Kästner-Klassiker

Keine erwachsenen Feindbilder: So ist die Neuverfilmung von "Das fliegende Klassenzimmer"

12.10.2023, 18:55 Uhr
Tom Schilling als Internatsleiter Justus Bökh ist einer der namhaften Darsteller in Carolina Hellsgårds Film-Version von "Das fliegende Klassenzimmer".

© Stephanie Kulbach/Leonine/dpa Tom Schilling als Internatsleiter Justus Bökh ist einer der namhaften Darsteller in Carolina Hellsgårds Film-Version von "Das fliegende Klassenzimmer".

Drei Verfilmungen des Kinder- und Jugendbuchklassikers "Das fliegende Klassenzimmer" von 1933 gab es schon: 1954 wirkte der Verfasser des Buchs, Erich Kästner, selbst an der Adaption mit. Es folgten: die berühmte Variante von 1973, mit Joachim Fuchsberger, sowie die Auflage von 2003: ein starker Sebastian Koch in der Rolle des Robert "Nichtraucher" Uthoff.

Zwanzig Jahre sind ins Land gegangen, die famose Vorlage hat nichts an Strahlkraft eingebüßt; und auch das Kino findet immer noch Gefallen an dem Stoff. Erstmals hat sich nun eine Regisseurin des "fliegenden Klassenzimmers" angenommen – die in Berlin lebende Schwedin Carolina Hellsgård kennt man etwa durch ihr Zombie-Werk "Endzeit". Es spielen: ein famoser Tom Schilling, ein starker Trystan Pütter, eine lustige Hannah Herzsprung. Dazu kongeniale Jungdarsteller wie Leni Deschner, die in die Hauptrolle der 13-jährigen Martina schlüpft. Sowie auffallend viele weitere Darstellerinnen.

Die Handlung

Martina lebt mit Mutter (Jördis Triebel) und kleinem Bruder in einer unwirtlichen, selbst für Berliner Verhältnisse grau anmutenden Hochhaussiedlung. Die Chance auf ein Stipendium für das Südtiroler Johann-Sigismund-Gymnasium macht der versierten Skaterin Hoffnung auf ein Entkommen.

Vor Ort aber, im idyllischen Tirol, muss sie erst einmal reinfinden in all die skurrilen Regeln. Die Pennälerschaft der renommierten weiterführenden Schule ist nämlich streng unterteilt: Hier die Stadtkinder des Internats, dort die "Externen" aus dem ländlichen Ort Kirchberg. Und, ganz wichtig: Man mischt sich nicht, ist sich stattdessen spinnefeind.

Das Internatszimmer teilt sich Martina mit der so liebenswürdigen wie stets coolen Jo (Lovena Börschmann Ziegler). Und auch der gutmütige Matze (Morten Völlger) und der adlige Uli (Wanja Valentin Kube) gehören bald zu ihren neuen Freunden. Diese Gruppe gibt Martina ein wenig Halt in neuer Umgebung – mehr als fraglich ist indes, ob die ewigen Streitereien zwischen Oben und Unten, zwischen Dorf und Internat, über ein gemeinsames Theaterprojekt (Das fliegende Klassenzimmer) beizulegen sind.

Rührender Internatsleiter

Tom Schilling ist fast zu lieb als Internatsleiter Justus Bökh, und doch treibt er einem in zwei, drei Szenen Tränen in die Augen: So rührend nimmt er sich des Neulings Martina an, offeriert ihr Mathe-Nachhilfe (in den Ferien), damit sie die Aufnahmeprüfung schafft. Bewegend auch die Wiederannäherung der alten Schul- und Bandkumpanen Bökh und Uthoff.

Uthoff (so rätselhaft wie lässig: Trystan Pütter), genannt "Nichtraucher", wohnt zurückgezogen in einem Eisenbahnwagen, erweist sich aber als weitere Stütze der Kids. Wie überhaupt die Erwachsenen hier weniger als gestrenge Gegenspieler der Kinder auftreten; Erich Kästners Menschenfreundlichkeit sei Dank.

Etwas aus der Reihe fällt eine skurril-bunte, mit übergroßer Brille angetane Hannah Herzsprung als Schillings überforderte, teils derangierte Kollegin. Herzsprung tut einem etwas leid, ihre Figur hat bei aller Lustigkeit etwas arg Klamaukhaftes. Zumal der Auftritt für sie von nicht ganz geringer Bedeutung gewesen sein dürfte – war doch ihr Vater, Bernd Herzsprung, in der 1973er-Film-Version der Geschichte mit dabei.

Kästners Buch gibt viel her und regt auch mittels dieser Kino-Neufassung zum Nachdenken an – über Freundschaft, das Erwachsenwerden, den Unterschied zwischen Mut und Klugheit, und die Erkenntnis, dass es zuweilen beides braucht.

In diesen Kinos läuft der Film.

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