"Das Ende ist erst der Anfang": Gangster mit Charakter

11.5.2017, 08:00 Uhr

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Die Wolken hängen hartnäckig tief in diesem Film, die Eintönigkeit der flachen Landschaft wird höchstens von ein paar ewig langen schnurgeraden Straßen durchkreuzt. Ab und zu tauchen marode Lagerhallen auf, eine verlassene Tankstelle oder ein heruntergekommenes Restaurant. Ein endzeitliches Setting, das mit Countryblues untermalt die Stimmung in "Das Ende ist erst der Anfang" vorgibt und nicht umsonst an Kansas oder South Dakota erinnert.

Mitten in diesem Niemandsland sind die beiden abgewrackten Outlaws Gilou (Bouli Lanners selbst) und Cochise (Albert Dupontel) mit dem Pick-up unterwegs, um — kurios genug — für einen dubiosen Auftraggeber dessen verlorenes Handy zu orten und zu beschaffen. Parallel dazu strolcht ein psychisch angeknackstes junges Paar durch die Lande, das offensichtlich auf der Flucht ist. Und sogar ein komischer obdachloser Heiliger mit Wundmalen namens Jesus taucht in der gottverlassenen Gegend auf...

Alles ziemlich verrätselt und skurril am Anfang, aber gerade dadurch entwickelt die Story bald einen gewissen Sog. Die Geschichten, die all die schrägen Vögel umtreiben, werden nach und nach noch erzählt. Doch im Grunde spielen sie gar keine große Rolle. Auch das vermisste Handy dient lediglich dazu, den Plot am Laufen und das Protagonisten-Ensemble zusammen zu halten, zu dem sich noch eine brutal Selbstjustiz übende Schurkenbande gesellt.

Viel mehr Wert legt Lanners darauf, seinen Hauptfiguren Profil zu geben. Die sind allesamt ziemlich fertig mit der Welt, aber deshalb keine schlechten Menschen. Die Sympathien des Filmemachers liegen ganz klar bei den Verlierern. Gilou und Cochise sind echte Buddys, zwischen die beiden passt kein Blatt Papier. Und wenn ihre Hilfe von den richtigen Leuten gebraucht wird, stehen die beiden unrasierten Raubeine auf der Matte. Mit Max von Sydow als Pfarrer und Michael Lonsdale als Hostal-Betreiber streifen daneben zwei weitere aufrichtige, vom Leben gegerbte Charaktertypen durch die Landschaft.

Angereichert mit surrealen, metaphorischen Szenen, deren Sinn sich nicht immer eindeutig erschließt, geht es um Tod und Vergänglichkeit in diesem Film, der aber auch mit lakonischer Heiterkeit und Zuversicht aufs Leben schaut. Zwischendrin wird immer mal wieder die Atmosphäre von Tarantino-Filmen oder Meisterwerken wie "Fargo" oder "No Country for Old Men" von den Coen-Brüdern zitiert. Deren Intensität und Brillanz erreicht der Belgier Lanners mit "Das Ende ist erst der Anfang" zwar nicht (es fließt übrigens auch längst nicht soviel Blut), aber er schafft mit einem sehr glaubwürdigen Darsteller-Team eine stimmige und ganz eigene Atmosphäre, die seine Tragikomödie sehenswert macht. (B/F/97 Min.)

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