass es klanglich an nichts fehlt.
Warme kleine Ohrwürmchen, die Hanky Panky oder Ice Cream heißen
Entscheidend ist freilich, was drinsteckt. Wie schon auf dem vor vier Jahren erschienenen unbetitelten Minialbum sind auch diesmal ausschließlich Eigenkompositionen zu hören: Warme, atmosphärisch-dichte kleine Ohrwürmer wie „Hanky Panky“, „Ice Cream“ oder „Magic Backyard“, zu dem es einen ganz reizenden Videoclip gibt. Aber auch etwas sperrigere Stücke wie „Gin Girl“ und „Underneath The Olive Tree“ transportieren die unbeschwerte, leicht schwindelig machende Leichtigkeit eines sonnigen Sommernachmittags. Oder – um die Idee des Bandnamens aufzugreifen – eines späten Balkonfrühstücks an einem verträumten Sonntagmorgen. Da springt sofort das Kopfkino an und zaubert Bilder von alten Schwarz-Weiß-Filmen herbei, in denen alle an ihren Cocktails nippen und cool sind.
Wenn Zoglauer „die Omma“ (seinen Kontrabass) wahlweise samt schnurren oder schön holzig knurren und knarzen lässt und Schulz-Kallenbach singt, tanzt, haucht, pfeift, croont und strahlt, dann geht einem das Herz auf. Gleichwohl war den Köchen klar, dass nur zwei Zutaten aller Klasse zum Trotz nicht zwingend über eine komplette Albumlänge tragen. Deshalb haben sie sich Gäste eingeladen, die das Spiel spannend halten: Der umtriebige Schlagwerker Vinzent Kusche streicht einen knackigen Besen, Maleens Papa Jimmi Lafayette (The Rockin’ Lafayettes) streut ein paar beseelte Gitarrensoli sowie Sprechparts ein. Frieda Kinne spielt bei einer Nummer Klarinette.
Diesen Jazz mögen auch die, die sonst keinen Jazz mögen
Maximale Vielfalt im minimalen Raum: Das Ergebnis ist eine Platte, die ganz wunderbar in einem Rutsch durchläuft. Mit seinem urbanen, tiefenentspannten Wohnzimmer-Swing nimmt das SMO auch Menschen mit, die mit Jazz wenig anfangen können. Da spielt es dem Duo gut in die Karten, dass so einen Sound derzeit kaum einer fährt, zumindest nicht hier in der Region und möglicherweise auch nicht im fernen Dresden. „Red Roses Or Fallen Leaves“ – dicker Tipp!
Neue LP/CD: Sunday Morning Orchestra „Red Roses Or Fallen Leaves“ (mono-Ton Records). Album-Release-Party am Sonntag, 11. Dezember 2022, ab 19 Uhr in der Kofferfabrik Fürth, Lange Straße 81.
Keine Kommentare
Um selbst einen Kommentar abgeben zu können, müssen Sie sich einloggen oder sich zuvor registrieren.
0/1000 Zeichen